Das Baugewerbe: wichtiger Treiber für Wirtschaft und Arbeitsmarkt

10% trägt die Baubranche zum BIP bei. Sie bildet ebenfalls 10% aller Lehrlinge aus. In über 20 Kantonen rangiert die Baubranche unter den fünf grössten Arbeitgebern. Die Löhne des Bauhauptgewerbes liegen 7.5% bis 26% über dem Median in allen Regionen der Schweiz.

Das Bauhauptgewerbe ist das Herz der Baubranche, es gibt vor- und nachgelagerte Branchen, von Architekten bis hin zum Ausbaugewerbe. Die Ausgaben für die derart definierte Baubranche belaufen sich auf rund 70 Mrd. Franken jährlich. Das entspricht 10% der gesamten Schweizerischen Wirtschaftsleistung.

Historisch war es nicht immer so. Zwischen 1950 und 2000 wuchsen die Bauausgaben schneller als das BIP, danach viele Jahre langsamer. In den Folgejahren hat sich der Anteil bei 10% eingependelt. Dieser Wert dürfte künftig recht stabil bleiben. 2020 trugen die Bauausgaben mit gut 9.4% zum BIP bei, nur knapp unter der 10% Trendlinie. In vielen anderen, entwickelten Volkswirtschaften liegt der Anteil ebenfalls bei 10%.

Da die Bevölkerung in der Schweiz auch künftig wachsen wird, bleibt der Bedarf an Bauinvestitionen in Infrastruktur und Wohngebäude hoch. Der direkte Beitrag unterschätzt die tatsächlichen Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaftsleistung: Indem die Infrastruktur ausgebaut und verbessert wird, erhöht sich indirekt die Produktivität der anderen Branchen.

Bis zu 20% der kantonalen Wirtschaft

Der landesweite Durchschnittswert verdeckt jedoch die breite Heterogenität, welche Bedeutung die Baubranche von Kanton zu Kanton spielt. Die jüngsten kantonalen Daten stammen aus Jahr 2019. In 18 der 26 Kantone liegt der Beitrag der Baubranche zum BIP über dem Landesdurchschnitt (2019: 9.1%). Spitzenreiter ist Uri, jeder fünfte erwirtschaftete Franken stammt aus der Baubranche. Gerade in der Innerschweiz, aber auch in der Ostschweiz, in Teilen der Romandie und in den Bergkantonen hat die Baubranche eine überdurchschnittliche wirtschaftliche Bedeutung. Den tiefsten Wert verzeichnet 2019 Neuchâtel mit 4.5%. Auch Zug mit 5.0% oder Basel-Stadt und Schaffhausen mit 5.2% zeigen mehr Baupotenzial auf.

Unter Top 5 der Arbeitgeber

Die Baubranche zeigt sich ebenfalls am Arbeitsmarkt sehr vielfältig. Im landesweiten Vergleich ist die Baubranche der fünftgrösste Arbeitgeber von allen 19 Branchen. Zu den anderen Branchen gehören etwa Gastgewerbe, Gesundheits- und Sozialwesen, Information und Kommunikation, usw. In 21 der 26 Kantone zählt sie zu den fünf grössten Arbeitgebern. In nahezu allen Kantonen sind das Verarbeitende Gewerbe, der Handel sowie das Gesundheits- und Sozialwesen die grössten Arbeitgeberbranchen. In der Mehrheit der Kantone gehört die Baubranche zu den Top 4 Arbeitgebern, in sechs Kantonen sogar zu den Top 3. In Appenzell Innerrhoden, Graubünden, Obwalden und im Uri holt sie sich die Silbermedaille. Die Baubranche holt in Glarus und Schwyz einen ehrenwerten dritten Platz. In allen Kantonen liegt das Baugewerbe unter den Top 10.

10% aller Lehrlinge sind in Bauberufen

Man sollte ebenfalls einen Blick auf die Bedeutung der Baubranche für die Neueinsteiger am Arbeitsmarkt werfen. In der Schweiz gibt es derzeit etwa 220.000 Lernende. Jeder 10. Lehrling gehört der Baubranche an, ein stolzer Wert. Heutzutage gibt es rund 22.500 Lehrlinge in Bauberufen. Die Prognose besagt, dass dieser Wert in den nächsten 10 Jahren um 8% steigen könnte. Es bleibt abzuwarten, ob diese Vorhersage tatsächlich eintreffen wird. Zudem wird das Bauhauptgewerbe sicherlich nicht automatisch davon profitiert, sondern seine Akteure müssen sich anstrengen, um neue Lernende für sich zu gewinnen.

Aufräumen mit einem Mythos

Zum Schluss noch eine Aussage zu den Löhnen. Immer wieder behaupten Gewerkschaften, dass der Medianlohn in der Schweiz höher läge als der Durchschnittslohn im Bauhauptgewerbe. Diese Behauptung ist aber falsch, weil sie Äpfel mit Birnen vergleicht.

Die Gewerkschaften berufen sich auf das Bundesamt für Statistik (BfS). Das BfS inkludiert in seiner Definition des Lohns Zuschläge, Sozialleistungen der Arbeitnehmer sowie den Anteil am 13. Monatslohn – der Schweizerische Baumeisterverband in seiner Lohnerhebung hingegen nicht.

Für einen zulässigen Vergleich hat der SBV die beigefügte Grafik erstellt. Er hat dabei seine Daten an die Definition des BfS angeglichen. Erstens wurde der Anteil des 13. Monatslohns inkludiert. Zweitens wurde die vom Gesamtarbeitsvertrag garantierte Mittagsentschädigung von 16 CHF je Arbeitstag hinzuaddiert. Für andere Zuschläge wie etwa Überstunden oder Wochenendarbeit stehen leider keine Daten zur Verfügung. Drittens wurden die Sozialabgaben der Arbeitnehmer wie etwa AHV und Arbeitslosenversicherung hinzuaddiert. Dieser Posten enthält ebenfalls die alters- und lohnspezifischen BVG-Lohnbeiträge.

11% über dem Median: Bauhauptgewerbe zahlt in allen Regionen hohe Löhne

Ebenfalls weist die Grafik die Medianlöhne aus. Medianlohn bedeutet, dass die eine Hälfte der Beschäftigten weniger als diesen Lohn erhält, die andere Hälfte mehr. In der ganzen Schweiz beträgt der Medianlohn laut BfS 6.538 Franken monatlich. Im Bauhauptgewerbe hingegen beträgt der Median 7.291 Franken, ein Plus von 753 Franken bzw. 11.5%. Damit ist die Behauptung der Gewerkschaften widerlegt. Notabene: der Durchschnittslohn im Bauhauptgewerbe liegt sogar bei 7.531 Franken monatlich, wenn man ihn wie das BfS definiert. In allen Regionen der Schweiz liegt der Lohn des Bauhauptgewerbes über dem Median der anderen Branchen. In Zürich und am Genfersee liegt der Unterscheid zwischen 7% und 9%. In anderen Regionen ohne Finanzindustrie und Pharmabranche als Zugpferde liegt der Aufschlag sogar noch deutlicher höher, im Tessin gar bei über 26%.

Über den Autor

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Luiza Maria Maniera

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