Gewerkschaften haben auf Baustellen kein generelles Zutrittsrecht Freitag, 16.7.2021 | 09:17 ... Schweizerischer Baumeisterverband Arbeitgeberpolitik & Recht Gewerkschaften haben auf Baustellen kein generelles Zutrittsrecht Der aktuelle Landesmantelvertrag (LMV) gilt noch bis zum 31. Dezember 2022, doch bereits jetzt mehren sich beim SBV Rückmeldungen zu Baustellenbesuchen der Gewerkschaften. Allenfalls hatten Sie bereits selbst Besuch auf Ihren Baustellen. Dabei stellen sich diverse Fragen zum Umgang mit solchen Besuchern. Vorgeschichte Anlässlich der bald anstehenden Verhandlungen zur Zukunft des Landesmantelvertrages sind Gewerkschaftsvertreter vermehrt unterwegs, um mit Arbeitnehmenden zu sprechen und diese nach ihren Vorstellungen zur Zukunft des LMV zu befragen und Werbung für eine Mitgliedschaft bei den Gewerkschaften zu betreiben. Daran ist per se nichts auszusetzen und es steht den Gewerkschaften und den Arbeitnehmenden frei, sich auszutauschen. Schwierig wird dies allerdings überall dort, wo die Besucher während der Arbeitszeit Zutritt auf Baustellen verlangen und die Arbeitnehmenden, wenn auch nur kurz, von der Arbeit abhalten. Um Ihrem angeblichen Zutrittsrecht Nachdruck zu verschaffen, berufen sich die Besucher häufig auf ein angebliches Zutrittsrecht, welches sie aus der Koalitionsfreiheit der Bundesverfassung (Art. 28 BV) ableiten. Die Koalitionsfreiheit Die gewerkschaftliche Werbung sowie das Verteilen von Flugblättern und Gewerkschaftszeitungen auf öffentlich zugänglichem Gelände, wie vor dem Baustelleneingang oder auf Parkplätzen ist so weit unbestritten. In diesem (quasi) öffentlichen Raum haben die Gewerkschafter die Freiheit für sich und ihre Anliegen zu werben. Dies garantiert die Koalitionsfreiheit nach Art. 28 BV. Wie bei allen Grundrechten richtet sich die Koalitionsfreiheit in erster Linie gegen den Staat und staatliche Eingriffe und Verbote. Der Staat hat sich neutral zu verhalten. Dies gilt um so mehr, wenn ein vertragloser Zustand zwischen Sozialpartnern besteht und Arbeitnehmende von ihrem Streikrecht Gebrauch machen. Nur begrenzt und indirekt beeinflusst wird durch die Koalitionsfreiheit aber das Verhältnis von Privatpersonen untereinander. Solche Aktionen tangieren jedoch regelmässig auch die Eigentumsgarantie sowie die persönliche Freiheit der betroffenen Unternehmer und eventuell sogar von Drittpersonen. Das Eigentumsrecht Das Bundesgericht stellte mit Urteil 6B_758/2011 vom 24. September 2012 klar, dass sich das Zutrittsrecht der Gewerkschaften zu einem Unternehmen weder aus der Koalitionsfreiheit noch aus dem Schutz anderer, legitimer Interessen ableiten lässt. Im Gegenteil hielt Bundesgericht ausdrücklich fest, dass der Eigentümer eines Unternehmens das Recht hat, sein Eigentum zu sichern und zu schützen (vgl. Art. 26 BV, 641 ZGB). Er kann also frei entscheiden, wem er Zugang zu seinem Betrieb gewähren möchte. Ein Recht auf Zugang zum Unternehmen kann damit nicht als unverzichtbarer Bestandteil der Koalitionsfreiheit interpretiert werden. Auf Baustellen liegt dieses Recht in erster Linie beim Grundeigentümer. Dieser legt fest, wer sein Grundstück betreten darf. Wenn der Bauunternehmer einen Bauauftrag erhält, wird die Baustelle zu «seinem Werkplatz», der ebenfalls geschützt ist. Demnach wird der Bauunternehmer neben dem Grundeigentümer Inhaber des Hausrechts und der Unternehmer kann die Eigentumsrechte des Grundeigentümers ebenfalls wahrnehmen. Im Urteil wird zudem festgehalten, dass zu Informations- und Umfragezwecken auch andere, weniger einschneidende Mittel denkbar seien, wie zum Beispiel die Arbeitnehmenden per Post oder E-Mail zu kontaktieren oder eben ausserhalb des Grundstückes und vor oder nach Arbeitsbeginn mit den Arbeitnehmenden zu sprechen. Der Arbeitsfrieden im Besonderen Eine weiter Grenze gewerkschaftlicher Tätigkeit liegt im ordnungsgemässen Betriebsablauf und im Arbeitsfrieden, der nicht gestört werden darf. Gross angelegte Informationsaktionen auf Betriebsgeländen und Baustellenarealen führen faktisch zu Betriebsunterbrüchen und Blockaden der Arbeitstätigkeit. Der LMV ist nach wie vor in Kraft und vom Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt und es gilt die darin vereinbarte, absolute Friedenspflicht, welche Störungen im Betriebsablauf ausschliesst (vgl. Art. 7 LMV). Es besteht also auch unter dem Aspekt des Arbeitsfriedens keine Veranlassung für Gewerkschaften, in arbeitsstörender (während der Arbeitszeit) und/oder die Arbeitssicherheit gefährdender Weise eine «Informationskampagne» auf Baustellen durchzuführen. Was kann ich als Arbeitgeber tun? Sollten Sie auf Ihren Baustellen ebenfalls Besuch von Gewerkschaftsvertretern erhalten, so fragen Sie höflich nach dem Grund des Besuchs und verweisen ruhig, aber bestimmt auf die Zeiten ausserhalb der Arbeitszeit. Es lohnt sich, mit den Gewerkschaftsvertretern klare Regeln (Information während den Pausen, ausserhalb des Baustellenareals usw.) zu vereinbaren. Denn so oder so, die Gewerkschaften werden sich erfahrungsgemäss nicht von Besuchen abhalten lassen und möglicherweise nur unnötige Schäden verursachen. Als «Inhaber des Hausrechts» steht Ihnen das Recht zu, die Gewerkschaften vom Areal zu weisen beziehungsweise gar nicht erst eintreten zu lassen. Beim nicht bewilligten Betreten eines Baustellenareals ist notfalls die Polizei beizuziehen. Polizeiliche Massnahmen zum Schutz von Leib und Leben, Eigentum und öffentlicher Sicherheit sind unter den allgemeinen Voraussetzungen polizeilichen Handelns grundsätzlich zulässig und können nicht durch einen allgemeinen Verweis auf die Koalitionsfreiheit aufgehoben werden. Falsche Schlussfolgerungen der Gewerkschaften Entgegen der Berichterstattung der Gewerkschaften besteht also keineswegs ein generelles Zutrittsrecht auf Baustellen gestützt auf verfassungsmässige Grundrechte. Auch die Rechtslage zeigt auf, dass kein allgemeines Zutrittsrecht für Gewerkschaften gilt und eine Verurteilung wegen Hausfriedensbruchs sogar im Rahmen eines rechtmässigen Streiks denkbar wäre. Hingegen ist den Arbeitnehmervertretern unbenommen, die Arbeitnehmenden über ihre Rechte zu informieren. Dies ist jedoch auch nach der Arbeit oder während der Mittagspause, beispielsweise in einem nahegelegenen Restaurant, ohne weiteres möglich, nicht aber auf der Baustelle selbst. 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