Der 3D-Druck hilft dem Klima

Wer hätts erfunde? Die Schweizer. Unter der Marke «Affentranger 3DCP – Swiss Conrete Printing in perfection» produziert und vertreibt die Affentranger Bau AG hochwertige 3D-Betondruck Produkte nach einem Verfahren, das das Unternehmen zusammen mit den Schweizer Firmen Sika und LCA Automation entwickelt hat. Die neue Methode ist umweltfreundlich und eignet sich zum Bauen in Städten mit beengten Verhältnissen. 

 

Zuerst ist es sehr heiss, dann stürmt es und regnet intensiv. Das stört einen Bauarbeiter der Affentranger Bau AG überhaupt nicht. Unermüdlich und mit der stets genau gleichen Präzision schichtet er Betonschicht auf Betonschicht, erstellt komplexe Bauteile. Nun, er hat gegenüber anderen Angestellten des Bau-KMUs den Vorteil, dass er sich in einer wettergeschützten Werkhalle befindet. Und er ist kein Mensch, sondern ein Roboter.

Marius Affentranger zeigt den 3D-Drucker voller Stolz. «Wir haben nach einem Weg gesucht, uns mit einer Innovation ein neues Geschäftsfeld zu schaffen», erzählt er. Der 3D-Druck eröffne dem Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, ist Affentranger überzeugt. «Sika hat den Prozess des Betondrucks entwickelt und liefert die Materialkomponenten, wir haben in einen Roboter des Küssnachter Maschinenbauers LCA Automation AG investiert. Wir drei Partner spannen zusammen und bilden ein Schweizer Netzwerk. So konnten wir ein Verfahren entwickeln, bei wir unsere hohen Qualitätsanforderungen umsetzen können.»

Drei Hauptvorteile 

Dass die Affentranger Bau AG sich einen 3D-Druck angeschafft hat, basiert auf wirtschaftlichen Überlegungen, nicht auf der Begeisterung für neue Technologien, auch wenn diese zweifellos vorhanden ist. Die Investition soll sich rechnen, weist sie doch drei Hauptvorteile gegenüber der konventionellen Baumethode auf. «Um das Klima zu schonen, ist es notwendig, dass der veraltete Schweizer Gebäudepark erneuert und/oder saniert wird», führt Affentranger aus. Gedruckte Bauteile könnten in beengten Verhältnissen in den Städten unkompliziert montiert werden. «Das Erstellen der Bauteile auf der Baustelle wäre aufwändiger, gerade wenn es wenig Platz hat.» Zudem ermöglichen es die Bauteile, dass Gebäude aufgestockt werden können, sie dienen also der Verdichtung. Zudem wird beim Erstellen der Bauteile nur da Material gedruckt, wo es statisch Sinn macht. Wo es auch ein Hohlkörper tut, gibt es einen Hohlkörper. Damit wird der Materialverbrauch gesenkt und die Bauteile verlieren an Gewicht. Leichter werden die Bauteile weiter, weil der gedruckte Beton eine dreimal höhere Druckfestigkeit und eine fünfmal höhere Zugfestigkeit gegenüber herkömmlichem Beton aufweist. «Die Leichtbauweise ermöglicht Aufstockungen von Gebäuden, bei denen es mit anderen Methoden statische Probleme gegeben hätte.» Gedruckt werden auch verlorene Schalungen, die ausbetoniert werden. «Die grosse Formvielfalt ist ein riesiger Vorteil», betont Affentranger. Der Architekt könne einfach ein 3D-Modell schicken, «dann lesen wir die Daten in die Maschine ein und produzieren es, ohne uns überlegen zu müssen, wie man eine Schalung herstellen könnte, die genau diese und diese Form ermöglicht.» Möglich sind sogar Winkel von 40 Prozent – müssten solche Formen geschalt werden, würde es sehr teuer.

Vorfertigung in der Werkhalle

Die neue Methode, betont Didier Lootens, Abteilungsleiter Material Physics bei Sika, solle das Bauen vereinfachen, nicht komplizieren. So sei es möglich, Wände fixfertig zu drucken, ohne dass es noch einen Maler oder Gipser benötige. Man müsse die Wände auch nicht austrocknen lassen. Die einzige Einschränkung: Weil bei der additiven Fertigung Schicht auf Schicht gedruckt wird, ergibt sich eine Rillenstruktur. Die Oberfläche ist also nicht glatt.

Das führt zur Frage: Ist denn die Stelle, bei der Schicht auf Schicht trifft, nicht eine Schwachstelle? Lootens versichert, Untersuchungen hätten belegt, dass dies nicht der Fall ist. «Wir fügen dem Hochleistungsmörtel beim Druckknopf einen Aktivator hinzu, der dazu führt, dass sich die beiden Schichten ganz fest verbinden.»

Auch Einzelanfertigungen sind preislich interessant 

Weil die Produktion digitalisiert ist, kommt es nicht auf die Mengenanzahl der gedruckten Produkte drauf an. Es können auch Einzelfertigungen kostengünstig erstellt werden. Das ermöglicht individuelle Lösungen. «Den Planenden bleiben alle Freiheiten, sie können noch kurz vor dem Druck alles noch ändern», erläutert Lootens.

Die Maschine druckt bis zu fünf Tonnen am Tag. Bei der Grösse gilt, dass die Objekte transportierbar bleiben müssen.

Säulen, Wände und Blumentöpfe

Demnächst gehen kunstvoll gewundene Säulen für eine buddhistische Gebethalle in Druck. Neben Bauteilen wie Wänden, Fensterrahmen oder Treppen druckt die Affentranger Bau AG auch Gartenobjekte wie Bänke oder Blumentöpfe, die teilweise schon von Gartencentern verkauft werden.

Europäischer Solarpreis

Die Affentranger Bau AG wurde von Markus Affentranger gegründet. Seine drei Söhne Marius, Lukas und Gabriel sind heute ebenfalls schon in der Firma tätig. Das Familienunternehmen ist schon in der Vergangenheit mit Innovationen aufgefallen und hat unter anderem den Schweizer und den europäischen Solarpreis gewonnen. Das Unternehmen hat in seinem Baumaschinenpark einen Solar-Bagger.

Auf dem Foto ganz oben sind Marius Affentranger, Lara Schneider, die den 3D-Drucker bedient und Didier Lootens von der Sika zu sehen.

 

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin

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