«Es braucht einen neuen Beruf auf dem Bau» Freitag, 23.8.2024 | 06:00 ... Schweizerischer Baumeisterverband Bildung Bauberufe «Es braucht einen neuen Beruf auf dem Bau» Die Bischoff Bau AG aus Hittnau ZH setzt auf digitalisierte Bauprozesse. Andreas Lee, geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens, erläutert, wie das möglich ist. Viele behaupten, die Digitalisierung im Bau sei nur für grössere Unternehmen möglich, weil die Vorteile erst bei grösseren Projekten zum Tragen kommen. Bischoff Bau ist ein kleineres Bauunternehmen, baut aber voll digital. Weshalb und wie ist das möglich? Wenn sie einen hervorragenden Prozess richtig digitalisieren, kann dieser angepasst auf die Anwendung skaliert werden. Damit profitieren kleinere Bauprojekte genauso vom digitalen Prozess wie die grösseren. Wir betreiben Unternehmertum. Das heisst für uns, dass wir unter anderem mutig sein wollen und auch dort investieren, wo der Erfolg nicht mit Sicherheit garantiert ist. Deshalb haben wir schon sehr früh, bereits vor zwölf Jahren, unsere ersten Prozesse digitalisiert. Inzwischen sehen wir, dass es sich lohnt. Deshalb bleiben wir dran. Möglich ist dies dank einem Team, das sich konsequent am Fortschritt und an der möglichen Verbesserung orientiert. Unser Team besteht aus Menschen, die selbst bei zwischenzeitlichen Niederlagen die Freude an ihrer Arbeit behalten. Unser Fokus liegt dabei grundsätzlich auf den grossartigen Zukunftsaussichten für die digitale Zusammenarbeit am Bau. Wie haben Sie es geschafft, dass die Mitarbeitenden bei der Digitalisierung mitzogen? Es ist wie bei einem Wald. Ein Wald ist stark vernetzt und hat gewisse Parallelen zu einer digitalisierten Unternehmung. Ein gesunder Wald braucht Zeit zum Wachsen. Er besteht aus verschiedenen Arten von Bäumen, die sehr unterschiedlich sind. Der Wald braucht Pflege und es muss auch mal ein Baum weichen. So entsteht über lange Zeit ein stark vernetztes funktionierendes System. Eine digitale Arbeitsweise zu implementieren braucht Zeit. Denn es ist eine Frage des Wachstums. Die unterschiedlichsten Menschen können gerade wegen ihrer Unterschiedlichkeit starke Teams bilden, welche den Transformationsprozess voranbringen. Man muss individuell an die Mitarbeitenden herantreten, und ich verhehle es nicht: nicht alle sind dabeigeblieben. Aber wir sind heute an einem Punkt an dem wir #bischoffbauer von der Vernetzung und der neuen Art der Zusammenarbeit immer mehr profitieren können. Wie ist es mit den Kosten – die Anschaffung von Planhäusern, etwa, ist nicht gratis. Rechnet sich die Digitalisierung? Die Kosten sind hoch und unsere Checkboxen - wie wir die Planhäuser ohne Pläne bei uns nennen -sind nur ein kleiner Teil der Investitionen im Bereich Digitalisierung. Wir sind dennoch der Überzeugung, dass sich Digitalisierung rechnet. Allerdings ist es aktuell noch schwierig, dies mit einzelnen Zahlen detailliert zu belegen. Aber wir können unsere sehr gezielt vorgenommenen Investitionen amortisieren. Wie in anderen Bereichen auch ist es bei der Digitalisierung zentral, strategisch einen Plan zu haben, wie man die Unternehmung in die digitale Zukunft führen möchte. Dabei sollte man sich vom digitalen Überangebot nicht blenden lassen. Sonst wird sich die Transformation wahrscheinlich nicht rechnen. Ist es für das Unternehmen bei der Rekrutierung ein Vorteil, dass Bischoff Bau auf die modernsten Technologien setzt? Wenn jemand nur darum zu uns kommen sollte, weil es ihm gefällt, auf der Baustelle einen Laptop zu haben, dann ist die Gefahr gross, dass es nicht funktioniert. Wie es nicht funktioniert, wenn ein Mitarbeitender nur wegen dem Lohn bei einem Betrieb einsteigt. Alle Punkte müssen für den oder die Mitarbeitende schliesslich stimmen. Wir brauchen Leute, die anpacken. Bei uns im Zürcher Oberland gibt es glücklicherweise viele Handwerker, das ist ein Vorteil. Wir brauchen nicht in erster Linie Menschen, die eine Leidenschaft für Technologie haben. Vielmehr brauchen wir Handwerker, die gerne in einem Team zusammenarbeiten. Wir wecken in ihnen dann die Leidenschaft für einen sinnvollen