Gemeinsam die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz voranbringen Die Arbeit auf dem Bau ist heute deutlich sicherer als noch vor zehn Jahren. Grund dafür sind zahlreiche Einzelmassnahmen, vor allem aber die Zusammenarbeit zwischen der Suva und der Baubranche. Dienstag, 15.10.2024 | 06:00 ... Schweizerischer Baumeisterverband Arbeitssicherheit Gemeinsam die Arbeitssicherheit und den Gesundheitsschutz voranbringen Die Arbeit auf dem Bau ist heute deutlich sicherer als noch vor zehn Jahren. Grund dafür sind zahlreiche Einzelmassnahmen, vor allem aber die Zusammenarbeit zwischen der Suva und der Baubranche. Welche Aufgaben hat die Suva auf den Baustellen?Bloch: Wir sind das Kompetenzzentrum zur Verhütung von Berufsunfällen und Berufskrankheiten. Wir kontrollieren die Einhaltung der Vorschriften über die Arbeitssicherheit und beraten und unterstützen Betriebe und Verbände bei ihren Bemühungen zur Verbesserung der Arbeitssicherheit und des Gesundheitsschutzes. Mit Kampagnen und Aktionen sensibilisieren wir die Branche zu den Unfallschwerpunkten. Das ist unser Auftrag aus dem Unfallversicherungsgesetz.Was bedeutet das konkret?Bloch: Auf Basis unserer Unfallstatistiken definieren wir Handlungsschwerpunkte. Für jede Kampagne ist der enge Kontakt mit den Sozialpartnern entscheidend. In der Baubranche verfügen wir mit der BfA, der Beratungsstelle für Arbeitssicherheit, über einen kompetenten Partner, mit dem wir uns eng absprechen können. Das ist ideal!Wie bringt der SBV den Auftrag „Beraten, Schulen und Sensibilisieren“ in den Baustellenalltag?Weibel: Die von uns geführte BfA ist die Fachorganisation der Eidgenössischen Koordinationskommission für Arbeitssicherheit (EKAS) für das Bauhauptgewerbe. Zuständig ist diese nicht nur für die SBV- Mitglieder, sondern für die gesamte Branche. Sie arbeitet einerseits an den EKAS-Richtlinien mit und führt die Präventionskampagnen in Zusammenarbeit mit der Suva. Parallel dazu bieten wir über die Branchenlösung Sicuro konkrete Lösungen, wie ein Betrieb die Sicherheitsvorgaben umsetzen kann. Dazu muss jede Baufirma eine Kontaktperson Arbeitssicherheit ausbilden lassen. Dieser sogenannten KOPAS wird in allen Sicherheits- und Gesundheitsfragen ausgebildet und regelmässig weitergebildet. Sicuro stellt einer Baufirma die notwenigen Unterlagen zur Verfügung, von der Schulung bis zu den Informationsblättern.Warum engagiert sich der SBV so stark?Weibel: Es ist für die Baubranche wichtig, dass die Arbeitsplätze auf den Baustellen sicher sind und die Gesundheit der Arbeitnehmenden nicht gefährdet ist. Die Baumeister tragen somit eine grosse Verantwortung. Als Verband wollen wir, dieses Engagement fördern und sicherstellen, dass dies in der Öffentlichkeit auch so wahrgenommen wird.Wo zeigen sich die Erfolge dieser gemeinsamen Bemühungen?Bloch: Die Gesamtheit aller Massnahmen seitens der Suva, des Verbands, der Betriebe aber auch der Hersteller moderner Arbeitsmittel hat zu einer deutlichen Verbesserung der Arbeitssicherheit auf dem Bau geführt. Das Unfallrisiko im Bauhauptgewerbe ist in den letzten zehn Jahren um 9 Prozent gesunken. Bei den Schwerstunfällen, wenn jemand über 360 Tage ausfällt, ist das Risiko gar um 13 Prozent zurückgegangen. Das Todesfallrisiko ist heute um 11 