AHV bleibt sanierungsbedürftig

Der Bund hat neue Prognosen zur finanziellen Gesundheit der 1. Säule veröffentlicht. Ob die neue Zahlen für mehr Sicherheit sorgen, darf bezweifelt werden. Aber jede Prognose zeigt, dass der Handlungsbedarf weiterhin gross ist.

Der Baumeisterverband engagiert sich in den Debatten zur Altersvorsorge, damit die Lohnnebenkosten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht zunehmen. Zusammen mit anderen Verbänden hat er den Bundesrat jüngst davon abgebracht, die neue 13. AHV-Rente über höhere Lohnabgaben zu finanzieren. Stattdessen schlägt der Bundesrat nun ausschliesslich die Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0.7 Prozentpunkte vor.

 

Mehrwertsteuererhöhung genügt nicht

Aber trotz der Steuererhöhung wird die AHV schon ab 2029 in ein Milliardendefizit fallen. Der Bund schlägt also eine (für die Konsumenten) spürbare Steuererhöhung vor, aber sie erkauft nur drei Jahre Zeit bevor das Altersvorsorgewerk wieder ins Minus rutscht.

 

Prognosefehler in Höhe von Milliarden Franken

Die Ausgaben der AHV werden die Einnahmen künftig übersteigen, die AHV fährt ein Defizit ein. Aber es ist wichtig, eine möglichst realistische Vorstellung des Defizits zu haben, um angemessene Reformen an der AHV durchzuführen.

Der Bund steht derzeit in der Kritik, weil seine alten Prognosen das Defizit in der AHV überschätzt haben. Das Prognosemodell war falsch berechnet.4, 5 oder 7 Milliarden Franken Defizit – wie viel darf es sein?

Deswegen hat der Bund selber eine neue Prognose erstellt und zwei externe Schätzungen in Auftrag gegeben; bei der KOF von der ETH Zürich einerseits, und beim Demografik Institut in Basel andererseits.

Die Prognosen von KOF und Demografik werden jeweils als Schätzbereich angezeigt. Dies ist sinnvoll, verdeutlich doch diese «Fächer», dass jede Prognose naturbedingt einer gewissen Unsicherheit unterliegt.

Mehr Unsicherheit geschaffen

Dennoch darf man bezweifeln, dass alle diese Prognosen in ihrer Gesamtheit nun Klarheit bringen.

Das alte Modell des Bundes prognostiziert für das Jahr 2030 ein Defizit von grob 4 Milliarden Franken. In den Jahren bis dahin sagt die KOF vorher, dass das Defizit noch grösser ausfallen könnte, als der Bund bisher prognostiziert hat. Es ist also möglich, dass das Minus schon in den nächsten wenigen Jahren grösser sein wird als bisher angenommen.

Die Demografik-Prognose erwartet 2030 ein Defizit von 2 bis 3 Mrd. Franken. Über den gesamten Zeitraum ist sie optimistischer als die KOF, in dem Sinne, dass Demografik ein kleineres Defizit erwartet.

Die neue, eigene Prognose des Bundes – und damit die offizielle Vorhersage des Staats – kreuzt quer durch die beiden Vorhersagen von KOF und Demografik.

 

92 Milliarden Franken Defizit im besten Fall

Die Prognosen sind sich wenig einig. Die Bandbreite reicht 2030 von 2.2 bis 5.0 Mrd. Franken, 2035 von 4.6 bis 8.2 Mrd. Franken und 2040 von 3.4 bis 7.2 Mrd. Franken.

Trotz der Uneinigkeit zeigen aber alle Vorhersagen in dieselbe Richtung: es geht nach unten, die AHV fällt in ein milliardenschweres Loch. Selbst wenn man die günstigsten Prognosen für die nächsten 15 Jahre zusammenzählt, beträgt das kumulierte Defizit 92 Milliarden Franken. Der Handlungsbedarf ist definitiv vorhanden und er wiegt schwer.

 

Lobbying für leistungsseitige Reformen

Der Bundesrat muss bis spätestens Ende 2026 einen neuen Reformvorschlag für die AHV vorlegen. Der SBV setzt sich auf politischer Ebene dafür ein, dass der Vorschlag früher vorliegt. Ausserdem soll vor allem an der Leistungsseite angesetzt werden, damit etwaige Belastungen für Arbeitgeber so gering wie möglich ausfallen, also dass beispielsweise die Lohnbeiträge für die Arbeitgeber nicht steigen.

Der SBV lobbyiert leistungsseitige Reformen der 1. Säule. Freiwillige Anreize zum längeren Arbeiten, eine Erhöhung des Referenzalters, eine Anpassung der Rentenhöhe für Bezüger, die im tieferpreisigen Ausland wohnen – dies ist ein Auszug an Option, welche die die Politik gegenwärtig debattiert.

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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