Erfolgsfaktor Höhere Fachprüfung

Im Interview erläutert die Bildungssystemexpertin Ursula Renold, Professorin an der ETH Zürich, dass die Höheren Fachprüfungen bedeutend sind für Unternehmen, den Arbeitsmarkt und das Bildungssystem. Wichtig bei deren Umsetzung ist, dass alle Akteure an einem Strick ziehen. 

 

 

Sie beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit der Berufsbildung. Wie beurteilen Sie das System in der Schweiz?  Unser Berufsbildungssystem ist dank einer kontinuierlicher Reformbereitschaft gut aufgestellt. Ein wichtiger Grund ist die gute Verknüpfung der Akteure des Bildungs- und Beschäftigungssystems. Zudem zeichnet es sich durch eine Vielzahl an Auf- und Umsteigemöglichkeiten aus. Diese beiden Faktoren führen dazu, dass Ausbildungen den Bedürfnissen der Arbeitnehmenden und Arbeitgebenden entsprechen.     

 

Wie beurteilen Sie die Berufsprüfungen (z.B. Baupolier) und Höheren Fachprüfungen (z.B. Baumeister)? Welche Rolle übernimmt dabei der Verband, in diesem Fall der SBV?  Verbände spielen in der schweizerischen Berufsbildung eine wichtige Rolle. Sie geben den Takt bei den Bildungsreformen an und bestimmen weitestgehend den Inhalt der Bildung. In vielen anderen Ländern fehlt es an solchen Verbänden, die sich um die Nachwuchsförderung kümmern.     

 

Das Bauhauptgewerbe hat sich entschieden, die Funktion Bauführer/in neu im Rahmen einer höheren Fachprüfung anzubieten. Welches Potenzial sehen Sie in diesem Systemwechsel?  Höhere Fachprüfungen stellen den höchsten eidgenössisch anerkannten Abschluss in der Branche dar und ermöglichen Mobilität im gesamten Arbeitsmarkt. Damit kann noch besser als bei den Höheren Fachschulabschlüssen sichergestellt werden, dass die Bildung auf die Bedürfnisse der Unternehmen ausgerichtet ist.   

 

Welche Herausforderungen nehmen Sie wahr?  Die Revision einer Ausbildung ist immer mit grossen Veränderungen verbunden. Um eine Bildungsrevision erfolgreich umzusetzen, reicht es nicht, einen Bildungsplan zu schreiben. Erst die Umsetzungsaktivitäten von allen Beteiligten und die Koordination untereinander hauchen der Revision Leben ein. Folglich müssen alle Akteure an einem Strick ziehen und die Rollen müssen klar verteilt werden.   

 

Welche Unterstützung können Sie und Ihr Team dabei bieten?  Um diesen Transformationsprozess wissenschaftlich zu begleiten, ist ein Panoramablickwinkel notwendig. Dadurch können auftretende Hindernisse und Stolpersteine des Systemwechsels frühzeitig erkannt und einer Lösung zugeführt werden.   

Ursula Renold

Prof. Dr. Ursula Renold war Direktorin des Bundesamtes für Berufsbildung und Technologie (heutiges SBFI). Seit über 10 Jahren untersucht sie an der ETH Zürich die Bildungssysteme weltweit. Sie und ihr Team liefern national und international zentrale Befunde für die Forschung und die Praxis. Das Swiss Education Lab spezialisiert sich auf die Untersuchung des schweizerischen Bildungssystems und begleitet den SBV und die Branche beim Systemwechsel vom Beruf Bauführer/in an der Höheren Fachschule zur Höheren Fachprüfung: Erste Resultate dieser Kooperation erscheinen im Mai und beinhalten wertvolle Grundlagen zur Arbeits- und Bildungsmobilität von Absolventinnen und Absolventen des Lehrgangs Bauführung. Weitere Informationen hier.

Über den Autor

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Curdin Pfister

Projektleiter Berufsbildung

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