Die höchste Baustelle Europas

Temperaturen bis -30 Grad Celsius, Platzmangel und Arbeitsprozesse, die täglich ändern: Warum auf Baustellen im Hochgebirge andere Bedingungen als auf dem Boden herrschen, zeigt das Projekt Matterhorn Alpine Crossing der Zermatt Bergbahnen.

Temperaturen bis -30 Grad Celsius, Platzmangel und Arbeitsprozesse, die täglich ändern: Warum auf Baustellen im Hochgebirge andere Bedingungen als auf dem Boden herrschen, zeigt das Projekt Matterhorn Alpine Crossing der Zermatt Bergbahnen.

Am 1. Juli geht der Matterhorn Glacier Ride II in Betrieb. Die neue 3S-Bahn verbindet die Bergstation Klein Matterhorn (3883 m ü. M.) mit der Talstation Testa Grigia (3458 m ü. M.) in Italien und ermöglicht damit den höchstgelegenen Grenzübergang der Alpen per Seilbahn – das Matterhorn Alpine Crossing. «Eine lang gehegte Vision wird Realität. Die durchgehende, ganzjährige Verbindung zwischen Zermatt und Cervinia ist ein Generationentraum, der seit mehr als 80 Jahren angestrebt wird», sagt Marc Lagger von den Zermatt Bergbahnen, den Auftraggebern des Bauprojektes. «Wir versprechen uns davon eine weitere Aufwertung unseres Skigebiets und des Ausflugtourismus auf den Peak Matterhorn Glacier Paradise.»

Seit Beginn des Projekts dabei ist die Firma Gasser Felstechnik AG, zuständig für den Plattformbau der Materialseilbahn, die verankerte Netzabdeckung für die Sicherheit sowie den Felsbau am Gipfel. «Die extreme Höhe und die grossen Klimaunterschiede machen die spektakuläre Baustelle auf dem Klein Matterhorn zu einer grossen Herausforderung», sagt Robert Haas, Leiter Felssicherung, «Temperaturschwankungen von Plus auf Minus innerhalb Stundenfrist sind keine Seltenheit.» Der zuständige Polier muss deshalb vor jedem Arbeitsbeginn die Situation neu beurteilen. «Kälte und Schnee, in Kombination mit Wind, zwangen uns mehrmals dazu, die Arbeiten an manchen Tagen ganz einzustellen.»

Minutiöse Planung bei der Logistik

Auf Gebirgsbaustellen herrscht meistens Platzmangel, deshalb ist die Arbeitsvorbereitung und Baulogistik enorm wichtig. Haas: «Installationen und Materialeinsatz müssen minutiös geplant werden, denn es erschliesst ja keine Strasse den Bauplatz.» Als Transportmittel dienen Helikopter oder Materialseilbahn, das Baumaterial wird just in time angeliefert und sofort verbaut. Ein weiterer kritischer Punkt sind die Baumaschinen. «Sie haben in solchen Höhen aufgrund der dünnen Luft – genau wie der Mensch – nur eine verminderte Leistungsfähigkeit», erklärt Robert Haas.

Die Arbeitssicherheit ist ein weiterer, wichtiger Aspekt auf Hochgebirgsbaustelle. Gefragt sind Topspezialisten mit viel Erfahrung und Fachwissen sowie einer tadellosen Arbeitsvorbereitung, die bei der schwierigen Geländetopografie und den extremen Wetterverhältnissen unfallfrei arbeiten können. «Sicherheitsbewusstsein und Sozialkompetenz sind wichtig wie ein hohes Schulungsniveau», sagt Haas.

Welches waren aus Sicht der Zermatter Bergbahnen die grössten Herausforderungen? Marc Lagger: «Es gab viele. Das Matterhorn Alpine Crossing ist die komplette Reise von Zermatt nach Cervinia per Seilbahn und beschränkt sich daher nicht nur auf den Bau der letzten 3S-Bahn (Matterhorn Glacier Ride II). 2018 wurde bereits die erste 3S-Bahn (Matterhorn Glacier Ride I) von Trockener Steg zur Bergstation Klein Matterhorn eröffnet.» Die Bedingungen für diese beiden Bahnen seien für die Bauarbeiter sehr herausfordernd gewesen. «Auf knapp 4000 Meter über Meer herrschen andere Bedingungen als im Dorf unten.»

 

Autor: Werner Schüepp

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Schweizerischer Baumeisterverband

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