Gegen jeden Widerstand

Quereinsteiger Bakthyar Stanizkai bei der Imthurn AG

Vor den Taliban aus Afghanistan geflüchtet, arbeitet Bakthyar Stanizkai mit grosser Motivation auf eine erfolgreiche Laufbahn im Baugewerbe hin. Seine Geschichte zeigt, wie man entgegen aller Widerstände Erfolg haben kann und im Beruf zum Glück findet.

 

Die Bauarbeiter der Imthurn AG verlegen zurzeit über fünf Kilometer neue Leitungen für das Elektrizitätswerk Schaffhausen. Anschliessend sanieren sie einen drei Kilometer langen Strassenabschnitt. Das heisst: 10’000 m2 Kulturland abhumusieren, 35 Kanalisationsquerungen erneuern, 30 Einlaufschächte versetzen, 12‘000 m2 Strasse stabilisieren und 1600 t  Belag einbauen. Viel Arbeit also für die Tief-, Strassen- und Rohrleitungsbau-Spezialisten des schaffhauserischen Familienunternehmens.

 

 

Einer der drei Strassenbau-Lernenden bei Imthurn und wichtiger Teil des Teams auf der Baustelle ist Bakthyar «Bachti» Stanikzai. Sein Weg zu diesem Beruf, den er liebt («ich mache alles gerne», sagt er), war alles andere als gewöhnlich. Denn: Bakthyar kam im Herbst 2016 im Alter von 18 Jahren alleine aus Afghanistan als Geflüchteter in die Schweiz. Es war eine beschwerliche und unglaubliche Reise, die ihren Anfang nahm, als die Taliban das Dorf überfielen, in dem Bakthyar mit seiner Familie lebte. Sein Bruder wurde verschleppt, Bakthyar konnte fliehen. Seine Familie half ihm, zahlte eine Menge Geld an eine Schleuserbande, die ihn aus dem Land schaffte.

 

 

Eine Reise voller Wirren und Kämpfe

Doch bis Bakthyar in die Schweiz kam, musste er eine Reise voller angsterfüllter Momente überstehen. In Türkei nahmen ihm die Schlepper sämtliches Geld ab. Das Gummiboot, das ihn und 30 andere Menschen nach Griechenland bringen sollte, sank. Nicht alle schafften es zurück an Land, Bakthyar hatte Glück im Unglück. Irgendwann gelang ihm die Weiterreise nach Bulgarien, er litt Hunger und lief nachts unzählige Kilometer, nur um von der Polizei aufgefangen und zurück in die Türkei geschickt zu werden. Nach einiger Zeit der nächste Versuch mit der nächsten Schleuserbande – diesmal gelang die Flucht nach Bulgarien, später nach Serbien und schliesslich nach Österreich und in die Schweiz.

 

Alle Chancen genutzt

Er strandete im Asylauffanglager in St. Gallen. «Ich war froh, ich hatte einfach nur Hunger», erinnert er sich an seine ersten Stunden in der Schweiz. In den Monaten darauf ging es weiter nach Schaffhausen, dort erhielt er Unterstützung vom Sozialamt, ging in die Schule und konnte die Sprache lernen. Ein Kollege berichtete ihm von dessen Arbeitsgeber, der Imthurn AG, und von der Möglichkeit, dort eine Schnupperlehre zu machen. Bakthyar nutzte diese Chance.

«Nach der Schnupperlehre war für mich klar, dass ich bei dieser Firma Strassenbauer werden wollte», sagt er. Die Firma unterstützte ihn, wo es ging, in administrativen Belangen,  ermöglichte ihm den Besuch weiterer Sprachkurse.

«Nach der Schnupperlehre war für mich klar, dass ich bei dieser Firma Strassenbauer werden wollte»  – Bakthyar „Bachti“ Stanizkai

Das gegenseitige Vertrauen zahlte sich aus. Im Juli 2020 startete Bakthyar die Strassenbaupraktiker-Lehre. «Es gibt wenige Leute, die mich in ihrem jungen Alter so beeindruckten wie Bachti», sagt Ben Imthurn, Geschäftsführer und Lehrlingsbeauftragter beim Schaffhauser Unternehmen.

 

 

«Er hat von Anfang an alle Chancen genutzt, die wir ihm geboten haben.» Komplett auf sich alleine gestellt, habe Bachti schon früh verstanden, was radikale Selbstverantwortung bedeute. Und nun hat er im Sommer 2022 die EBA-Lehre mit Auszeichnung bestanden, obschon er vor 3 Jahren noch kaum ein Wort Deutsch konnte. «Das EBA war sehr anstrengend, ich musste erst lernen, ‹wie man lernt›», sagt Bachti dazu. «Doch ich habe es geschafft!»

 

 

Eine wundervolle Zukunft

Für Bachti geht’s beruflich nun erst richtig voran: Im Herbst begann er die Ausbildung zum Strassenbauer EFZ, eine Ausbildung, die auch Ben Imthurn schon absolvierte. Von Vorarbeitern angewiesen, führt er kleine Aufträge selbst auf: Er setzt Schachtdeckel und Steine, fährt kleine Baumaschinen und erstellt den Tagesrapport.

«Es gibt wenige Leute, die mich in ihrem jungen Alter so beeindruckten wie Bachti» – Ben Imthurn, Geschäftsführer und Lehrlingsbeauftragter, Imthurn AG

«Mitarbeiter zu sehen, die über sich hinaus wachsen, auch in der persönlichen Entwicklung, bereitet mir immer wieder Freude», sagt Ben Imthurn. Bakthyar hat grosse Freude an seiner Arbeit. «Man sieht, was man gemacht hat – das motiviert mich», sagt er. Ben Imthurn kann das sehr gut nachvollziehen und ist überzeugt: «Unser Beruf macht glücklich.» Kaum ein Beruf trage auch so viel zur Lebenserfahrung bei, sagt er. Man lerne sehr viel, dazu kommen gute Bezahlung und vielfältige Karriere- und Jobmöglichkeiten. Das weiss auch Bachti – nach Lehrabschluss möchte er erst für ein Weilchen auf dem Beruf arbeiten. «Doch dann würde ich mich gerne weiterbilden.»

 

Eine Karriere auf dem Bau hat viel zu bieten. Um Fachkräfte der Zukunft anziehen, ausbilden und in der Branche halten zu können, kommt den Bauunternehmen eine zentrale Rolle zu. Auf den Baustellen der einzelnen Firmen entscheidet sich, ob interessierte Talente bleiben und zu Leistungsträgern werden können. Viele Mitglieder des SBV machen hier einen tollen Job. In der Berufswerbungskampagne setzt der SBV bewusst auf gute Geschichten direkt aus den Unternehmen.  

 

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Über den Autor

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Petra Stocker

Kampagnenleiterin Berufsmarketing

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