BVG-Reform: Wieder ein Giesskannen-Vorschlag

Die Reform der beruflichen Vorsorge ist bei der Kommission des Ständerats angelangt. In ihrem eigenen Reformvorschlag holt sie die Giesskanne hervor. Sie möchte 90% der Versicherten einen Rentenzuschlag spendieren, obwohl ihn eigentlich nur 14% benötigen würden. Kostenpunkt der Grosszügigkeit: 20 Milliarden. Zusammen mit anderen Verbänden hat sich der SBV nun an den Ständerat selbst gewandt, damit er die Lösung seiner eigenen Kommission korrigiert.

Nachdem der Nationalrat einen mit Einschränkungen akzeptablen Vorschlag für die Reform der Beruflichen Vorsorge ausgearbeitet hatte, war nun die Kommission des Ständerats am Zug. Sie war offensichtlich von den frühlingshaften, ja gar sommerlichen Temperaturen inspiriert, denn voller Tatendrang hat sie einen eigenen Reformvorschlag geschaffen. Dabei ist die Kommission aber leider weit über das Ziel hinausgeschossen.

Der Umwandlungssatz in der 2. Säule liegt derzeit bei 6.8%, das bedeutet, jede 100'000 Franken Altersguthaben erhält man jährliche eine Rente von 6.800 Franken. Der Umwandlungssatz ist aufgrund der Demographie- und Zinsenwicklungen zu hoch, er muss gesenkt werden. Es herrscht Konsens in der Politik, dass der Satz auf 6.0% gesenkt wird.

 

Wer soll den Rentenzuschlag erhalten?

Die künftigen Generationen werden mehr Geld in der 2. Säule ansparen, um diesen tieferen Satz auszugleichen, so dass ihre Renten stabil bleiben. Allerdings hat nicht jeder Jahrgang ausreichend Zeit, um genügend Geld anzusparen. Diese sogenannte Übergangsgeneration soll daher einen Zustupf erhalten, sofern sie ihn benötigt. Auch diesbezüglich herrscht Konsens, aber es gibt Unstimmigkeiten: wie viele Jahrgänge sollen unterstützt werden, wer genau erhält den Zustupf und wie wird er finanziert?

Die Kommission des Ständerats will eine Dauer von 20 Jahrgängen. Für den SBV ist klar, dass 15 Jahre vollkommen genügen, um das Volksmehr zu gewinnen. 20 Jahrgänge führen bloss zu unnötigen Mehrkosten.

 

Laut Kommission: fast jeder!

Eingangs wurde der aktuell gültige Umwandlungssatz mit 6.8% beziffert. Das ist de facto der Satz, den das Gesetz für das BVG-Obligatorium vorschreibt. Nur bei 14% aller BVG-Versicherten besteht das gesamte Altersguthaben aus dem Obligatorium, die allermeisten Versicherten haben einen grossen Anteil an Überobligatorium. Sie wären von einer Reform also erst gar nicht betroffen. Für sie gilt schon heute ein tieferer Umwandlungssatz. Dennoch möchte die Kommission des Ständerats einen pauschalen Rentenzuschlag von jährlich bis zu 2.400 Franken an 90% aller Versicherten der Übergangsgeneration mit der Gieskanne ausschütten. Obwohl der Rentenzuschlag für Versicherte mit hohem Einkommen stufenweise reduziert wird, kostet der SGK-S Vorschlag insgesamt 20 Milliarden Franken. Dies ist für den SBV nicht akzeptabel. Er unterstützt das Modell des Nationalrats, bei welchem 35% bis 40% der Versicherten einen Zuschlag erhalten. Dabei werden die effektiven Rentenverluste ausgeglichen und die Gesamtkosten mehr als halbiert.

Der Rentenzuschlag muss finanziert werden. Der SBV und der Nationalrat sprechen sich dafür aus, dass jede Pensionskasse ihre eigens für diesen Zweck gebildeten Rückstellungen nutzt. Es sollte eine Pflicht dafür herrschen. Nur falls die Rückstellungen nicht reichen sollten, könnte eine Pensionskasse Gelder über einen zentralen Finanzierungsmechanismus anzapfen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer würden aller Voraussicht nach mit keinen oder nur sehr geringen Lohnabgaben konfrontiert.

Die ständerätliche Kommission hingegen möchte den Pensionskassen und Versicherern die Wahl überlassen, ob sie die Rückstellungen einsetzen möchten. Sie könnten stattdessen auch Anlagegewinne einsetzen, oder aber die Lohnabgaben der Arbeitnehmer und Arbeitgeber erhöhen. Letzteres ist die grosse Befürchtung des SBV. Denn im schlimmsten Fall würden die Kosten vollständig abgewälzt, womit Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusammen etwa 0.5% des BVG-Lohns zusätzlich entrichten müssten, um diesen teuren Rentenzuschlag zu finanzieren.

 

Statt in eigene Altersvorsorge zu investieren würde Geld an andere umverteilt

Alle Versicherten werden mit einer Reform einen gewissen Anteil von ihrem Lohn zusätzlich ansparen müssen. Beim Nationalratsmodell steigt die eigene Rente stärker, weil beim Vorschlag der Ständeratskommission ein erheblicher Anteil der Mehrkosten für den Rentenzuschlag eingesetzt wird. Im Bauhauptgewerbe beträgt dieser Anteil zwischen 20% und 40%, je nach Beruf und Lohn. Anstatt dieses viele Geld also in die eigene Altersvorsorge zu investieren, wird es für den Rentenzuschlag einer Übergangsgeneration umverteilt.

Der SBV lehnt zusammen mit den anderen Verbänden des Mittelwegs sowie mit dem Gewerbe- und dem Versicherungsverband diese Vorschläge der ständerätlichen Kommission dezidiert ab. Gemeinsam haben sie am 18. Mai einen Brief an den Ständerat gerichtet, damit er den teuren Vorschlag seiner eigenen Kommission vollumfänglich korrigiert.

 

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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