Handwerk profitiert nicht von Preisen von Immobilien

Die Preise für Immobilien steigen, Wohneigentum wird für viele Schweizerinnen und Schweizer unerschwinglich. Christoph Loosli, Inhaber und Geschäftsführer der Stettler AG, Biel Studen und Zentralvorstand des Schweizerischen Baumeisterverbandes SBV, stellt klar, dass es nicht die Bauunternehmen sind, die von diesem Preisanstieg profitieren. 

Die Bautätigkeit in der Schweiz ist zurückgegangen, wie die Quartalserhebung des Schweizerischen Baumeisterverbandes SBV belegt. So hatte die Sparte Wohnungsbau im zweiten Quartal 2020 eine starke Korrektur erfahren, ihr Umsatz fiel dramatisch um 27 Prozent auf 1,3 Milliarden Franken. Mittlerweile ist der Umsatz ein wenig gestiegen, weist aber immer noch stattliche 18 Prozent weniger auf als das 3. Quartal 2019. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach Wohneigentum hoch. Laut Wüest Partner lag sie schweizweit im zweiten Quartal 2020 sogar über dem Niveau des Vorjahresquartals Besonders Einfamilienhäuser sind demnach gefragt wie schon lange nicht mehr.

  Gestiegene Preise 

Aus der Ökonomie kennt man es: Eine Verknappung führt zu einem Preisanstieg. Das ist derzeit auf dem Immobilienmarkt zu beobachten. Während die Mieten sinken, steigen die Preise für Einfamilienhäuser und Stockwerkeigentum. Die Entwicklung ist nicht neu. Martin Maniera, Leiter Wirtschaftspolitik beim SBV, hat im «Zahlen und Fakten 2020» ausgerechnet, dass die Preise für Einfamilienhäuser sich seit 1970 um den Faktor 4,5 verteuert haben. Bei den Preisen für Stockwerkeigentum war zwischenzeitlich sogar eine Teuerung von Faktor 5 zu beobachten, in den beiden letzten Jahren hat sich der Anstieg dann etwas abgeflacht.

Wer profitiert 

Die Frage stellt sich: Was bringt der Preisanstieg den Bauunternehmern? Hat das einen Einfluss auf ihre Marge? Christoph Loosli, Inhaber und Geschäftsführer Stettler AG, Biel Studen und Zentralvorstand des Schweizerischen Baumeisterverbandes SBV, spricht Klartext: «Die Bauunternehmer haben nichts vom Preisanstieg. Sie arbeiten weiterhin zu Preisen, die knapp kostendeckend sind – und das bei einer abnehmenden Bautätigkeit. Die steigenden Preise fangen ihre Verluste also nicht auf.» Der Baufachmann präzisiert: «Das betrifft alle am Bau beteiligten Handwerker, nicht nur diejenige des Bauhauptgewerbes. Die Preise für Wohneigentum sind höher geworden, aber die Handwerker, die dieses Wohneigentum realisieren, haben nichts davon. Gebaut wird zu den selben Kosten und Bedingungen wie immer.» Die Profiteure seien die Planenden sowie die Investoren, die das Wohneigentum verkaufen, sagt Loosli.

  Verdichtung als Gegenmittel 

Die steigenden Immobilienpreise führen dazu, dass das begehrte Wohneigentum für viele Familien unerschwinglich wird. Loosli erläutert, das knapper werdende Bauland sei neben der Verknappung des Angebotes ebenfalls für die Verteuerung verantwortlich. «In meiner Gemeinde konnte man vor 20 Jahren den Quadratmeter Bauland für 300 Franken kaufen, heute sind es 550 Franken pro Quadratmeter. Ein weiterer Grund für den Anstieg ist die Mehrwertabschöpfung.»

Deshalb, fordert Loosli, sei die Verdichtung das Gebot der Stunde. «Die Ausnützungsziffer soll maximal möglich erweitert werden. Die Grenzabstände sollen verringert werden. So kann die Baulandreserve geschont werden. Zudem plädiere ich für Ersatzneubauten. Alte Immobilien mit einer schlechten Energiebilanz sollen durch neue energieeffiziente Gebäude ersetzt werden, die auf der gleichen Fläche mehr Wohnraum schaffen. So könnte Wohneigentum für Herr und Frau Schweizer wieder erschwinglicher.»

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Schweizerischer Baumeisterverband

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