Prozent tiefer. Diese erfreulichen Entwicklungen zeigen sich beim Nettoprämiensatz. Im Bauhauptgewerbe lag dieser 2014 bei 3,13 Prozent, 2023 sind es 2,51 Prozent. Arbeiten auf dem Bau ist heute deutlich sicherer als noch vor zehn Jahren.Die Verantwortung scheint der zentrale Aspekt bei der Arbeitssicherheit zu sein. Bloch: Gemäss UVG steht der Arbeitgeber in der Verantwortung, alles für die Sicherheit der Arbeitnehmenden zu tun. Auf einer Baustelle ist dieser auch auf Unterstützung seiner Mitarbeitenden angewiesen. Beispielsweise in dem sie die Sicherheitsanweisungen befolgen und die persönliche Schutzausrüstung konsequent tragen. Für den Arbeitgeber ist es schwierig, immer alles zu sehen, also ist er auf die Unterstützung seiner Mitarbeitenden angewiesen. So kann er entsprechend reagieren und Vorkehrungen treffen.Weibel: Wir brauchen das Mitdenken der Arbeitnehmenden. Sie sollten nicht nur an die eigene Sicherheit denken, sondern auch an die ihrer Kollegen. Wenn sie eine gefährliche Situation antreffen, sollten sie auch reagieren, ihre Kollegen warnen und Gefahren melden. Stopp sagen bei Gefahr sollte eine Selbstverständlichkeit am Arbeitsplatz werden.Reichen diese Regelungen betreffend der Verantwortung?Bloch: Nur zum Teil, denn auf einer Baustelle sind üblicherweise mehrere Betriebe, die miteinander, oder zeitlich nacheinander arbeiten. Das erfordert eine gegenseitige Absprache. Jeder Arbeitgeber hat die Pflicht, zu erkennen, wo seine Arbeit eine Gefährdung für andere bedeutet. Jemand muss sich um die Gesamtkoordination kümmern. Das bedingt bereits im Vorfeld eine gewisse Planung. Hier kann der Bauherr eine wichtige Rolle einnehmen. Er sollte seinen Planern den Auftrag erteilen, basierend auf einer Sicherheitsplanung die erforderlichen Schutzmassnahmen auszuschreiben und die Umsetzung während der Bauphase zu überprüfen und zu koordinieren.. Meiner Meinung nach müssen die erforderlichen Massnahmen für die Arbeitssicherheit darum auch separat ausgeschrieben werden.Ist das tatsächlich die heutige Realität auf den Baustellen?Bloch: Man muss sich bewusst sein, dass ein solches Modell vom Gesetz nicht vorgegeben ist. Weder Bauherr noch Planer werden in die Verantwortung genommen. Eine unfallfreie Baustelle liegt jedoch auch in ihrem Interesse.Weibel: Eine Baustelle gleicht einem provisorischen Betrieb, der sich ständig verändert. Je nach Art und Grösse können tägliche Umstellungen nötig sein. Umso wichtiger ist es, dass definiert wird, wer für was zuständig ist, wer was liefert, wer was zu unterhalten hat etc. Der Bauherr muss hier – unabhängig von Gesetztesparagraphen – seine Mitverantwortung wahrnehmen. Er muss sich überlegen, wie er die Sicherheit auf seiner Baustelle über die gesamte Bauzeit aufrechterhalten will. Erstens, weil er eine moralische Verpflichtung hat, und zweitens, weil er bei einem Unfalls unweigerlich im Rampenlicht steht. Er sollte einen externen Sicherheitsverantwortlichen beauftragen und diesen frühzeitig, bereits während der Planung ins Projekt miteinbeziehen.Das Problem ist doch, dass der Baumeister in der Verantwortung bleibt, auch wenn er gar nicht mehr vor Ort ist. Weibel: Stimmt. Vom Bauablauf her ist es beispielsweise im Hochbau unumgänglich, dass gewisse Abschrankungen kurzfristig entfernt