Beton statt Barrique

Zugegeben, ein Betonfassweinkeller mit überdimensionalen Beton-Eiern wirkt auf den ersten Blick exotisch. Doch wenn man bedenkt, dass der Wein in der Antike in Tonamphoren aufbewahrt wurde, erscheint der dies nicht mehr so abwegig.

Unter einem schönen Weinkeller stellt man sich ein geräumiges Gewölbe vor, in dem perfekt aufgereiht dutzende Holzfässer lagern, um gewöhnlichen Rebensaft in einen grossartigen Jahrgang zu verwandeln. Dass dieser Effekt auch mithilfe von Beton erzielt werden kann, mag zunächst ungewöhnlich klingen. Doch wenn man bedenkt, dass der Wein in der Antike in Tonamphoren aufbewahrt wurde, erscheint der Ausbau in irdenen Behältnissen nicht mehr so abwegig. Zugegeben, ein Betonfassweinkeller mit überdimensionalen Beton-Eiern wirkt auf den ersten Blick exotisch. Könnten diese Eier vielleicht von einem ausserirdischen Riesenosterhasen im Keller versteckt worden sein?

Ein Hersteller von Betoneiern ist die Firma Nomblot im Burgund. Neben quadrischen Bottichen vertreibt das Unternehmen seine Eier sogar bis nach Chile. Die Ovoid-Form der Betoneier ist das eigentliche Ei des Kolumbus. Neben der Tatsache, dass diese Form dem goldenen Schnitt folgt und somit die perfekte Proportionsharmonie verkörpert, erzeugt sie auch verschiedene Weintemperaturen aufgrund unterschiedlicher Volumina und materialbedingter Temperaturunterschiede. Dies führt zu einer Wirbelbewegung, die die Schwebestoffe im Wein umwälzt, ohne dass man den Wein umrühren müsste. Der Entwicklung von Körper und Struktur geschieht ganz von selbst.

Harter Beton für schonende Vinifizierung

Die Vorzüge des Zements treten nun in den Vordergrund. Die leicht poröse Struktur natürlichen Zements, bestehend aus Kalzium und Ton, begünstigt dank minimalem Sauerstoffaustausch eine Mikrooxydation, die dem Wein sehr zuträglich ist. Die hohe thermische Masse des Betons, kombiniert mit der Wirbelbewegung des Weins, wird zunehmend von Winzerbetrieben geschätzt. Ein weiteres Merkmal ist der bewusste Verzicht auf die Verwendung von Armierung. Die Betonbehälter sind von Natur aus stabil genug. Armierungseisen würden einen «Faradayschen Käfig» bilden und die mikrobiologischen Prozesse im Wein stören.

Die natürliche Säure des Weins neigt dazu, den Beton anzugreifen und Partikel davon in den Wein zu lösen. Um dem vorzubeugen, bedarf es einer Beschichtung der Innenwand mit einer Lösung oder Paste aus Weinsäure. Dabei ist die Herausforderung, den Sauerstoffaustausch weiterhin zu gewährleisten. Je nach Behälter ist oft mehrfaches, präzises Auftragen erforderlich.

Jussy setzt auf Betonwein

In der Schweiz hat der Weinausbau im Beton Anhänger. Ein Vorreiter in diesem Bereich ist die Domaine Château L’Évêque in Jussy, Kanton Genf. Martine und Alexandre Mévaux sind engagierte Verfechter des biodynamischen Weinbaus nach Demeter-Richtlinien – und überraschenderweise spielt Beton eine bedeutende Rolle in ihrem Konzept. Das Bio-Label Demeter trägt den Namen der griechischen Göttin, die für die Fruchtbarkeit der Erde steht. Für Familie Mévaux bildet die Erde, das Terroir, die Grundlage für authentischen und naturbelassenen Wein. Sie setzen auf bewährte Praktiken statt Industrie-Dünger und Pestizide.

Ein bemerkenswertes Beispiel ist die Anwendung von Kuhhornmist: Kuhmist wird in Kuhhörner gefüllt und über den Winter vergraben, um vor Ostern als wertvoller Bodenstoff wieder ans Tageslicht zu kommen. Dieser wird mit aktiviertem Regenwasser gemischt und auf die Felder ausgebracht. Das Horn soll irdischen Kräfte bündeln, die das Bodenleben vitalisieren. Eine weitere Methode ist die Verwendung von fein gemahlenem Quarz, ein siliziumhaltiges Mehl, das die Fotosynthese in den Reben stimuliert.

Dieser Beitrag erschien zuerst auf Beton30. Lesen Sie hier das Interview mit Martine und Alexandre Mévaux von der Domaine Château L’Évêque in Jussy/GE.

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Schweizerischer Baumeisterverband

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