Technologieeinsatz, immer in Verbindung und als Unterstützung für das Handwerk. A propos Rekrutierung: Braucht es angesichts der Digitalisierung einen neuen Beruf auf dem Bau? Ja, den braucht es unbedingt. Die Digitalisierung bewirkt Veränderungen, die so noch nie in der Bauwirtschaft stattgefunden haben. Ich denke, so wie wir heute bezüglich der vorhandenen Bauberufe aufgestellt sind, können wir die sich bietenden Chancen nicht nutzen und nehmen unnötig Risiken in Kauf. Beim Bau-Hauptprozess, also bei der Auftragsgewinnung, der Arbeitsvorbereitung, der Ausführung und der Abrechnung, zeichnen sich grosse Veränderungen ab und denen müssen wir angemessen begegnen. Das gelingt nur, wenn wir neue Leute in unsere Branche bringen. Die immer breiter werdenden Aufgaben müssen geordnet und auf Stellen verteilt werden, die von entsprechend ausgebildeten Personen besetzt sind. Machen sie diese organisatorischen Überlegungen in einer Unternehmung, die bereits wichtige Prozesse digitalisiert hat, werden sie feststellen, dass die heute vorhandenen Berufsbilder den Anforderungen nicht entsprechen. Wir brauchen Leute, die die Baustellenteams so unterstützen, dass diese sich auf ihre Stärken in der Ausführung konzentrieren können. Diese Leute bringen wir nur über einen neuen Bauberuf zu uns in die Unternehmungen. Die Digitalisierung bewirkt Veränderungen, die so noch nie in der Bauwirtschaft stattgefunden haben. Welche Kompetenzen wird der Maurer in zehn Jahren benötigen?Ich beantworte die Frage mit Fokus auf den Hochbau. Die Wichtigkeit gewisser Sozialkompetenzen dürfte dannzumal stark zugenommen haben. Zum Beispiel das Arbeiten in einem Team, sich da aktiv einzubringen und Verbesserungsprozesse mit konkreten Angaben und Einschätzungen zu unterstützen. Methodisch sollte der Maurer dann ein Smartphone, ein Tablet und einen Computer mit baustellenspezifischen Applikationen bedienen können. Dabei müssen einige ICT-Sicherheitsstandards berücksichtigt werden können.Diese Kompetenzen wird er brauchen, weil Verbesserungsprozesse in Zukunft noch eine grössere Rolle als heute spielen werden. Papierpläne werden vor allem bei Neubauprojekten der Vergangenheit angehören. Somit muss der Maurer der Zukunft imstande sein Ausführungsparameter aus entsprechend vorhandenen Ausführungsmodellen abzugreifen. Gebaut wird heute sehr fragmentiert. Sie legen grossen Wert darauf, den/die BauführerIn mit dem/der BauplanerIn zusammenzubringen. Weshalb und was sind die Vorteile davon?Etwas zu fragmentieren kann helfen, komplexe Sachverhalte zu verstehen. Wenn man die Fragmente aber einzeln betrachtet, sind sie weder langfristig interessant noch bringen sie den grösstmöglichen Nutzen.Die Digitalisierung bringt Gewinn durch Vernetzung und damit eine ganzheitliche Betrachtung von Planung, Umsetzung, Bewirtschaftung und dem Rückbau. Interessanterweise kann dies für die Methoden bei der Planung aber auch bei der Zusammenarbeit zwischen Menschen bei der Umsetzung so gesehen werden.Der Vorteil ist, dass wir so den grösstmöglichen Nutzen für unsere Kunden erzielen können. Da die Digitalisierung es ermöglicht, dass nicht mehr alles fragmentiert werden muss, nutzen wir diese Chance, wann immer wir die Gelegenheit erhalten. Wichtig ist für uns, bereits in einer frühen Phase bei Bauprojekten einbezogen zu werden, dies unabhängig vom Vertragsmodell. Ganz im Sinne unserer internen Unternehmensvision: «Zusammenarbeit auf dem Bau neu definiert»! Andreas Lee ist geschäftsführender Gesellschafter der Bischoff Bau AG und im Vorstand des Baumeisterverbandes Zürcher Oberland BVZO. Über den Autor Susanna Vanek Redaktorin [email protected] Artikel teilen
Montag, 16.9.2024 Baumeister 5.0 | Bildung | Digitalisierung | News BauTechTalk: Die Zukunft des Bauwesens mit Künstlicher Intelligenz (KI) – Ein Gespräch mit Florian Schalko BauTechTalk: Die Zukunft des Bauwesens mit Künstlicher Intelligenz (KI) – Ein Gespräch mit Florian Schalko In der 5. Folge vom BauTechTalk Podcast...
Freitag, 13.9.2024 Bauberufe | News «Die Vielseitigkeit macht meine Arbeit aus» Der Schweizer Maurermeister im Interview