werden, etwa für das Einbringen von Fassadenteilen. Die Absicherungen werden demontiert und bleiben dann liegen, bis sie der Baumeister wieder vorschriftsgemäss montiert. In aller Regel bleibt es also an ihm hängen, selbst wenn er zu diesem Zeitpunkt gar keine Leute auf dieser Baustelle hat.Bloch: Es ist nicht so, dass die Firma, die das Geländer montiert hat, a priori verantwortlich ist für alles. Jeder Arbeitgeber ist für seine Arbeitnehmenden selber verantwortlich und muss selber überprüfen, ob er seine Arbeitnehmenden an einem Ort arbeiten lassen darf. Ist das nicht der Fall, wendet er sich an den Bauleiter. Fehlt ein Geländer, muss dieses wieder instand gestellt werden. Sonst muss dieser Arbeitgeber Stopp sagen und seine Leute abziehen. Entscheidend in dieser Diskussion ist, wer den Auftrag für den Unterhalt hat.Weibel: De facto kann täglich eine Abschrankung verschoben oder entfernt werden. Aber wenn der Baumeister erst Ende Woche wieder vor Ort ist, bestünde eine ganze Woche lang eine gefährlich Situation. Das ist unbefriedigend , deshalb brauchen wir zwingend Lösungen. Wer ist das Kontrollorgan, wer kann Korrekturen bestellen und wie werden diese bezahlt, zum Beispiel pro Intervention, besonders wenn der Baumeister nicht mehr auf der Baustelle ist. Arbeiten auf dem Bau ist heute deutlich sicherer als noch vor zehn Jahren. Adrian Bloch Abteilungsleiter Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz bei der Suva Es wäre wichtig und richtig, wenn sich Bauherren Gedanken zur Arbeitssicherheit machen würden. Thomas Weibel Leiter Unternehmensführung und Mitglied der SBV-Geschäftsleitung Eine solche Delegation kann gerade bei einer kleinen Baustelle schwierig sein …Weibel: Das mag stimmen, aber auch einige wenige Tage Bauen reichen für einen Unfall. Besser als die Hoffnung, dass schon nichts passieren wird, ist auch hier, wenn vor Baubeginn geklärt wird, wer was macht was. Und so wären wir wieder beim Stichwort Mitverantwortung des Bauherrn.Wie stellt sich die Suva zu solchen Forderungen, zumal diese ja nicht im Gesetz verankert sind?Bloch: Im Rahmen der Sicherheits-Charta 2011 haben wir Grundsätze formuliert für alle an einem Bau beteiligten Parteien – Bauherren, Bauleiter, Planer, Unternehmer, Arbeitgeber und -nehmende. Die Forderung nach einer Koordination der Sicherheitsmassnahmen sind darin enthalten. Schwierig wird es tatsächlich, wenn ein Baumeister nicht mehr vor Ort ist. Wer ist dann noch verantwortlich? Das gilt für Grubensicherungen genauso wie Toilettenanlagen. Bauunternehmer müssen deshalb im Werkvertrag eine klare Regelung ihrer bauseitigen Leistungen verlangen.Akzeptieren die Bauherren solche Forderungen? Weibel: Leider tun das nur die wenigsten. Grosse institutionelle Bauherren verlangen in ihren Ausschreibungen, dass sämtliche Vorschriften zur Arbeitssicherheit einzuhalten und notwendige Massnahmen dafür im Preis einzurechnen sind. Das Verständnis ist noch lange nicht vorhanden, warum solche Leistungen definiert und explizit ausgeschrieben werden sollten. Einige Bauherren lehnen jede Anpassung an ihren Musterverträgen kategorisch ab. Es wäre wichtig und richtig, wenn sich Bauherren Gedanken zur Arbeitssicherheit auf ihren Baustellen machen würden.Bloch: Zusammen mit dem SBV prüfen wir