«Ein gutes Produkt muss rezykliert werden können»

Für eine effiziente Kreislaufwirtschaft müssen die Emissionen der Wiederverwertung eines Produkts berücksichtigt werden. Dabei spielen nicht nur die Qualitätsanforderungen dieses Produkts eine wichtige Rolle, sondern auch dessen spätere Wiederaufnahme in den Kreislauf, um den Materialkreis zu schliessen.

 

In der letzten Eiszeit haben unsere Gletscher riesige Felsmassen von den Bergspitzen bis in die Täler getragen. Dieses lokale, natürliche und nachhaltige Gestein dient der Baubranche als Rohstoff. Aktuell werden in der Schweiz pro Jahr rund 30 Millionen Kubikmeter Kies (umgerechnet rund 55 Millionen Tonnen) abgebaut.

Während einige Bauten Jahrhunderte überdauert haben, wurden andere aufgegeben und die Materialien anderweitig wiederverwendet. Das Prinzip der Kreislaufwirtschaft geht also bis ins Mittelalter zurück. Damit ist das Thema unserer Branche daher alles andere als fremd. In den 1990er Jahren hat die Bauwirtschaft damit begonnen, in Rezyklieranlagen zu investieren, und schon 2008 hielt das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in seinem Abfallwirtschaftsbericht fest, dass mehr als 80% der Bauabfälle im Materialkreislauf bleiben.

Um unseren ökologischen Fussabdruck zu reduzieren, ist es wichtig, die Materialien des Kreislaufs zu nützen, denn das grosse Gewicht von Gestein und Erdreich spielt beim Transport eine grosse Rolle. So werden mit jedem zusätzlichen Transportkilometer bis zur Baustelle rund 4000 Tonnen CO2 zusätzlich ausgestossen.

Den globalen ökologischen Fussabdruck betrachten

Daher müssen wir unsere Recyclingquote weiter erhöhen, auch wenn sie im Vergleich zu anderen Branchen bereits heute Rekordwerte erreicht. Doch das Recycling alleine reicht nicht, denn es gilt, den ökologischen Fussabdruck auf globaler Ebene zu betrachten. Für Daniel Kästli vom Fachverband der Schweizerischen Kies- und Betonindustrie (FSKB), ist «ein rezykliertes Produkt nicht automatisch gut, sondern es muss rezykliert werden können. Dabei müssen die Emissionen berücksichtigt werden, die beim Recycling eines Produkts anfallen, aber auch die Qualitätsanforderungen und die Eignung, es später wieder in den Materialkreislauf aufzunehmen.»

Es geht darum, Kreisläufe zu schliessen und die Materialien aufzubereiten und wiederzuverwenden. Dies bedarf einer guten Abfalltrennung auf der Baustelle sowie einer Aufbereitung, um allfällige schädliche Stoffe zu entfernen, bevor die Abfälle wieder in den Kreislauf aufgenommen werden. Gleichzeitig muss auch die Effizienz verbessert und weniger nicht-erneuerbares Material verwendet werden, um den Anteil des Abfalls, der in Deponien landet, so klein wie möglich zu halten.

Innovation unterstützt Kreislaufwirtschaft

Die Innovation unterstützt die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft in der Baubranche und das nachhaltige Bauen ganz generell. Und die Schweiz nimmt dabei oftmals eine Pionierrolle ein. So möchten einige Länder Europas beispielsweise das Mehrmuldenkonzept übernehmen, das auf den hiesigen Baustellen bereits in den 1990er Jahren durch den SBV und den arv Baustoff Recycling Schweiz eingeführt wurde. Zudem wird das die neue Version 4.0 der ARVIS-Software am 25. Mai mit dem europäischen Innovationspreis für Baustoffrecycling ausgezeichnet. Die Software, die seit 2006 auf dem Markt ist, schafft Transparenz und ermöglicht die Rückverfolgbarkeit von Stoffen, um herauszufinden, ob zwei Materialien kompatibel sind, inklusive Recycling der Reststoffe.

Der Beton als CO2-Speicher

Zudem wurde ein Recyclingbeton entwickelt, mit dem nicht nur die bestehenden Ressourcen aufgewertet werden können, sondern auch CO2 aus der Luft gespeichert wird. Das vom ETH Spin-Off neustark und der Firma Kästli entwickelte Verfahren entzieht der Atmosphäre CO2, schliesst es im Beton ein und senkt so die Emissionen bei der Herstellung von Frischbeton. Pro Kubikmeter können rund 10 kg CO2 gespeichert werden. Dank Mineralisierung wird das Kohlendioxid dauerhaft gespeichert und gelangt nie wieder in die Atmosphäre. Dieser Recyclingbeton erfüllt alle Qualitätsanforderungen und lässt sich in bestehende Bauprozesse integrieren.  Obschon er noch nicht in grossen Mengen hergestellt wird, kann er bereits auf der Baustelle eingesetzt werden.

Bauwerke mit einem Recyclingbeton-Anteil von bis zu 97%

Heute beträgt der Anteil an Recycling-Beton in Neubauten nur gerade 20%, denn die Bauherren sind weiterhin zögerlich. Und dies, obwohl die Baubranche bereits mehr als 70% der Abfälle aus Aushub und Rückbau rezykliert. Dies führt zu einer Ansammlung von Abfällen in den Recycling-Anlagen. Die Menge an Recycling-Granulat entspricht heute bereits dem Volumen des Matterhorns, wobei ein Teil in die umliegenden Nachbarländer exportiert wird.

Die öffentlichen Bauherren können die Kreislaufwirtschaft vorantreiben und die lokalen Rohstoffe fördern, indem sie in ihren Ausschreibungen den Einsatz von Recycling-Materialien verlangen. Die technischen Eigenschaften von Recycling-Beton sind wissenschaftlich belegt, und bereits heute wurde in rund 1’700 Gebäuden in der Schweiz mindestens 50% Recycling-Beton verwendet. Verschiedene Gebäude wurden sogar fast ausschliesslich aus Recycling-Beton gebaut, wie beispielsweise die Schule Leutschenbach (95%) oder das Limmattal-Spital (97%).

Über den Autor

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Corine Fiechter

Mediensprecherin / Spezialistin Kommunikation

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