Demokratisches Instrument mit Tücken

Erst sechs Jahre nach einem Volksentscheid und nur dank eines Bundesgerichtsentscheides kann in St. Moritz ein Bauprojekt realisiert werden. Im Kanton Aargau vermochte ein einzelner anonymer Einsprecher den Neubau des Kantonsspitals Aarau zu verzögern. Das zeigt: Immer wieder verzögern Einsprachen Bauvorhaben, manchmal verhindern sie sie auch.

 

Für die St.Moritzer Stimmberechtigten war es eine klare Sache. Mit 62 Prozent Ja stimmten sie im Oktober 2015 einer Zonenplanänderung zu. Das Abstimmungsresultat schaffte die raumplanerischen Voraussetzungen für die Realisierung einer neuen Hotelanlage und einer Klinik. Damit, hätte man meinen können, sei ein Schlussstrich gezogen worden um eine teilweise emotional geführte Auseinandersetzung rund um die neue Ortsplanung. Stein des Anstosses: Sie bewilligte Höhen, welche Bauten von knapp 30 Metern ab Strassenniveau ermöglichen. Daran störten sich die beiden St.Moritzer Luxushotels Kulm und Badrutt’s Palace. Die neue Ortsplanung schliesse eine nachhaltige Entwicklung des Gebietes Serletta Nord aus, argumentierten sie. Beide besitzen im besagten Gebiet Grundstücke. Zudem befürchteten sie, der Neubau könne ihren Hotelgästen die Sicht auf den See nehmen.

Von der Regierung bis zum Bundesgericht

Ein Ende der Auseinandersetzung war allerdings noch in ferner Weite. Das «Kulm» und das «Badrutt’s Palace» nutzten ihre demokratischen Möglichkeiten und gelangten an die Bündner Regierung mit dem Antrag, die touristische Nutzung der zentralen Serletta Süd-Parzelle sei zu unterbinden beziehungsweise die Ortsplanung solle anders ausgestaltet werden. Als dies nichts fruchtete, gelangten sie ans Bündner Verwaltungsgericht und schliesslich ans Bundesgericht. Dieses hat die Nutzungsplanung Serletta Süd so geschützt, wie sie seinerzeit von der Regierung des Kantons Graubündens genehmigt worden ist. Damit ist das Planungsverfahren definitiv abgeschlossen. «Die Gemeinde St. Moritz hat in allen Teilen recht bekommen und ist mit dem Urteil zufrieden. Es stützt den Volksentscheid von 2015, stellt der Planung und Prüfung des Projektes durch die Gemeinde gute Noten aus und ebnet den Weg zur touristischen Nutzung des zentral gelegenen Areals. Die Projekteigentümer haben bereits ein Baugesuch für ein Klinikgebäude eingereicht. Dieses kann nach dem Entscheid des Bundesgerichts nun behandelt werden», schreibt die Gemeinde St.Moritz als Reaktion auf das Urteil. Allerdings: Gegen das Baugesuch sind Einsprachen eingegangen. Noch ist also nicht alles in trockenen Tüchern. Und die Klinik Gut, die 2015 beim Bauprojekt mit im Boot sass, hat mittlerweile anderswo einen Neubau realisiert. Nun soll stattdessen ein Gesundheitshotel entstehen.

Anonym und erfolgreich

Im Falle des Kantonsspitals Aarau war es ein einziger Einsprecher, der den 569-Millionen-Franken teuren Neubau blockieren konnte. Immerhin konnte mit ihm in der Zwischenzeit eine Einigung gefunden werden. Zu reden gab im Kanton Aargau der Umstand, dass der Einsprecher, der einen Neubau behinderte, der von öffentlichem Interesse ist, anonym bleiben wollte. Diese Möglichkeit besteht aktuell, nun wird sie hinterfragt. In der Tat ist davon auszugehen, dass manche Einsprache ausbleiben würde, wenn man mit Namen zu seiner Eingabe stehen müsste.

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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