Aktionsplan «Modernisierungsoffensive für den Gebäudepark»

Der Schweizerische Baumeisterverband hat einen zwölf Punkte umfassenden Aktionsplan ausgearbeitet, um die dringend notwendige Modernisierung des Schweizer Gebäudeparks zu ermöglichen.

 

Die Baubranche ist ein unumgänglicher Akteur bei der Erreichung der Klimaziele der Schweiz. Der Schweizer Gebäudepark ist veraltet und verursacht allein 24% der CO₂-Emissionen des Landes und ist für 45% des Energieverbrauchs verantwortlich. Das bedeutet, dass die Modernisierung des Gebäudebestands einer der wichtigsten Hebel ist, um die Klimaziele der Schweiz zu erreichen.

In der Schweiz sind schätzungsweise 1.5 Millionen Gebäude aufgrund ihrer schlechten Energieeffizienz sanierungsbedürftig. Doch die Sanierungsrate liegt derzeit bei nicht einmal 1% (0.9%).

Bei der derzeitigen Sanierungsgeschwindigkeit können die Klimaziele erst in 100 Jahren erreicht werden. Um bis 2050 CO₂-neutral zu werden, muss die Sanierungsrate daher um das Dreifache erhöht werden.

Die Zahlen sind eindeutig: Ein heute gebautes Gebäude verbraucht vier- bis siebenmal weniger Energie als ein Gebäude aus der Zeit vor den 1980er Jahren. Neue Gebäude emittieren zudem kein CO₂, wie es die bereits geltenden Gesetze vorsehen. Daher ist der Neubau alter Gebäude oft energieeffizienter als eine Sanierung, obwohl energetische Renovierungen natürlich auch unterstützt werden sollten.

 

Schützen Sie den Boden, indem Sie die Zersiedelung der Landschaft verhindern

Ersatzneubauten haben noch einen weiteren Vorteil: Sie nutzen den bebauten Raum besser aus. Derzeit wird jede abgerissene Wohnung in der Schweiz im Durchschnitt durch zwei neue ersetzt und der Wohnraum wird verdreifacht. Dadurch wird die Zersiedelung der Landschaft verhindert und die wertvolle Ressource Boden geschont. Gleichzeitig wird Wohnraum dort geschaffen, wo die Bevölkerung ihn benötigt, und zwar mit Projekten, die die Schweiz bei der Erreichung ihrer Klimaziele voranbringen.

Die Schweizer Bevölkerung lebt zu über 80% in Städten und Agglomerationen, die in Zukunft noch weiter wachsen werden. Die Stadt Zürich zum Beispiel hat das Potenzial von Ersatzneubauten bereits erkannt. So waren in den letzten zehn Jahren (2011-2020) 50% der Neubauten Wohnungen, die als Ersatz für veraltete Wohnhäuser oder Siedlungen errichtet wurden. 40% der Wohnungen entstanden durch Umbauten, meist auf Industriebrachen. Nur 10% der Neubauten in Zürich entstanden auf unbebauten Grundstücken, meist auf Lagerflächen, Parkplätzen oder Schrebergärten.

Auch in der Westschweiz werden bei der Planung von Bodenumnutzungen Bauten vorgeschlagen, die einerseits Konzepte für eine hohe Energieeffizienz beinhalten, und andererseits eine Verdichtung des authentischen städtischen Raums ermöglichen. Beispiele hierfür sind Entwicklungsprojekte auf großen Flächen wie in Genf im sogenannten «PAV»-Perimeter für Praille-Acacias-Vernet oder in Lausanne in den zukünftigen Ökoquartieren des Projekts «Métamorphose».

Generell führt die Schaffung von neuem Wohnraum zu einer Entspannung der Preise für die Bevölkerung, die auf erschwingliche Wohnungen angewiesen ist. Ersatzneubauten sind auch aus wirtschaftlicher Sicht für die Eigentümer interessant, da sie zusätzlichen Wohnraum schaffen können, ohne bei ständig steigenden Quadratmeterpreisen neuen Baugrund erwerben zu müssen.

Die Kreislaufwirtschaft oder wenn Abfall zur wertvollsten Ressource wird

Der Schweizer Gebäudebestand besteht laut einer Schätzung des Bundesamts für Umwelt aus 3.2 Milliarden Tonnen Kies, Sand und Zement. Dabei handelt es sich um die wichtigste einheimische Ressource.

