Bauen in der Altstadt

Strassenbauer in Estavayer-le-Lac

Wo im Sommer Einheimische und Touristen flanieren, sind im Winter seit zwei Jahren Baumaschinen im Einsatz. Das malerische Städtchen Estavayer-le-Lac soll in altem Charme und neuem Glanz erstrahlen. Dafür sorgen die Bauarbeiter der Antiglio SA.

 

Der Boden in der pittoresken Fussgängerzone im Altstädtchen von Estavayer-le-Lac ist aufgebrochen und gibt den Blick frei auf Rohre und Leitungen. Hamdi Mertori, 17 Jahre alt und im ersten Lehrjahr als Strassenbauer, steht im Graben und legt vorsichtig, aber bestimmt ein Rohr zurecht. «Es ist ein Arbeitsschritt, der mir besonders gefällt», sagt er. Der Blick auf die unterirdischen Rohre sei beeindruckend und bleibe den meisten Leuten verborgen. «Man bewegt sich tagein tagaus darüber, und hat keine Ahnung von dem, was unter den Füssen verläuft», sagt Hamdi fasziniert.

Hamdi unterstützt die Antiglio-Equipe fleissig in der Renovierung der Leitungen und Rohre unterhalb der «Grand Rue» und stellt die Wasserversorgung für die Geschäfte entlang der Strasse sicher. Die Arbeiten erfolgen in zwei Etappen – die erste davon fand im vergangenen Jahr statt; jetzt geht es an den oberen Teil der Strasse. Bald erscheint Estavayer-le-Lac in neuem altem Glanz. Im Sommer, wenn die Touristen kommen, sollen die Baumaschinen wieder weg sein und die Strasse mit neuem Pflastersteinbelag versehen.

Überraschungen gehören dazu

«Wir liegen gut im Zeitplan», sagt Antony Ciabattoni, Polier auf der Baustelle. Und das trotz unvorhersehbaren Ereignissen. So wusste die Antiglio-Equipe nur ungefähr, was sie erwartete, als sie den Boden aufbrach. «Das ist ein typisches Abenteuer für Strassenbauer», schmunzelt Antony Ciabattoni. Mit nicht planbaren Ereignissen müsse man umgehen können. «Die Überraschungen und der richtige Umgang damit – das gehört zum Faszinierenden des Berufs.» Auf der Baustelle sind entsprechend zahlreiche Maschinen und Geräte im Einsatz.

Besser als sein Ruf

Der Lernende Hamdi ist am richtigen Ort. Bereits sein Vater war Strassenbauer – und bei der Schnupperlehre bei der Antiglio SA fühlte sich Hamdi augenblicklich gut aufgehoben. In den ersten fünf Monaten seiner Ausbildung ist ihm etwas besonders positiv aufgefallen: «Wir packen zusammen an, gemeinsam erreichen wir etwas.» Die Arbeit im Team ist der Aspekt, der ihm am meisten an seinem neuen Beruf gefällt. «Im Team kommt man weiter».

Eine gute Stimmung ist wichtig. Denn: «Man muss sich nichts vormachen, unser Job ist hart», sagt Hamdi. Dessen ist sich auch Antony Ciabattoni bewusst. Er ist seit 32 Jahren in dem Beruf tätig; seit 2020 arbeitet er für die Antiglio SA. Wer so lange dabei ist, kennt den Beruf in- und auswendig – und kann mit Vorurteilen aufräumen. «Unser Beruf ist besser als sein Ruf», sagt Antony. Es habe sich viel verändert. «Mir gefällt es, den Lernenden die positiven Seiten unseres Berufs zu zeigen.» Vor 20 Jahren hätten Strassenbauer ihre Körper noch viel mehr belasten müssen. «Die Arbeit ist fordernd – doch heute ist vieles motorisiert, es sind mehr und bessere Maschinen im Einsatz», weiss Antony. Auch die Kälte machte den Bauarbeitern früher mehr zu schaffen. Er tippt mit den Fingern auf seine Thermokleidung. «Wir sind heutzutage gut ausgerüstet.»

Strassenbauen mit Stil

Doch gemäss Hamdi gehören nicht nur Muskeln und technisch fortgeschrittenes Equipment zum Rüstzeug eines Bauarbeiters. Einen guten Umgang mit Menschen braucht es auch, antwortet Hamdi auf die Frage nach Kernkompetenzen eines Strassenbauers. Nicht nur auf die Teamarbeit bezogen, auch auf die Menschen ausserhalb der Baustelle. «Was wir machen, ist auch für die Gesellschaft wichtig». Die Anwohner, die Passanten – im Dialog mit ihnen ist der richtige Ton gefragt. «Es spielt eine Rolle, wie wir wahrgenommen werden.»

Als Bauarbeiter begegnet man vielen Menschen und vielen neuen Situationen. «Man kommt herum, jede Baustelle ist anders, man ist nicht im Büro eingeschlossen», sagt Antony. Zudem lerne man jeden Tag dazu. Hamdi Merturi kann das bestätigen. Er trägt bereits als Lernender Verantwortung und sieht sich als Teil eines funktionierenden Ganzen: indem er Werkzeuge bereitstellt oder bestimmte Arbeitsschritte ausführt, damit andere weitermachen können. «Dabei lerne ich sehr viel», sagt Hamdi. Es ist Wissen, das Lernenden den Weg für eine Karriere im Baugewerbe ebnet. «Im Bauwesen öffnen sich dir viele Türen», ist er überzeugt und blickt in die Zukunft, die eine technische Weiterbildung bereithalten könnte. Er schaufelt eine Stelle frei und atmet kurz durch. Noch etwas motiviert ihn: «Uns Strassenbauer braucht es!»

Über den Autor

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Vildan Gürsoy

Senior Spezialistin Kommunikation & Kampagnen

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