BIM Projektabwicklungsplan

Ein Grundgerüst für BIM-Projekte

Ausgangslage und Hintergrund

Zunehmende Komplexität im Bau, unter anderem durch die steigende Zahl der an einem Projekt beteiligten Stakeholder, macht es immer schwieriger, Bauvorhaben zielgerichtet zu koordinieren und umzusetzen. Building Information Modeling (BIM) kann Abhilfe schaffen und die Komplexität von Bauprojekten reduzieren. Bereits jetzt setzen einzelne Bauherren die Verwendung von BIM voraus, so etwa die SBB seit 2021 für Immobilien-Neubauten und ab 2025 für sämtliche Infrastrukturanlagen.

Nach wie vor besteht in der Schweiz eine beträchtliche Lücke zwischen den derzeitigen Branchenkompetenzen und den zukünftigen Anforderungen von BIM. Für eine weitreichende und erfolgreiche Implementierung sind daher Richtlinien und Leitfäden gefragt, wie sie etwa in Grossbritannien oder Skandinavien eingesetzt werden.

Der BIM Abwicklungsplan (BAP) ist eine projektbezogene Zusammenfassung aller Aktivitäten der Projektbeteiligten in Bezug auf BIM. Diese Organisationsregeln sollen die Zusammenarbeit der Projektbeteiligten ordnen und damit die laufende Projektarbeit vereinfachen. Ein BIM Abwicklungsplan erhöht somit die Umsetzungs- sowie Erfolgschancen der BIM-Methodik für Bauprojekte und ist damit ein wichtiger Treiber für die Etablierung von BIM in der Schweizer Baubranche.

Was ist der BIM Projektabwicklungsplan?

Kurzbeschrieb

  • Der BIM Abwicklungsplan ist ein dynamisches Dokument, in dem sämtliche erforderlichen Festlegungen zur Durchführung eines Projekts in der BIM-Arbeitsweise getroffen werden.
  • Wichtigste inhaltliche Grundlage sind die Auftraggeber- bzw. Projekt-Informationsanforderungen (AIA bzw. PIA). Die AIA sind ähnlich einem Lastenheft und werden zu Projektbeginn vom Auftraggeber erstellt. Darin werden unter anderem projektspezifische Anforderungen des Betreibers, des Bauherrn und der Nutzer sowie die BIM-Ziele definiert. Stichwort: Zieldefinition.
  • Der BIM Abwicklungsplanung wird in der Regel vom Bauherren beauftragt und kann, je nach Szenario, durch unterschiedliche Institutionen in einem Projekt durchgeführt werden.
  • Im BAP sind die Zusammenarbeit, Verantwortlichkeiten und Rollen geregelt und die phasenbezogenen Ziele und damit die Ausarbeitungsgrade der einzelnen Objekte beschrieben. Er ist somit ein zentrales Instrument der Projektsteuerung.
  • Die Einhaltung dieser Vorgaben während der Projektlaufzeit wird in der Regel durch BIM Koordinatoren gesteuert. Der BAP wird als lebendes Dokument kontinuierlich angepasst.

Definitionen

Obwohl verschiedene Definitionen des BAP existieren, sind diese zumeist inhaltlich ähnlich.

 

Der BAP ist eine projektbezogene Zusammenfassung aller Aktivitäten der Projektbeteiligten in Bezug auf BIM. Diese Organisationsregeln sollen die Zusammenarbeit der Projektbeteiligten ordnen und damit die laufende Projektarbeit vereinfachen. «BAP – BIM Projektabwicklungsplan», ein Dokument des BIM Praxisleitfaden von Drees & Sommer und Vrame BIM Services (2016)

 

Der BAP ist das zentrale Steuerungsinstrument für den BIM-Prozess. Es definiert die für den Einsatz der BIM-Methode notwendigen phasengerechten Anforderungen an alle Projektbeteiligten und regelt die Zusammenarbeit bezüglich Erstellung, Nutzung und Verwendung der digitalen Bauwerksmodelle. BIM-Projektabwicklungsplan: Practice, Bauen digital / buildingSMART Schweiz (2019)

 

Unter BIM Abwicklungsplan, kurz BAP (englisch: BEP - BIM Execution Planning) wird die Summe aller Vorgaben zu allen BIM-bezogenen Inhalten, Strukturen, Prozessen und Rollen verstanden, die in einem Projekt, zu Beginn, für alle Beteiligten festgelegt werden. BIMpedia, https://www.bimpedia.eu/artikel/1341-bap-bim-abwicklungsplan (2021)

 

Der BIM Execution Plan (BEP) beschreibt die projektspezifische Zusammenarbeit bzgl. Planungs- und Informationslieferungen auf Basis des pre-appoinment BEP im Detail. Im Wesentlichen geht es darum wie die Informationsbestellung des Auftraggebers und die Informationsbedürfnisse der weiteren Projektbeteiligten mittels Informationslieferungen bedient werden. Die Informationslieferungen werden dazu in sogenannten Informationscontainern organisiert und übermittelt. Die Kohärenz unter den beteiligten Informationslieferanten ist dabei durch eine federführende Instanz sicherzustellen. Der BEP wird bei Bedarf, mindestens aber phasenweise auf seine Gültigkeit überprüft und aktualisiert. Bauen digital Schweiz, https://bauen-digital.ch/de/produkte/glossar/#bim-execution-plan (2021

