Gemeinsames Interesse Fachkräfte halten – auch durch Weiterbildung

Arbeitgeber und Arbeitnehmer haben mehr gemeinsame Interessen, als gemeinhin angenommen wird. Wenn in Verhandlungen über einen neuen Landesmantelvertrag jeweils zugespitzte Forderungen präsentiert werden, kann der Eindruck entstehen, dass kaum Gemeinsamkeiten bestehen. Nicht selten jedoch sind Bauarbeiter den Bedürfnissen ihrer Arbeitgeber näher als den Forderungen der Gewerkschaften. Bei den aktuellen LMV-Verhandlungen versucht die SBV-Delegation deshalb auf gemeinsamen Interessen aufzubauen. Mit dieser Artikelserie beleuchten wir die gemeinsamen Interessen. In Teil 6 geht es um die Bedeutung der Fachkräfte und insbesondere darum, diese wichtigen Arbeitnehmer in der Branche zu halten. Beispielsweise gelingt dies, in dem mit gezielter Förderung und Aus- und Weiterbildung die Arbeitnehmer motiviert und fit für den Arbeitsmarkt gehalten werden. Der Parifonds Bau bietet zielgerichtete Bildungsleistungen für das Bauhauptgewerbe an, wie Hanspeter Egli, Vizepräsident des Parifonds Bau und Vizepräsident des Schweizerischen Baumeisterverbands, im Interview erklärt.

 

Wer finanziert den Parifonds?

Hanspeter Egli: Die Arbeitgeber und die Arbeitnehmer des LMV und des Baukadervertrages, wobei die Arbeitgeber 0,5 Prozent und die Angestellten 0,7 Prozent der Suva-Lohnsumme entrichten.

 

Der Parifonds Bau besteht aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern – wie verläuft die Zusammenarbeit mit den Vertretern der Arbeitnehmerseite?

Im Vorstand und Ausschuss werden vorwiegend Sachgeschäfte und keine politischen Geschäfte behandelt. Hier gilt es die Gelder zweckdienlich und haushälterisch einzusetzen. Die Zusammenarbeit ist eingespielt und konstruktiv.

 

Der Parifonds Bau gibt rund 60 Prozent der Ausgaben für den Bildungsbereich aus. Welche Kurse sind dies?

Im Bildungsbereich sind unter anderem Beiträge für die berufliche Grund- und Weiterbildung, für Kran- und Baumaschinenführerausbildungen, für Chauffeurzulassungen, für Aktivitäten im Bereich Arbeitssicherheit und für Sprach- und Qualifizierungskurse ausgerichtet worden. Unterstützt werden ebenso die Lehrlings-, Vorarbeiter- und Polierausbildung, aber auch Lehrlingslager und die Werbung für den Berufsnachwuchs. Mit diesen Beiträgen bleiben die Angestellten des Bauhauptgewerbes fit für den Arbeitsmarkt.

Die restlichen rund 30 Prozent werden für den Vollzug des LMV gebraucht, für den wir einen gesetzlichen Auftrag haben.

 

Nehmen viele Mitarbeiter die Möglichkeit wahr, eine Weiterbildung vorzunehmen?

Im Jahr 2019, also vor Corona und den damit verbundenen Einschränkungen, wurden 27 300 Leistungsgesuche verarbeitet. Im Jahr werden durchschnittlich 1121 Franken pro Leistungsgesuch ausbezahlt. Es gibt über 700 Kursanbieter und Ausbildungsinstitutionen.

 

Gibt es auch Kurse zum Umgang mit Kranen und Baumaschinen?

Krane und Baumaschinen sind von Baustellen nicht wegzudenken. Sie erleichtern und beschleunigen die Arbeit. Der Einsatz dieser Arbeitsmittel ist mit Unfallrisiken verbunden. Um diese zu minimieren, ist die systematische Instruktion der Kran- und Baumaschinenführer besonders wichtig. Hierzu wurde der Verein K-BMF gegründet, welcher die Ausbildung zum Kran- oder Baumaschinenführer gesamtschweizerisch vereinheitlicht und reglementiert. Die Träger sind der SBV, Unia und Syna.

 

Welche anderen Gründe - neben der Arbeitssicherheit - sprechen für eine Weiterbildung?

Nicht nur in der IT erfahren wir eine rasante Entwicklung. Auch der Bau schreitet mit enormen Fortschritten voran. Sei es im Bereich der Digitalisierung, in der Mechanisierung oder in der Spezialisierung. Hier gilt es Schritt zu halten und sich laufend weiterzubilden. Gut ausgebildete Fachkräfte sind gesucht und geniessen eine grosse Wertschätzung. Mit einer Ausbildung zum Vorarbeiter oder zum Polier kann man sich beruflich und persönlich weiterentwickeln. Es gibt, so behaupte ich, kein vergleichbares Förderprogramm auf dem zweiten Bildungsweg wie bei uns im Bauhauptgewerbe. Es gilt den Ball aufzunehmen und die Chancen zu packen.

 

Lohnt sich eine Weiterbildung auch für Beschäftigte, die 50 Jahre oder älter sind?

Auf jeden Fall. Ältere Mitarbeitende können sich so auf neue, körperlich weniger anstrengende Tätigkeiten spezialisieren. Den Sozialpartnern ist es ein grosses Anliegen, dass Mitarbeitende des Bauhauptgewerbes auch mit über 50 Jahren noch eingestellt werden und beschäftigt bleiben können.

Der SBV teilt die Ansichten von Parifonds-Vizepräsident Hanspeter Egli. Ein gemeinsames Interesse der Sozialpartner ist es, mit gezielter Förderung sowie Aus- und Weiterbildung die Arbeitnehmer fit für den Arbeitsmarkt zu halten. Ein weiteres gemeinsames Interesse ist es, eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu ermöglichen. Damit verbunden ist auch die flexiblere Gestaltung des LMV. Dies sind Grundvoraussetzungen, damit die bewährten Fachkräfte den einzelnen Betrieben und dem Bauhauptgewerbe erhalten bleiben.

 

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Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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