Derzeit werden in der Baubranche bereits 75% des Aushubmaterials und 70% des Abbruchmaterials recycelt. Dennoch ist das Potenzial nach wie vor enorm und kann weiter ausgereizt werden, sofern die Rahmenbedingungen stimmen.

Denn bei der dringend notwendigen Modernisierung des Schweizer Gebäudeparks entstehen Abfälle, die lokal verwertet werden können, um sie wieder für Neubauten einzusetzen. Das ist es, was man als Kreislaufwirtschaft bezeichnet. Und das ist auch der Schlüssel zur nachhaltigen Umsetzung der Offensive, die die Schweiz zur Modernisierung ihres Gebäudebestands unternehmen muss, wenn sie ihre Klimaziele erreichen will.

 

Aktionsplan «Offensive Modernisierung Gebäudepark»

Der Schweizerische Baumeisterverband hat einen Aktionsplan in zwölf Punkten erarbeitet, um diese dringend notwendige Modernisierung des Schweizer Gebäudeparks zu ermöglichen.

 

  1. Um die Sanierungsquote zu erhöhen, sollte schnellstmöglich ein Ausnützungsbonus von 30% für Ersatzneubauten und umfassende energetische Gebäudesanierungen eingeführt werden. Dieser unbestrittene Passus des CO2-Gesetzes, das vom Stimmvolk abgelehnt wurde, sollte entweder auf kantonaler Ebene eingeführt werden, oder aber im Rahmen des neuen CO2-Gesetzes.

  1. Ersatzneubauten sollen in gleichem Masse gefördert werden wie energetische Sanierungen.

  1. Gleichzeitig müssen die Bestimmungen bei Baugesuchen mit verdichteter Bauweise vereinfacht werden.

  1. Projekte mit verdichteter Bauweise müssen von einer besseren Kommunikation begleitet werden, insbesondere seitens der Bauherrschaften, um bei der Bevölkerung und den verschiedenen Anspruchsgruppen auf mehr Verständnis und eine bessere Akzeptanz zu stossen.

  1. Die Anzahl schützenswerter Bauten soll einen noch festzulegenden Grenzwert nicht übersteigen (zum Beispiel 10%). Heute sind rund 20% der Gebäude im Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz (ISOS) aufgeführt. Der Bund führt zudem ein Inventar der schützenswerten Landschaften und Naturdenkmäler (BLN), das laufend erweitert wird.

  1. Die Verdichtung sollte mindestens denselben Stellenwert geniessen wie der Ortsbildschutz. Wurde ein Baugesuch eingereicht, müssen die Behörden eine Interessensabwägung vornehmen und der Verdichtung innerhalb der Bauzone eine grosse Bedeutung beimessen.

  1. In den kantonalen Raumplanungsgesetzen müssen Hindernisse der Verdichtung identifiziert werden. Dabei geht es insbesondere um Aspekte wie die Ausnützungsziffer oder sich widersprechende Vorgaben, die zu weiteren Blockaden führen (Lärm, Schattenwurf, Ästhetik usw.).

  1. Um Verzögerungen aufgrund von Einsprachen aus reiner Blockadehaltung zu verhindern, könnte beispielsweise die aufschiebende Wirkung von Einsprachen aufgehoben und jeglicher Missbrauch sanktioniert werden.
  2. Die Erteilung von Baubewilligungen muss schneller erfolgen. Im internationalen Vergleich sind die Fristen in der Schweiz zu lange, was Investitionen in Verdichtungsprojekte kaum attraktiv macht.

  1. Die Behörden sollten ihre Kompetenzen im Bereich der Baubewilligungen ausbauen, vor allem in den mittelgrossen Städten und den Agglomerationen, wo die verdichtete Bauweise besonders wirkungsvoll ist.

  1. Die öffentlichen Bauherren sollen beim Einsatz von Recycling-Materialien eine Vorbildrolle einnehmen und dies in den Ausschreibungen berücksichtigen.

  1. Die Überregulierung darf die Innovation im Bereich der Wiederverwertung von Baustoffen nicht gefährden, deren Potential bei Weitem noch nicht ausgeschöpft ist.

 

 

 

Über den Autor

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Corine Fiechter

Mediensprecherin / Spezialistin Kommunikation

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