Kreislaufwirtschaft braucht die Digitalisierung

Am Swiss Economy Symposium, der am 7. und 8. September 2022 in Winterthur stattfand, war die Kreislaufwirtschaft im Bau eines der behandelten Themen. Das Fazit des entsprechenden Innovationsforums: Ohne die Digitalisierung funktioniert die Kreislaufwirtschaft im Bau nur schlecht.

 

Die knapper werdenden Rohstoffe führen auch in der Baubranche zu einem Umdenken, meinte Moritz Lüscher, Head of Digital, Schweizerischer Baumeisterverband SBV, in seinem Referat. Man mache sich vermehrt Gedanken über die Mehrfachnutzung und die Wiederverwertung von Gebäuden und Materialien sowie über alternative Konstruktionsmethoden und die Energieversorgung. Das Bauwerk Schweiz besteht aus 3,2 Milliarden Tonnen Baumaterial. Beim Aushub und beim Ausbruchmaterial liegt der Verwertungsanteil bei 75 Prozent, bei den Rückbaumaterialien bei 70 Prozent. Von den 40 Millionen Beton, die jährlich verbaut werden, macht Recyclingbeton allerdings nur 15 Prozent aus, hier besteht Verbesserungspotential.

Lüscher berichtete von der Branchen-Offensive, die eine Modernisierung des Gebäudeparks Schweiz fordert. Auf der Unternehmensseite sei es so, dass die fragmentierte Arbeitsteilung den Blick auf das Gesamtprojekt und dessen Lebenszyklus erschwere. «Es braucht einen Kulturwandel von der analogen und phasenbasierten zur digitalen und integrativen Bauweise», forderte Lüscher.

 

Standardisiserung beim BIM

Marloes Fischer, CEO Madaster, schlug in die gleiche Kerbe. «Ohne die Digitalisierung gibt es kein zirkuläres Bauen. BIM ist beim zirkulären Bauen sehr wichtig. Ein Standard beim BIM wäre ein wichtiger erste Schritt.»

Auch sie hält ein Neudenken und Umdenken für notwendig. Man könne zum Beispiel überlegen, mit weniger Baumaterial unter Einhaltung aller Normen, etwa der Erdbebensicherheit, zu bauen. Für sie braucht es Daten, denn ohne Daten gebe es kein Vertrauen. Daten würden ein gemeinsames Verständnis schaffen und für klare Zielsetzungen sorgen. Sie betonte, es sei sehr wichtig, festzuhalten, was genau in welcher Zusammensetzung verbaut worden ist, denn das erleichtere eine spätere Wiederverwendung.

Für Reto Largo, Geschäftsführer NEST der Empa ist es ebenfalls wichtig, das Primärmaterial zu reduzieren. Für ihn ist es ein Problem, dass man kein Zielsystem hat, also zum Beispiel keine Bewertung von CO2 existiert.

Beton kann man rezyklieren – oder man kann ganze Bauteile wiederverwenden. Ivo Angehrn, Manager Nachhaltigkeit und Digitalisierung Drees &Sommer Schweiz, berichtete von einem Urban Mining auf dem SBB Areal Wolf in Basel. Dort wurde eine Analyse des ökologischen Potenzials der Wiederverwendung von Bauteilen erstellt. Eine Frage ist die des Abbaus: Die Kosten für die Demontage müssen in die Rechnung reingenommen werden, was die – gebrauchten! – Bauteile verteuert. Dafür werden Treibhauskosten eingespart, weil kein neuer Beton produziert wird. Allerdings ist die Höhe dieser Treibhauskosten noch nicht festgehalten. Ein weiteres Urban Mining Projekt ist der SBB Bahnhof Lenzburg.

Alberto Cerri, Projektleiter Kreislaufwirtschaft, öbu, Verband für nachhaltiges Wirtschaften, konnte berichten, dass Stahlprofile europaweit formiert sind, weshalb sie gut wiederverwendet werden können.

Er erwähnte das Projekt «Re-use of Steel Sections RUSS». Ein zirkulärer Prozess könnte so aussehen, dass man zuerst erfasse und analysiere und dann die Möglichkeiten der Wiederverwendung prüfe. Die Demontage sei Sache des Immobilienbesitzers, dem man eine Offerte erstelle. Sein Verein hat auch einen direkten Draht zur Stahlindustrie, man wolle, was man nicht verwenden könne, sortenrein ins Stahlwerk liefern. Ein erster Round Table am 1. November 2021 an der Empa stiess auf grosses Interesse, der Wille zur Schaffung einer gemeinsamen zirkulären Lieferkette sei sehr gross. Allerdings ginge es nicht ohne eine Zwischenlagerung, hier brauche es die Hilfe der öffentlichen Hand. Es brauche weiter eine gemeinsame Definition der Produkte für die Digitalisierung. Es gebe Bestrebungen auf europäischer Ebene, Normen für die Wiederverwendung zu erarbeiten.

 

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Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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