Begriffserklärung & Einordnung

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Methode BIM: Zusammenarbeit anhand virtueller Gebäudemodelle mit dem Ziel der besseren Kooperation zwischen allen Parteien entlang Value Chain. BIM ermöglicht die Umsetzung eines integralen Informationsmanagement für hohe Transparenz, Effizienz, Qualitäts- sowie Kosten- und Terminkontrolle über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie. BIM spielt in alle SIA-Phasen von der strategischen Planung bis zum Betrieb hinein und unterstützt unterschiedliche Aufgaben wie modellbasierte Variantenvergleiche zu Beginn der Planung, Visualisierungen und Simulationen in der Projektierungsphase, Mengen- und Massenauszüge für die Ausschreibung, modellbasierte Bauablaufplanung bei der Realisierung und Prozessoptimierung bei der Nutzung eines Gebäudes.

 

BIM Abwicklungsplan: das zentrale Steuerungsinstrument für den BIM-Prozess. Er definiert die für den Einsatz der BIM-Methode notwendigen phasengerechten Anforderungen an alle Projektbeteiligten und regelt die Zusammenarbeit bezüglich Erstellung, Nutzung und Verwendung der digitalen Bauwerksmodelle. Der BAP stellt zusammen mit den Auftraggeber- oder Projekt-Informationsanforderungen (AIA bzw. PIA) die Grundlage für die Methode BIM dar.

 

BIM Nutzungsplan: Instrument, das zwischen Ziel und Anwendung vermittelt und dabei helfen soll, mit der Methode BIM die Projektziele zu erreichen. Nutzungsplan soll aufzeigen, mit welchen Anwendungen man im Regelfall ein bestimmtes Ziel erreichen kann, und erklären, was von einer bestimmten Anwendung je nach Projektphase zu erwarten ist.

 

BIM Abwicklungsmodell: übergeordnetes Modell als Ausgangsbasis, das man auf die entsprechen-den Einzelfälle herunterbrechen kann. Der BAP wird damit in eine von mehreren Arten der Abwicklung eingeordnet. Die einzelnen Modelle unterscheiden sich dabei anhand der Beteiligten bzw. der daraus resultierenden Anforderungen im Planungsprozess. Erklärt werden einerseits die Zusammenhänge wesentlicher Steuerungselemente in einem BIM-Projekt, anderseits wird erläutert, wie ein BIM-Projekt formal abgewickelt werden kann.

Die Grundlage für BIM

AIA = Auftraggeber-Informationsanforderungen LOD = Level of Detail/Development (Detaillierungsgrad/Fertigstellungsgrad)

Die BIM-Strategie besteht aus den BIM Zielen und Handlungsempfehlungen und beinhaltet als Anhang die Vorlagen für die Auftraggeber-Informationsanforderungen sowie den BIM Abwicklungsplan. Aus der Strategie werden die AIA erarbeitet, welche als statisches Dokument als konkrete Projektvorgaben dienen. Der BAP wird auf Basis ebendieser AIA erarbeitet und während der gesamten Projektdauer als WIP-Dokument behandelt. Neue Erkenntnisse werden also kontinuierlich im BAP erfasst und mit den Projektbeteiligten geteilt.

Zwei Arten von Abwicklungsplan

BAP vor Vertragsabschluss (pre-contract)

Der Vorvertrags-BAP wird vor der Ausschreibung erarbeitet und dient als Antwort auf die Auftrag-geber-Informationsanforderungen. Der Anbieter legt darauf seine vorgeschlagene Kapazität, Ansatz, die zu verwendende Software und andere Details dar. Er kann die genauen Einzelheiten im Vorvertragsplan formulieren oder er kann auf die Anforderungen eingehen, die der Arbeitgeber in einem Dokument wie den Auftraggeber-Informationsanforderungen festgelegt hat. Der Vorvertrags-BEP enthält im Wesentlichen einen Projektdurchführungsplan, der die Erfahrung potenzieller Anbieter, ihre Kompetenz und ihre Erfahrung in dieser Branche sowie eine Qualitätsdokumentation enthält. Er zeigt auch Projektmeilensteine in Übereinstimmung mit dem Projektprogramm auf.

BAP nach Vertragsabschluss (post-contract)

Sobald der Auftrag vergeben ist, wird ein Nachvertrags-BAP erstellt. Dieser enthält Informationen zum Management, Planung und Dokumente, Standardmethoden und -verfahren für die BIM-Prozesse sowie die zu verwendende Software. Der Managementteil zeigt die verschiedenen Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse der Lieferanten im Projekt, sowie die Projektmeilensteine und den Genehmigungsprozess, der bis zum Abschluss des Projekts zu befolgen ist. In der Planung & Dokumentation wird der Projektimplementierungsplan detailliert dargestellt. Der Nachvertrags-BAP informiert die Lieferanten auch über die Vorgaben bezüglich Dateibenennung, Zeichnungsblattvorlagen, Beschriftung, Bemassung, Abkürzungen und Symbole, die bis zur Fertigstellung des Projekts einheitlich verwendet werden müssen.

