«Der LMV sollte halbiert werden»

Mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten und Leistungsprinzip bei den Löhnen – Wünsche aus den Sektionen an den LMV.

Mehr Flexibilität bei den Arbeitszeiten und Leistungsprinzip bei den Löhnen – Wünsche aus den Sektionen an den LMV.

 

Adrian Meer, Regionalleiter und Geschäftsführer der KIBAG Bauleistungen AG und Präsident des Kantonal-Bernischen Baumeisterverbands (KBB) hat aufmerksam die Polierstudie gelesen, in der sich ein Grossteil für flexiblere Arbeitszeiten ausgesprochen hat. Dies deckt sich mit seinen Erfahrungen: «Die Anforderungen an uns steigen kontinuierlich an. Während Baustellen auf Autobahnen automatisch Staus mit sich bringen und damit in einem mehrschichtigen Betrieb abgewickelt werden müssen, verlagern sich in Unterhaltsprojekten von Eisenbahnen aufgrund der hohen Zugfrequenzen die Arbeiten in immer kürzere Nachtsperrungen. Und kann mit dem Bau eines Wohnhauses nach der verspäteten Erteilung der Baubewilligung einmal begonnen werden, ist höchste Eile angesagt, um die mit Käufern oder künftigen Mietern vereinbarten Bezugstermine einzuhalten», so Meer.

Diese Entwicklungen stellten an die Bauunternehmen mit ihren Angestellten grosse Herausforderungen. Es sei daher kein Wunder, wenn sich vier von fünf Polieren wünschen, die Arbeitszeit flexibler gestalten zu können. Häufig stehe dabei aber der LMV im Weg, wie konkrete Beispiele in seinem Betrieb zeigen, so etwa beim Wunsch von Mitarbeitern, je nach Jahreszeit unterschiedlich viel zu arbeiten. «Die Forderung nach Flexibilisierung der Arbeitszeit ist nicht allein der Wunsch von vermeintlich ausbeutenden Unternehmern, sondern entspricht auch den Wünschen von Arbeitnehmenden», erklärt Adrian Meer.

 

Mehr Flexibilität auch in der Romandie und im Tessin ein Muss

Germain Wicht, Präsident der Fédération Fribourgeoise des Entrepreneurs und Verantwortlicher für die Region Fribourg bei Weibel SA, pflichtet bei: «Wir brauchen mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung des Jahresarbeitszeitkalenders. Zudem müssen wir da flexibler werden, wo es die Umstände verlangen, um die Anliegen von Seiten der Bauherrschaft zu erfüllen, gerade im Bereich des Strassen- und Gleisbaus. Es geht nicht darum, alles zu deregulieren, aber die Flexibilität käme nicht nur den Unternehmen, sondern auch den Angestellten zu Gute, die in der Planung der arbeitsfreien Tage mehr Freiheit hätten. Es wäre ein wichtiger Motivationsfaktor für die Baustellenteams.»

«Auch im Tessin wird es immer wichtiger, über genügend Flexibilität in der Gestaltung des Arbeitszeitkalenders zu verfügen», erklärt Mauro Galli, Präsident des Tessiner Baumeisterverbands. «Das ist unabdingbar, um den steigenden Anforderungen von anspruchsvollen Auftraggebern gerecht zu werden, aber auch um sehr komplexe Projekte zu realisieren, die oft durch externe Faktoren beeinflusst werden, wie beispielsweise das Wetter, der Strassen- oder Schienenverkehr oder technische Faktoren der Arbeitssicherheit oder bedingt durch die verschiedenen Bauphasen. Wichtig ist, dass alle Arbeiter für die tatsächlich geleisteten Stunden korrekt entlöhnt werden. Im Übrigen werden so unnötige bürokratische Hürden vermieden.»

«Genau aus diesem Grund ist das Ziel, die Gesamtarbeitsverträge zu vereinfachen, so enorm wichtig, auch um die Kontrollen durch die paritätischen Kommissionen auf die grundlegenden Elemente zu fokussieren, um das Einhalten von Regeln und damit einen fairen Wettbewerb unter einheimischen und ausländischen Unternehmen im Bauhauptgewerbe zu garantieren.» Zu den Löhnen meint Galli: «Im Vergleich zu anderen Branchen zahlen wir seit jeher sehr hohe Löhne. Auch angesichts der aufgrund der harten Konkurrenz sehr geringen Gewinnmargen für unsere Unternehmen möchten die Baumeister über die entsprechende Handlungsfreiheit verfügen, um ihre besten Mitarbeiter zu belohnen, anstatt weiterhin generelle Lohn- und Mindestlohnerhöhungen zu gewähren. Das wäre auch ein zusätzlicher Anreiz, um gegen den Fachkräftemangel zu kämpfen, sowohl beim Kader wie beim übrigen Baustellenpersonal.»

 

Schnee bringt Baupläne ab 600 Metern ins Wanken

Ueli Weber, Geschäftsführer der E. Weber AG und Präsident des Baumeisterverbands Kanton St. Gallen (BVKSG) wäre froh, wenn der LMV an sich übersichtlicher würde: «Der LMV mit all seinen Anhängen ist heute doppelt so dick wie vor 30 Jahren. Er sollte halbiert werden», erklärt er. Dies müsse eine langfristige Strategie sein losgelöst von den aktuellen LMV-Verhandlungen. Gerade kleine Betriebe hätten Mühe damit, den Überblick zu bewahren über all die LMV-Vorschriften.

Wenn Weber an das Thema Arbeitszeitflexibilisierung denkt, denkt er selbst im März noch an den Schnee. Dabei ist seine Baufirma nicht etwa hoch in den Bergen tätig, sondern rund ums Toggenburg. «Der Schnee bringt Baupläne auch bei uns in Gebieten ab 600 Metern ins Wanken. Das gilt insbesondere für den Strassenbau. Umso wichtiger wäre es aus seiner Sicht, die Arbeitsstunden einfacher über das Jahr verteilen zu können».

Für Weber ist es wichtig, Mitarbeiter gut und individuell entlöhnen zu können. Er denkt dabei auch an jene wertvollen Angestellten, die zum Beispiel wegen einer Beeinträchtigung oder besonderen Lebensumständen ein anderes Leistungspotenzial haben als ihre Arbeitskollegen. «Früher konnte man sie über Jahre hinweg für einen angemessenen Lohn anstellen, doch heute verteuert der LMV mit seinen Lohneinstufungen ihre Arbeit zu stark, wodurch Integrationsmöglichkeiten wegfallen», bedauert Weber.

 

 

Über den Autor

pic

Corine Fiechter

Mediensprecherin / Spezialistin Kommunikation

[email protected]

Artikel teilen