«Die Generation Z möchte in gut digitalisierten Betrieben arbeiten»

Yannick Blättler berät mit seinem Team von Neoviso Unternehmen zum Thema Generation Z. Im Interview verrät er, wie Bauunternehmen junge Fachkräfte von sich überzeugen können und wie die Lehrstellensuche 2.0 funktioniert.

 

Die Baubranche leidet unter einem Fachkräftemangel. Sind Bauberufe für die Generation Z attraktiv?

Die eigentlichen Bauberufe sind nach wie vor für die Generation Z spannend, weil sie eine gute Ausbildung mit handwerklichen Inhalten und vielversprechenden Zukunftsperspektive beinhalten. Was fehlt sind jedoch die Rahmenbedingungen: Die Führung ist ungenügend und es fehlt die Flexibilität. Genau das, was die Gen Z fordert und momentan auch fordern kann.

 

Was könnte sie besonders an Bauberufen stören?

Obwohl die Zukunftsperspektiven gut sind, kommt in der Schweiz bei handwerklichen Berufen oftmals die Anerkennung zu kurz. Das stellt einen wichtigen Faktor dar. Die Gen Z merkt natürlich, dass wir in der Schweiz leider zu oft die Erwartung haben, alle müssten studieren oder etwas im Büro machen. Das ist fatal. Wir brauchen sogar noch mehr Leute, die andere Wege wählen, gerade auch Bauberufe wählen.

Allerdings ist es auch so – und ich habe es bereits erwähnt – dass Führungspersonen, die die wichtigsten Bezugspersonen in der Ausbildung und später bei der Arbeit sind, einen besseren Job machen müssten. Wir merken in Fokusgruppen, dass die «Freude an den jungen Menschen» oft fehlt und man zu oft «Handlanger oder Handlangerin» anstatt ein volles Teammitglied ist. Das demotiviert und führt beispielsweise in der Ausbildung oft zu Abbrüchen.

 

Das Gegenteil: Was gefällt ihr?

Man weiss, dass man gefragt und körperlich aktiv ist. Man sieht ein Resultat am Ende des Tages und ist stolz darauf. Die Abwechslung in den Bauprojekten - wenn es möglich ist - gefällt den Jungen auch.

 

Handwerkliche Berufe sind bei der Wahl des Lehrberufes heute weniger gefragt. Liegt das an den Eltern oder an der Generation Z?

Leider oftmals auch an den Eltern. Wir spüren in unseren Untersuchen den Druck, dass man heute eigentlich studieren muss oder einen Beruf wählen, bei dem man im Büro arbeitet. Doch handwerkliche Berufe sind genauso wichtig und für viele der Generation Z sogar die bessere Lösung. Eine solide Ausbildung im Handwerk ist aktuell gefragter denn je und es gibt genügend zu tun. Wir müssen beginnen, das Image von Handwerksberufen zu verbessern und dies der nächsten Generation weiterzugeben.

 

Die Baubranche ist noch wenig digitalisiert – ein Nachteil bei der Rekrutierung von jungen Berufsanfängern?

Ja, auch die Generation Z weiss, dass heute vieles möglich ist und regt sich vor allem dann auf, wenn etwas nicht «effizient gelöst» ist. Dabei geht es nicht nur um die viel genannten Baupläne, sondern um vieles drum herum, das das Arbeitsleben, die Koordination und die Kommunikation vereinfacht.

Firmen, die einen starken Onlineauftritt haben und sich als fortschrittlichen Betrieb zeigen, erhöhen die Motivation, sich dort zu bewerben. Das Handwerk bleibt, das Digitale kommt – stärker als wir meinen.

 

Welches sind die Traumberufe der Generation Z und warum?

Da gibt es keine allgemeine Antwort. Es haben sich sicherlich viele neue Berufsbilder wie Content Creator, die eine Anziehung ausüben. Aber die Tätigkeit ist weniger wichtig als die Möglichkeit, flexibel arbeiten zu können und gute Perspektiven zu haben. Letzteres bezieht sich auf finanzielle Aspekte und die Chance zur Weiterentwicklung.

 

Wie wichtig ist die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit für die Generation Z?

Sehr wichtig. Sie sind natürlich bereit, die Ausbildung zu absolvieren, aber die Nachfrage nach 60 oder 80 Prozent-Pensen ist hoch. Entweder um eigene Projekte vorantreiben zu können oder für eine ausgewogene Work-Life-Balance. Diese fordern übrigens alle Generationen, aber die vorhergehenden waren bisher zu wenig konsequent.

 

Jede Generation ist anders – was unterscheidet die Generation Z von früheren Generationen?