Kernelemente des BAP

Im Folgenden sind die typischen Kernelemente von BIM Abwicklungsplänen beschrieben. Diese können je nach Projekt angepasst oder ergänzt werden.

  • Allgemeine Projektinformationen: Projektbeschrieb, Organigramm, Standort, Projektphasen und Meilensteine etc.
  • BIM Strategie, Ziele und Anwendungsfälle: Das strategische Wertversprechen und die spezifischen Anwendungen von BIM müssen sorgfältig dokumentiert werden.
  • Rollen und Verantwortlichkeiten: Eine der Hauptaufgaben ist die Besetzung der Rollen des Informationsmanagers, BIM Managers, BIM Gesamtkoordinators und der BIM Koordinatoren über die verschiedenen Projektphasen. Dies ist insbesondere bei der Initiierung der BIM-Prozesse wichtig.
  • Modellbasiertes Arbeiten: Modellanwendungen, Modellstruktur, Nomenklatur-Vorgaben, Modelliervorgaben sowie Detaillierungsgrad (Level of Detail) für jeden BIM Anwendungsfall.
  • Vorgaben zur Kollaboration: Formate, Zugriffsrechte, Zyklen, LOD (LoG, LoI, LoC) pro Phase sowie Technologie-Infrastruktur (Hardware, Software und Netzwerkinfrastruktur).
  • Koordination: Koordinationssystem, Datenaustausch und –lieferplan sowie Koordinationsbesprechungsplan
  • Qualitätssicherung: Die Qualitätssicherungsstrategie beschreibt die Methoden und Verantwortlichkeiten der Qualitätssicherung für die Daten‐ und Informationserstellung und deren Austausch. Ein Kontrollprozess sollte etabliert werden, um sicherzustellen, dass sich alle Projektteilnehmer an die Vorgaben des BAP halten.

Sinn & Zweck

Was soll mit dem BAP erreicht werden?

  • BIM Abwicklungspläne sollen eindeutig definieren, wie die in den AIAs genannten Ziele zu erreichen sind.
  • BIM Abwicklungspläne legen die Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten aller Projektbeteiligten fest und tragen somit zu klaren Strukturen und Prozessen bei.
  • Der BIM Abwicklungsplan soll sicherstellen, dass die an einem Bau beteiligten Projektpartner digitale Daten in einem vorgegebenen Standard (gemäss Auftraggeber-Informationsanforderungen) liefern und vorgegebene Prozesse und Termine einhalten.
  • In Zeiten mangelnder Normierung und Standardisierung stellt der BAP einen notwendigen Arbeitsschritt dar, um die Inhalte digitaler Gebäudemodelle und sämtliche einschlägigen Prozesse innerhalb von Projekten zu regeln.
  • Der BAP definiert das WER, WIE, WAS, WANN und WO in einem BIM-Projekt.

Vorteile des BAP

  1. BIM Abwicklungspläne fördern die Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien zu Beginn des Projekts, da der BAP auf Basis des Inputs von allen Beteiligten erstellt wird. Dies hilft, die Verantwortlichkeiten und Erwartungen zu handhaben und schafft eine solide und klare Kommunikationsstruktur für alle Projektbeteiligten.
  2. Bauprojekte sind meist einzigartig und weisen daher unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf Projektziele, Regulatorien und Standards auf. Ein BAP ist ein lebendiges Dokument, an welchem die Projektteams in allen Projektphasen weiterarbeiten. Somit sollen unnötige Silos zwischen den einzelnen Teams vermieden und die Kooperation zur Erreichung der Projektziele gefördert werden.
  3. Stetiger Zeitdruck ist ein konsequenter Begleiter bei Bauprojekten. Ein solider BAP benötigt zwar eine gewisse zeitliche Anfangsinvestition, reduziert dafür aber unnötige Verzögerungen im Projekt, die durch Unklarheiten oder Missverständnisse verursacht werden, und ermöglicht somit Zeiteinsparungen.
  4. In der Praxis entstehen bei BIM-Projekten oft Medienbrüche zwischen den Projektphasen. Ein BAP erhöht die Transparenz im Projekt und erlaubt allen Stakeholdern stetigen Zugriff auf die aktuellsten BIM-Daten wie Dokumentformate, Details und Modelldimensionen.
  5. Das Aufsetzen eines BAP mit Fokus auf dem vorliegenden Projekt hilft dem Projektteam, von Beginn weg effektiv zu kommunizieren und kooperieren. Der BAP ermöglicht somit eine bessere Umsetzung im Gesamtprojekt, da die Verantwortlichkeiten, Ziele und Termine von Anfang an klar definiert und zugeordnet sind.

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Über den Autor

pic

Moritz Lüscher

Leiter Digitalisierung

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