Frauen auf dem Bau – immer noch ein zu seltenes Bild?

Frauen auf dem Bau – Im Interview erzählen die beiden Bau-Profis Ramona Johann und Saskia Aegerter, wie sie mit Vorurteilen und Herausforderungen umgehen.

Was sind deine Aufgaben?

Ramona: 2015 haben mein Mann und ich das Geschäft meines Grossvaters übernommen. Ich bin Geschäftsführerin und Bauführerin, für das Personal, die Kalkulation, den Einkauf und sämtliche organisatorischen Aufgaben verantwortlich. Ich mache eigentlich alles. Auch draussen auf der Baustelle arbeite ich manchmal aktiv mit.

Saskia: Ich habe letztes Jahr meine Strassenbauer-Ausbildung abgeschlossen und bin heute Gruppenführerin, Werkstattchefin und im technischen Support tätig. Unser Team saniert Strassenoberflächen, Belagsrisse, Schächte oder Randabschlüsse. Ich leite den Werkhof, das Lager und das Bestellwesen.

Welche Herausforderungen gilt es als Frau auf dem Bau zu meistern?

Ramona: Es gab vor allem während der ersten Lehre schwierige Momente, inmitten einer Horde Jungs. Zudem hatte ich es im Betrieb nicht leicht als junge Frau. Jetzt ist die grosse Herausforderung natürlich, ein Geschäft zu führen und sämtliche Risiken selber zu tragen. Und auch heute noch treffe ich ab und zu auf Kunden, die sich über technische Dinge nur mit meinem Mann unterhalten wollen. Ich nehme aber alle Herausforderungen an und arbeite gerne mit Männern zusammen.

Saskia: Ich war eigentlich schon immer eher mit Männern unterwegs als mit Frauen. Trotzdem musste ich in meinem Lehrbetrieb lernen, mich durchzusetzen und mir nicht alles gefallen zu lassen. Und auch an der Berufsfachschule war es nicht immer einfach als eine der wenigen Frauen unter so vielen jungen Typen. Zum Glück hatte ich eine super Klasse und auch Lehrer, besonders die in den überbetrieblichen Kursen sind toll und machen keinen Unterschied, ob man ein Mann oder eine Frau ist.

Gibt es Bereiche, in denen du besser bist als jeder Mann?

Ramona: Ich glaube, mein Führungsstil ist besser oder einfach komplett anders als der Führungsstil eines Mannes. Man sagt, Frauen haben eine höhere Sozialkompetenz. Ich schaue immer genau hin und sehe auch den Menschen hinter dem Angestellten. Ich achte darauf, dass ich mit allen einen Umgang auf Augenhöhe pflege.

Saskia: Im Auto putzen! Das kann ich sehr gut. Ich habe grundsätzlich gerne Ordnung und wenn unser Werkhof aufgeräumt und alles geputzt werden muss, packe ich selber mit an.

Welchen Tipp würdest du einer angehenden Berufskollegin geben?

Ramona: Frauen auf dem Bau brauchen ein dickes Fell. Als Frau muss man immer ein bisschen mehr leisten, für die gleiche Anerkennung, die ein Mann in derselben Position erhält. Man hat aber auch gute Chancen weiterzukommen und bekommt die Möglichkeit, einen wirklich spannenden Job zu machen.

Saskia: Ich rate ihr, an sich selber zu glauben und nie zu zweifeln. Egal, welche Schwierigkeiten auf sie zukommen, sie soll die Lehre durchziehen. Mann bzw. Frau kann es schaffen!

Text: B. Magazin

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Schweizerischer Baumeisterverband

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