Ein BVG-Mittelweg, um den Generationenvertrag zu retten

Gian-Luca Lardi, Zentralpräsident des SBV, liegt der Generationenvertrag, auf dem unsere Berufliche Vorsorge fusst, sehr am Herzen. Um das Gleichgewicht zwischen den Generationen neu zu justieren, schlägt er den BVG-Mittelweg als Lösung vor. 

Ob alte oder junge Generation, sie alle brauchen einander. Gerade wir, die Baubranche, kennen uns sehr gut mit generationenübergreifenden Projekten aus. Strassen, Tunnels und Brücken werden für Dekaden, wenn nicht Jahrhunderte gebaut. Es kommt nicht selten vor, dass in dem Haus, in dem die eigenen Eltern aufgewachsen sind, auch die eigenen Kinder geboren werden.

Die älteren Generationen haben die Schweiz aufgebaut, dazu gehören auch die Wirtschaft und ihr Vorsorgesystem. Die jüngeren Generationen pflegen und entwickeln die Schweiz weiter und ermöglichen damit Rentnern einen würdigen dritten Lebensabschnitt. Dieses Prinzip hat in unserem Vorsorgesystem zu einem Generationenvertrag geführt: ein Gleichgewicht, aufgebaut auf dem intergenerationellen Vertrauen.

Dieses Vertrauen entsteht aber nicht im luftleeren Raum, sondern muss in Zeiten von demographischen, wirtschaftlichen und finanziellen Veränderungen erneuert werden. Verhältnismässigkeit und Pragmatismus, zwei urschweizerische Prinzipien, müssen walten. Wohngebäude und Wirtschaftsbauten streben nicht in unendliche Höhen. Stattdessen werden sie nur so hoch gebaut, wie es den Bedürfnissen der Bevölkerung und der Wirtschaft entspricht.

Auch die Renten und die zu ihrer Finanzierung notwendigen Lohnabgaben dürfen keine himmelschreienden Höhen erreichen. Die demographische Entwicklung hat sich über die letzten Jahrzehnte so geändert, dass die Generationen ein neues Gleichgewicht miteinander finden müssen. In der Altersvorsorge sind Einnahmen und Ausgaben dermassen aus dem Ruder gelaufen, dass der Generationenvertrag gefährdet ist.

In der zweiten Säule, der Beruflichen Vorsorge, kommen zu viele Rentner auf zu wenig Einzahlende: Um die gesetzlich zugesicherten Renten zu finanzieren, muss bereits heute die Verzinsung des Sparkapitals der jungen Generationen herhalten. Es setzt eine massive Umverteilung von jung zu alt ein, die in der beruflichen Vorsorge systemfremd ist. Die Grössenordnung: in nur drei Jahren könnte man mit diesem Kapital die gesamten Kosten der beiden NEAT-Alpentransversalen, unser Jahrhundertprojekt, bezahlen. Diese Umverteilung von Jung zu Alt war nie vorgesehen; das wollten auch die älteren Generationen nicht, als sie die Berufliche Vorsorge ins Leben riefen. Ohne Gegensteuer wird die Belastung für die jüngeren Generationen so gross, dass mittelfristig die zweite Säule einzustürzen droht.  Der Reformvorschlag des Bundesrats untergräbt den Generationenvertrag weiter, denn er weitet die Umverteilung dauerhaft aus.

Als Baumeister kennen wir uns mit dem Aufbau und dem Abriss recht gut aus. Aber auch Sanierung und Umbau sind uns nicht fremd. Vor allem liegt uns unsere Jugend am Herzen. Zusammen mit anderen Verbänden haben wir deshalb einen Mittelweg vorgespurt, einen Reformvorschlag für die Berufliche Vorsorge. Dieser Mittelweg stellt ein neues Gleichgewicht zwischen den Generationen her, weil er u.a. auf einen Rentenausbau mit der Giesskanne verzichtet.

Er senkt den Umwandlungssatz von 6.8% auf 6.0%, um die Umverteilung von Jung zu Alt zu reduzieren, ohne die Renten zu stark zu senken. Er kompensiert die Übergangsgeneration mit den vorhandenen Rückstellungen der Pensionskassen, um die Mehrbelastung für die Jüngeren in Grenzen zu halten. Er balanciert den Sparprozess neu aus: man beginnt neu im Alter von 20 Jahren zu sparen. Dafür können die Sparbeiträge der älteren, arbeitenden Generationen reduziert werden. Die tieferen Lohnnebenkosten in diesem Altersfenster begünstigen somit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt der Über-55-Jährigen.

Der Mittelweg ist Sauerstoff für die Erneuerung des Generationenvertrags in der zweiten Säule.

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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