Kurzarbeit wegen Lieferengpässen?

Die Nachfrage nach Baustoffen steigt täglich. Die Lieferanten können den hohen Bedarf nicht mehr decken. Deshalb fürchten Bauunternehmen gar einen Baustopp.

 

Bekanntlich blieben die Baustellen in der Schweiz im vergangenen Jahr trotz der zurzeit herrschenden Pandemie grösstenteils in Betrieb. Bauunternehmen konnten weiterarbeiten und brauchten Baumaterial. Doch die Produktion des Baumaterials setzte in der Krise aus, die Hochöfen zur Stahlproduktion wurden heruntergefahren. Heute hat dies zur Folge, dass die Lieferkette ins Stocken gerät.

Lieferverzögerungen gab es insbesondere bei Produkten, deren Rohstoffe auf Stahl und Erdöl basieren. Aktuell gibt es bei Dämmplatten, Schalltafeln und Schalungsträgern über zweimonatige Lieferverzögerungen.  Nun droht auf Baustellen ein Baustopp, sollte das Material weiterhin knapp bleiben. Wie der SBV in Erfahrung gebracht hat, musste im Kanton Luzern bereits auf einigen Baustellen die Arbeit aufgrund fehlenden Materials eingestellt werden.

Für viele Bauunternehmen stellt sich nun berechtigterweise die Frage nach der Kurzarbeit. Der Schweizerische Baumeisterverband hat deshalb im Juli eine Anfrage beim Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) platziert, mit der Bitte um eine Stellungnahme betreffend Anspruch auf Kurzarbeitentschädigung im Zusammenhang mit Lieferverzögerungen. Die Stellungnahme des SECO ist kürzlich beim SBV eingetroffen.

Vorerst ist zu erwähnen, dass nach konstanter bundesgerichtlicher Rechtsprechung Terminverschiebungen im Baugewerbe auf Wunsch von Auftraggebern oder aus anderen Gründen, selbst wenn diese von den mit der Ausführung von Arbeiten beauftragten Unternehmen nicht zu verantworten sind, nichts Aussergewöhnliches darstellen. Die dadurch bedingten Arbeitsausfälle sind daher grundsätzlich nicht anrechenbar.

Lieferengpässe können zu Terminverschiebungen führen bzw. stellen vorübergehende Baustopps eigentliche Terminverschiebungen dar, welche gemäss Bundesgericht grundsätzlich zum normalen Betriebsrisiko gehörend zu erachten wären. Das Seco hält fest, dass eine Pandemie jäh auftritt und schwere Konsequenzen hat. Deshalb kann sie nicht als normales, vom Arbeitgeber zu tragendes Betriebsrisiko betrachtet werden. Deshalb sind Arbeitsausfälle aufgrund rückläufiger Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sowie aufgrund von Lieferengpässen, die auf die Pandemie zurückzuführen sind, anrechenbar. Der Arbeitgeber muss jedoch glaubhaft darlegen können, dass die in seinem Betrieb zu erwartenden Arbeitsausfälle auf das Auftreten der Pandemie zurückzuführen sind. Der einfache Hinweis auf die Pandemie genügt nicht als Begründung.

Sofern die jeweils betroffenen Betriebe darzulegen vermögen, dass die Arbeitsausfälle auf solche pandemiebedingten Engpässe zurückzuführen sind, wären sie nicht zum normalen Betriebsrisiko gehörend zu erachten. Sollten auch alle übrigen Anspruchsvoraussetzungen für die Kurzarbeitsentschädigung erfüllt sein, besteht daher in diesen Fällen ein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung. Die Prüfung ist jeweils im Einzelfall vorzunehmen.

Der SBV steht seinen Mitgliedern für allfällige Fragen zu diesem Thema gerne zur Verfügung. Merkblätter finden Sie hier.

 

Ein Musterschreiben kann hier heruntergeladen werden.

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Schweizerischer Baumeisterverband

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