aktuell auf einer realen Musterbaustelle, was es für sichere Arbeitsplätze von A bis Z braucht. Welche Elemente sind nötig und wie können diese ausgeschrieben, koordiniert und überwacht werden. Ein Leitfaden wird die Vorteile aufzeigen. Damit wollen wir den Bauherren einen Weg aufzeigen, wie sie sich aktiv für die Sicherheit der Arbeitnehmenden auf ihren Baustellen einsetzen können.Bei der guten Zusammenarbeit auf diesen Gebieten kann vergessen gehen, dass sich Baufirmen regelmässig wegen der Überregulierung und Bürokratie der Suva beschweren.Bloch: Wir nehmen solche Kritik sehr ernst. Wir sehen uns nicht nur als Kontrollorgan sondern auch als unterstützendes und beratendes Organ. Wir helfen mit Informationen und vereinbaren mit den Arbeitgebern Massnahmen. Die Häufung der Kritik hängt wohl mit der Totalrevision der Bauarbeitenverordnung zusammen. Diese bringt einige Anpassungen mit sich, mit denen man sich erst vertraut machen muss. Das macht unsicher. Die Erfahrung zeigt, sobald die Neuerungen wieder zur Routine werden, steigt auch die Akzeptanz bei den davon betroffenen Parteien.Weibel: Es scheint immer wieder diese wellenförmigen Phasen mit mehr oder weniger Anpassungen zu geben. Wichtig für die Baumeister ist, dass wieder Ruhe eintritt. Es dient der Sicherheit, wenn Leute routiniert das Richtige machen. Und es dient auch der Stimmung zwischen den Baufirmen und der Suva. Es geht nicht darum, dass die Baumeister nicht in Sicherheitssysteme investieren wollen. Das tun sie zweifellos. Vielmehr geht es um die nötigen Fristen. Deshalb darf nicht jede technische Errungenschaft automatisch zu einer Verschärfung der Sicherheitsvorkehrungen führen.In einer Resolution wurden letztes Jahr konkrete Massnahmen gefordert …Weibel: Wir verstehen, was unsere Mitglieder wollen und ihren Unmut. Nicht erst seit letztem Jahr stehen wir in einem engem Dialog mit der Suva. Wir verfolgen drei Stossrichtungen: Erstens, Stopp der Überregulierung: Wir sind sehr kritisch gegenüber neuen Vorschriften und fragen nach, ob und in welchem Umfang solche wirklich nötig sind. Zweitens die Mitverantwortung der Arbeitnehmenden: Wir suchen zusammen mit der Suva und unseren Sozialpartnern Wege für die bessere Sensibilisierung und für Vorgehen gegenüber Unbelehrbaren. Und drittens die Mitverantwortung der Bauherren: Wir begleiten die Suva mit ihrer Musterbaustelle und helfen dabei die beste Praxis für eine sichere Baustelle von A bis Z zu definieren. Es wird aber noch eine Aufgabe sein, alle anderen Bauherren für ein solches Modell zu gewinnen.Zum Schluss, was wünscht sich die Suva von den Baumeistern?Bloch: Dass es uns gelingt, die Baumeister von unseren gemeinsamen Anstrengungen zu überzeugen, sodass wir ihr Vertrauen noch mehr gewinnen können. Ein zweiter Wunsch: Das Stoppsagen aktiv leben. Manchmal braucht es nur wenig, bis weitergearbeitet werden kann.Und umgekehrt?Weibel: Wir wissen, dass wir alle das Gleiche wollen: die Arbeitssicherheit unserer Arbeitnehmenden. Ich wünsche mir, dass wir den Faktor Mensch noch mehr einbeziehen. Die Leute auf den Baustellen und bei der Suva müssen sich mehr als Partner für Sicherheit sehen. Über den Autor Thomas Staffelbach [email protected] Artikel teilen
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