Home Office, kürzere Pendlerstrecken, Urbanisierung

Im Januar 2020 wurde an der Swissbau die erste Befragung im Tour d’horizon durchgeführt. Die Ergebnisse liegen nun vor – und sie sind bemerkenswert. 
 
Wie wünschen Sie sich die Schweiz im Jahre 2040? Wie soll unser Land mit seinem Arbeits- und Wohnraum sowie mit seinen gesamten Infrastrukturen in Zukunft aussehen? Oder konkret als Beispiel: «Wie weit werden Sie in 20 Jahren von Ihrem Wohnort zum Arbeits- oder Ausbildungsort pendeln?» Dies war eine der Fragen, zu denen die Besucherinnen und Besucher der Swissbau in Basel ihre Wunschvorstellung, im Tour d’horizon, dem Event-Turm der Baumeister, abgaben. 
 
Die Antworten waren bemerkenswert. Die Mehrheit wünschte sich schon im Januar, also vor der Situation mit Corona, ein Arbeiten zuhause im Home Office! Diese Thematik hat seither an Aktualität gewonnen, weil tatsächlich mehrheitlich im Home Office gearbeitet wurde und wird.  
 
Kürzere Pendlerstrecken 
Ein weiterer Wunsch, welcher an der Swissbau Basel geäussert wurde, lautet, dass sich die Pendlerstrecken zwischen Wohn- und Arbeitsort verkürzen. Die Mehrheit wünscht sich in Zukunft Pendlerstrecken mit weniger als 30 Kilometer. Dies bedeutet, dass nach Vorstellung der Befragten tendenziell Wohn- und Arbeitsort näher zusammenrücken. Heute leben bereits 85 Prozent der Bevölkerung im städtischen Kernraum und dessen Einflussgebiet.  
 
Konsequenzen für die Bauwirtschaft 
Der Grossraum Basel ist eines dieser wichtigen städtischen Zentren der Schweiz. Was bedeutet der in Basel geäusserte Wunsch nach mehr Home Office und nach kürzeren Pendlerstrecken? Was heisst dies für die Bauwirtschaft? Wenn die Menschen künftig Lebens- und Arbeitsort noch näher beieinander haben wollen oder gar von zuhause aus arbeiten, wird die Nachfrage nach Wohnraum in den aktuell bereits stark beanspruchten Zentren weiter wachsen! Mit anderen Worten: Gewünscht sind nicht entvölkerte Zentren, in denen die Gebäude nur geschäftlich genützt werden – als schlechtes Beispiel kann hier London dienen – sondern Zentren, in denen gewerbliche und Wohnbauten nebeneinander Platz finden. Die Bauwirtschaft kann hier Lösungen bieten.   
 
Aufgrund der knappen Platzverhältnisse und der steigenden Nachfrage ist der Basler Wunsch eine Ansage an Urbanisierung und Verdichtung, die deutlich vorangetrieben werden müssten! Es muss einfacher werden, in Städten zu verdichten und grössere, an der Nachfrage orientierte Projekte bauen zu können. Das kann schlussendlich dem Heimatschutz und dem Ortsbild dienen, wie das Beispiel von Aarberg BE beweist. Im Mai 2019 beschloss die Gemeindeversammlung eine Zonenplanänderung, die einen Neubau der Migros direkt neben der Altstadt erlaubt. Das hat Auswirkungen: Schon heute steht im «Stedtli» kein Geschäft leer, denn es wird künftig möglich sein, per Fuss von der Migros aus Geschäfte in der Altstadt zu erreichen. Die lokalen Geschäfte profitieren also vom grossen Frequenzbringer. Gleichzeitig bleiben Arbeitsplätze in Fussdistanz von der Altstadt erhalten beziehungsweise werden neue geschaffen. Wenn Gebäude nicht leer stehen, dann werden sie erneuert und gepflegt – ein Vorteil für das Ortsbild. Gleichzeitig sollen im Migros-Neubau nicht nur Alterswohnungen entstehen, sondern auch Büros und Praxen. Das Beispiel zeigt: Mit Neubauten können einige Probleme elegant gelöst werden. 
 
Urbanisierung in der Schweiz 
Der in Basel geäusserte Wunsch unterstreicht den Bedarf nach neuen Lösungen. Noch werden aber entsprechende Bauprojekte gerade an dicht besiedelten Standorten vielfach zeitlich stark verzögert oder zum Scheitern gebracht, weil viele Einsprachen die Prozesse lähmen. Baubewilligungen sind heute zu kompliziert und langwierig. Sinnvolle Bauprojekte scheitern immer wieder an übertriebenem Heimat- und Denkmalschutz – obwohl das Beispiel Aarberg zeigt, dass diese im Gegenteil von Neubauten profitieren können. Gefragt sind deshalb schlanke und effiziente Verfahren, unterstützt durch die Digitalisierung. Weiter sind die Ausnützungsziffern und die möglichen Bauhöhen aktuell zu niedrig. Diese müssen angepasst werden, um der Nachfrage gerecht zu werden. 
 
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Schweizerischer Baumeisterverband

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