Abstrakt ist teuer und unfair

Bauherren setzen immer mehr die abstrakte Erfüllungsgarantie ein. Bauunternehmen müssen viel Liquidität auf einem Kautionskonto hinterlassen und sich im Missbrauchsfall ihr eigenes Geld gerichtlich zurückholen. Dieses Problem will ich mit meiner neuen Motion lösen.

 

Gastbeitrag von Diana Gutjahr, Nationalrätin (SVP) sowie Mitinhaberin und Delegierte des VR des Stahl- und Metallbauers Ernst Fischer AG

 

In der Bauwirtschaft haben sich mehrere Formen von finanziellen Sicherheiten und Garantien etabliert, etwa Solidaritätsbürgschaften oder die SIA Norm 118. Dennoch setzen öffentliche und private Bauherren zunehmend auf die abstrakte Erfüllungsgarantie, weil sie hier unfaire Vorteile geniessen. Bei der Erfüllungsgarantie (auch Garantie auf erstes Verlangen genannt) hinterlegt das Bauunternehmen einen Geldbetrag auf einem treuhänderisch verwalteten Bankkonto oder schliesst eine Versicherung ab. Der Bauherr kann ohne Beweise behaupten, dass ein Mangel am Bauobjekt vorliegt und sich den Betrag von der Bank oder Versicherung auszahlen lassen.

 

Baufirma tappt im Dunkeln

Bei der Erfüllungsgarantie werden üblicherweise Beträge von 10 bis 20 Prozent der gesamten Bausumme hinterlegt, also zehntaussende oder gar Hunderttausende Franken. Die Garantie gilt in der Regel für 5 bis 10 Jahre nachdem das Bauunternehmen seine Leistung erbracht hat. Das Bauunternehmen muss also viel Liquidität über eine lange Zeit binden. Aus diesem Grund bewerben sich manche kleine, aber auch grosse Baufirmen nicht mehr auf Aufträge.

Dies ist bereits stossend genug, aber es wird noch schlimmer. Um das Geld zu erhalten, muss der Bauherr den Mangel nur melden. Er muss nicht nachweisen, dass tatsächlich ein Mangel besteht oder dass er vom Bauunternehmen verursacht wurde.

Das Bauunternehmen wird nicht immer informiert, dass sein Geld vom Bankkonto an den Bauherren transferiert wurde. Die Baufirma hat keine Einsprachemöglichkeit, sie kann sich nicht unmittelbar wehren. Will sie sich ihr eigenes Geld zurückholen, bleibt ihr kein anderer Weg als vor Gericht zu ziehen und zu beweisen, dass kein Mangel existiert. Die Nichtexistenz von etwas zu beweisen, so zeigt die gerichtliche Praxiserfahrung, ist aber äussert schwierig. Zudem ist auch zu erwarten, dass auch ein grosser Betrag der Restwerkvertragssumme zurückgehalten wird, was eine doppelte Schädigung bedeutet.

 

Politisch für fairere Rahmenbedingungen sorgen

Deshalb habe ich im letzten Herbst mit 19 mitunterzeichnenden Nationalräten aus praktisch allen Fraktionen einen politischen Vorstoss ins Parlament eingebracht. Diese Motion zielt darauf, dass der Bauherr einen Nachweis vorlegt, dass das Bauunternehmen den Mangel verursacht hat. Ausserdem muss der Bauherr vor dem Geldtransfer ein Gespräch mit dem Bauunternehmen führen, um möglichst eine andere Lösung zu finden. Ferner wird die Dauer der Garantie beschränkt, namentlich bis zur Abnahme der bestellten Leistung. Ausserdem muss die Garantie im Einklang mit der SIA-Norm 118 stehen. Ich freue mich, dass der Schweizerische Baumeisterverband, bauenschweiz und der Gewerbeverband mich bei diesem Unterfangen politisch unterstützen.

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Schweizerischer Baumeisterverband

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