Es ist die hyperconnected-Smartphone- und Social Media-Generation. Sie besteht nicht aus komplett neuen Menschen, sondern aus Personen, die in einem neuen gesellschaftlichen und technologischen Kontext aufgewachsen sind. Diesen Alltag nehmen sie als Selbstverständlichkeit in ihrem Leben mit.

 

Welche Themen interessieren sie besonders?

Auch hier gibt es, wie schon seit eh und je, keine allgemeine Antwort. Spannend sind sicher neue Themen wie die Umwelt und Nachhaltigkeit, die virtuelle Welt, eSports, Crypto & Blockchain, neue Technologien und natürlich das Reisen. Die Gen Z will und muss ja erst noch das Leben entdecken.

 

Was können Bauunternehmen tun, um für die Generation Z interessant zu werden?

Da gibt es eine grosse Liste, die man abarbeiten sollte, aber als Startpunkt empfehle ich folgendes: überprüfen Sie die gesamte Candidate Journey. Wo hat die Gen Z zum ersten Mal einen Kontaktpunkt? Wie modern und jung wirkt dieser Auftritt? Sehe ich sofort die Vorteile? Dies können spannende Projekte, tolle und motivierende Menschen sowie eine gute Ausrüstung und Werkzeug sein. Im besten Fall finden junge Leute auf Lehrstellensuche junge Testimonials auf der Webseite.

 

Die Generation Z ist eine Generation der Social Media – was bedeutet das für die Rekrutierung von Lernenden und jungen Berufsleuten?

Unternehmen sollten «Social First» denken: wie würde eine Kampagne oder eine Information als TikTok aussehen? Oder als Instagram Post? Danach leite ich auf die anderen Kanäle ab. Ich empfehle allgemein diese Kanäle als Unternehmen professionell zu betreiben und sich beraten zu lassen. Es gibt unglaublich viel Potenzial, um Aufmerksamkeit und Relevanz zu erzeugen.

 

Sind die Karrieremöglichkeiten auf dem Bau – mit einer Lehre kann man CEO werden – für die Generation Z interessant?

Absolut. Top 3 Auswahlkriterium an einem Job sind die Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten, welche laut der Gen Z auch stets die eigene Entwicklung beinhaltet: Wenn sie Karriere machen können und sich so selbstverwirklichen dürfen, gilt das stets auch als Weiterbildung. Da sind nicht nur die Seminare gemeint.

 

Die Baubranche zahlt die höchsten Handwerkerlöhne – ist das ein Pluspunkt für die Generation Z?

Absolut. Der Lohn ist zwar bei der arbeitenden Generation Z nur auf Platz 6, damit sie im Alltag Vollgas geben, aber für die Rekrutierung (Lehre oder Absolventen) ist der Lohn sehr zentral. Doch er ist nicht alles. Die bereits erwähnten Punkte bezüglich Abwechslung, Flexibilität und einer nahbaren Führung sind ebenfalls wichtig respektive Killerkriterien, die dafür sorgen, dass junge Leute ihre Lehre abbrechen.

 

Welchen Stellenwert nimmt die materielle Sicherheit für die Generation Z ein?

Klar, auch die Gen Z möchte sich ein tolles Leben aufbauen. Doch in einer Zeit, in der alles auch als Abo oder zur Miete verfügbar ist, verliert der Besitz seine Bedeutung. Ein Journalist hat nach einem langen Interview mit mir einmal den Titel: «Leben auf Abobasis» gewählt. Sehr passend.

 

Ihr persönlicher Tipp für Bauunternehmen.

Bildet euer Führungspersonal weiter, optimiert euer Employer Branding, geht auf Social Media und investiert in digitale Bauprozesse und Geschäftsmodelle.

Kurze Informationen zu Yannick Blättler

Yannick Blättler ist Gründer und Inhaber der auf die Gen Z spezialisierte NEOVISO AG. Sie untersuchen mit eigenen Studien in verschiedenen Industrien regelmässig die 14-25 Jährigen der Schweiz. Dazu beraten sie KMU und Grosskonzerne im Umgang mit dieser jungen Zielgruppe und produzieren Content für Social Media.  

 Yannick hält einen Bachelorabschluss der Universität Zürich und einen Masterabschluss in Business Innovation der Universität St. Gallen, ist neben seinem 28-köpfigen Team auch Verwaltungsrat der Chrampfcheibe AG und ist Co-Founder der schweizweiten Studierendenvereins NEO Network. Er steht für Themen wie Marketing, Leadership oder HR nicht nur regelmässig auf der Bühne, sondern auch hinter dem Mikrofon für seinen eigenen Podcast. 

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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