Kanton Aargau: Beim Beschaffungsrecht unter den Besten

Im Kanton Aargau tritt heute, 1. Juli 2021, das neue kantonale Beschaffungsrecht in Kraft. Neben der revidierten Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen IVöB umfasst es auch ein neues Dekret über das neue Beschaffungswesen DöB, dass die Verlässlichkeit des Preises und die unterschiedlichen Preisniveaus in den Ländern als Zuschlagskriterium aufführt. Damit ist der Kanton Aargau ein Vorbild für andere.

 

Pascal Johner, Geschäftsführer der Aargauer Baumeister, ist zufrieden. «Unsere guten Verbindungen in die Politik haben sich ausbezahlt», erläutert er. Sie seien, als es um den Beitritt zur revidierten Interkantonale Vereinbarung ging, auf den Mitte-Grossrat Alfons Kaufmann zugegangen, der als Unternehmer aus dem Ausbaugewerbe verstand, worum es ging. Kaufmann schuf in der Folge weit über die bürgerlichen Parteien hinaus eine breite Mehrheit für die Annahme.» Was Johner besonders freut: «Zwei Zuschlagskriterien, die im nationalen Beschaffungsrecht BöB drin sind, die aber im IVöB keine Aufnahme fanden, sind bei uns berücksichtigt und im Dekret über das neue Beschaffungswesen DöB festgehalten. Es handelt sich um die «Verlässlichkeit des Preises» und «Unterschiedliches Preisniveau in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird». Berücksichtigt. Besonders die «Verlässlichkeit des Preises/Plausibilität des Angebotes» ist wichtig, weil so Dumping-Angebote ausgeschlossen werden.» Im Kanton Tessin wird dieses Zuschlagskriterium bereits angewendet und es hat sich gezeigt, dass es einen Vorteil darstellt, auch für den Kanton.

Kontrolle und Ausschluss

Eine Vergabestelle kann demnach einen Abzug bei einem Angebot vornehmen, wenn ein Anbieter den mit der Leistung verbundenen Aufwand signifikant unterschätzt und/oder die Schwierigkeit eines Vorhabens nicht erkennt oder sonst unplausible Angaben macht. Für die Praxis bedeutet dies beispielsweise, dass die Schätzung des Stundenaufwands im Angebot entweder mit einer individuellen Qualitätsprognose oder durch eine Gegenüberstellung zu den Angeboten der Mitbewerber oder der internen Aufwandschätzung der Vergabestelle überprüft und verifiziert werden darf. Soll die Plausibilität des Angebots bewertet werden, ist in den Ausschrei-bungsunterlagen neben der Gewichtung dieses Zuschlagkriteriums auch anzugeben, wie die Bewer-tung konkret erfolgen wird. Das Kriterium «Verlässlichkeit des Preises» kann ähnlich wie das zuvor beschriebene Kriterium «Plausibilität des Angebots» angewandt werden. Es ist möglich, im Rahmen der Bewertung dieses Kriteriums, die Abweichung zum sogenannten Medianpreis als Unterkriterium zu berücksichtigen. Gehen ungewöhnlich niedrige Angebote ein, ist der Auftraggeber neu in der Pflicht, ergänzende Erkundigungen zur Einhaltung der Teilnahmebedingungen und zu den Leistungsanforderungen einzuholen. Ebenfalls neu ist, dass Anbieter, die frühere öffentliche Aufträge mangelhaft erfüllt habe oder in anderer Weise erkennen liessen, dass sie keine verlässlichen und vertrauenswürdigen Vertragspartner sind, vom Verfahren ausgeschlossen werden können.

Im DöB berücksichtigt wird ausserdem das Kriterium «Unterschiedliches Preisniveau in den Ländern, in welchen die Leistung erbracht wird».

Hin zum Qualitätswettbewerb

Neu gilt im Kanton Aargau im Beschaffungswesen, dass die beiden Kriterien Qualität und Preis immer zu nennen sind. Mögliche qualitative Zuschlagskriterien werden nicht abschliessend aufgezählt, genannt werden die Kreativität, der Kundendienst, Lieferbedingungen, die Infrastruktur, der Innovationsgehalt, die Funktionalität, die Servicebereitschaft, die Fachkompetenz oder die Effizienz der Methodik sowie die Nachhaltigkeit mit den drei Dimensionen Wirtschaftlichkeit, Ökologie und Soziales. Weiter werden die Lebenszykluskosten aufgeführt.

Einschränkung von Subunternehmern

Der Artikel 31, Absatz 3 des neuen Regelwerks führt aus, dass die «die charakteristische Leistung» grundsätzlich vom Anbieter zu erbringen ist. Damit sollen Angebote von Anbietern verhindert wer-den, die selbst keine oder nur untergeordnete Aufgaben übernehmen und die Erbringung von Leistungen an Subunternehmer weitergeben.

Johner findet das positiv ebenso wie die neue Regelung, dass die Vergabe auch an Unternehmen erfolgen kann, die noch keine öffentlichen Aufträge ausgeführt haben.

Neue Definition des Bauhauptgewerbes

Der Kanton Aargau definiert in seinen neuen Regeln, was unter den Begriff «Bauhauptgewerbe» fällt. Es betrifft namentlich folgende Auftragsarbeiten: Hoch- und Tiefbau, Strassenbau, Aushub-, Bagger- und Traxarbeiten, Abbrucharbeiten sowie Spezialtiefbau. Zum Bauhauptgewerbe können aber auch Zimmerei- oder Metallbauarbeiten gehören, sofern sie als Tragkonstruktion eines Gebäudes dienen.

 

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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