Die Zinswende in der Schweiz ist eingeläutet

Der Schweizer Leitzins steigt am 17. Juni von -0.75% auf -0.25% aufgrund der Inflation. Weitere Zinsschritte sind 2022 möglich. Die Bautätigkeit wird deswegen nicht abrupt einbrechen, aber langsamer wachsen. Ein Zinsanstieg um 1.00% reduziert die Bauausgaben gemäss SBV-Schätzung total um 1.6% über einen Zeitraum von sechs Jahren. Andere Faktoren hingegen stützen die Bauausgaben.  

 

Die Inflation ist stärker und breiter verankert als ursprünglich gedacht. Die USA haben am 15. Juni ihre Leitzinsen von 1.00% auf 1.75% angehoben, stärker als erwartet. Die Eurozone hat bereits angekündigt, ihre Geldpolitik ab September zu straffen. Die Schweizerische Nationalbank hat heute bekannt gegeben: sie hebt den Leitzins in der Schweiz am 17. Juni von  -0.75% auf -0.25% an.

 

Zinswende eingeleitet 

Der Schweizerische Baumeisterverband sowie die meisten anderen Experten haben diesen Zinsanstieg erst für das 4. Quartal 2022 erwartet. Gemäss ihrer jüngsten Prognose rechnet die Schweizerische Nationalbank für das laufende Jahr mit einer Inflation von 2.8%, die Prognose von März ging noch von 2.1% aus. Die aktuelle Preisdynamik ist hoch, auch mittelfristig könnte die Teuerung erhöht bleiben, so dass weitere Zinsschritte im 2022 möglich sind. Bereits dieses Jahr könnte ein neutraler oder niedriger positiver Zins erreicht werden.

 

Bauausgaben dürften langsamer wachsen 

Der SBV hat im März dieses Jahres eine Schätzung durchgeführt. Ein Zinsanstieg lässt die Bautätigkeit nicht sofort einbrechen. Aber die Bautätigkeit wird langsamer wachsen, vielleicht leicht rückläufig sein. Vor diesem Zinsanstieg rechnete der SBV mit einem Umsatzwachstum von 2.1% im 2022 gegenüber dem Vorjahr. Dieses Wachstum wird sich nun abschwächen.

Wenn die Zinsen um 1% steigen, so sinken die Bauausgaben total um 1.6% über die Dauer von sechs Jahren. Die Bauausgaben umfassen neben dem Bauhauptgewerbe auch die Planung und das Ausbaugewerbe.

Allerdings muss man berücksichtigen, dass andere Faktoren die Bauausgaben stützen: Die Bevölkerung wächst, der Bedarf an Mobilität ist hoch, die Klimaziele erfordern Sanierungen und Ersatzneubauten. Alle diese Faktoren dämpfen den Effekt des Zinsanstiegs.

 

Private Bauprojekte eher betroffen 

Die Bauausgaben von privaten Bauherren dürften etwas stärker betroffen sein als von öffentlichen Bauherren. Bauprojekte wurden in den vergangenen Monaten bereits teurer, weil die Preise für Baumaterial gestiegen sind. Der Zinsanstieg bedeutet, dass nun zusätzlich die Kosten für die Finanzierung von Bauprojekten steigen. Wir gehen nicht von einer breiten Sistierung der bereits beauftragten Bauprojekte aus. Die Vergabe von neuen Aufträgen wird sich jedoch vermutlich etwas abkühlen. Private Investoren dürften sich zurückhaltender zeigen beim Bau von Mehrfamilienhäusern und gewerblichen Immobilien. Mit dem Zinsanstieg werden Anleihen für Finanzinvestoren attraktiver, Aktien widerfahren jedoch Turbulenzen. Immobilien bleiben damit eine attraktive Geldanlage.

 

Weitere Informationen: Artikel vom März 2022

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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