Lernende realisierten eine neue Lernlandschaft

Ein Beispiel, das Schule machen sollte: In Thayngen SH haben Lernende aus 14 Gewerbebetrieben weitgehend selbständig drei Klassenräume zu einer modernen Lernlandschaft umgebaut. Den Maurerlernenden Kian Stump von der Schlatterbau AG hat die Erfahrung sehr motiviert.  

Im eigenen Tempo arbeiten können und Fehler machen zu dürfen – das können Lernende auf dem Bau häufig nicht. Ausser sie werden auf Baustellen eingesetzt, auf der es nur Lernende gibt. Diesen Idealfall gab es in der Primarschule Thayngen beim Umbau dreier Klassenräume zu einer Lernlandschaft. Möglich gemacht hat es der Verein «Gemeinsam gegen Fachkräftemangel», der von Schaffhauser Gewerbebetrieben aus dem Bauwesen gegründet wurde. Unter dem Namen «Lernende Bauen Zukunft» realisieren die Stiftinnen und Stifte dieser Betriebe eigenständig Bauprojekte. Der Bauherr muss dafür die Arbeit der Lernenden nicht entlöhnen, die Betriebe schicken sie gratis, er kommt nur für das Baumaterial auf. Das vorbildliche Projekt verlangt von den Lehrbetrieben also einiges an Goodwill. Den Stephan Schlatter von Schlatterbau gerne aufbringt. «Es ist eine sehr gute Sache. Die Lernenden profitieren ausserordentlich und sind motivierter. Ich führe unser Unternehmen in zweiter Generation und möchte, dass wir auch künftig genügend Fachleute beschäftigen können. Das geht nur, wenn wir dafür auch etwas tun», sagt er. 

Immer komplexer geworden 

Der Thaynger Gemeinderat sei sehr erfreut gewesen, als er hörte, die Schule erhalte eine moderne Lernlandschaft und das gratis. Ganz so war dem zuletzt doch nicht so, denn das Projekt wurde immer komplexer und kostete zuletzt 167 000 Franken. Das lag daran, dass entschieden wurde, nicht nur Türen auszuhängen, sondern – tragende – Wände zu entfernen. 77 000 Franken bezahlte die Gemeinde, für den Rest gab es Fördergelder und ein Teil wurde von den beteiligten Unternehmen durch Eigenleistung erbracht.

Die Projektleitung oblag ebenfalls einer Lernenden, Kaya Leu von Rellstab Hugger Partner AG, die den Gemeinderat und die Schulverantwortlichen von ihren Plänen zu überzeugen vermochte. Ihr Lehrmeister meinte dazu sec: «Immer wenn ich gemeint habe, etwas beitragen zu sollen, habe ich gesehen: Kaya hat es schon erledigt.» Sie machte auch brandschutztechnische und statische Abklärungen sowie die Bauleitung.  

Baustelle kommt in die Schule 

Verantwortung übernehmen mussten auch die anderen Lernenden. Der Maurerlernende im 2. Lehrjahr von Schlatterbau, Kian Stump, erzählt, dass er sich etwa mit der Schule abgesprochen habe, wann gespitzt werden konnte. Die Arbeiten fanden schliesslich im laufenden Schulbetrieb statt. «Das war ja das Coole, die Schülerinnen und Schüler konnten den Lernenden bei der Arbeit zusehen und Fragen stellen», meint Schlatter und ergänzt: «Eine tolle Werbung für unsere Bauberufe.» Um alle Aufgaben stemmen zu können, mussten die Lernenden einander über die einzelnen Gewerke hinweg unterstützen, was sehr gut geklappt hat. Stump erzählt: «Ich habe schon bei Lehrbeginn gedacht, dass ich gerne einmal Polier sein würde. Die Erfahrung mit «Lernende Bauen Zukunft» hat mich einerseits in dieser Absicht noch bestärkt, andererseits hat sie mir aufgezeigt, was Poliere alles können müssen, damit alles auf einer Baustelle funktioniert und immer genug Baumaterial da ist. Um das zu beherrschen, muss man viel lernen, ist mir klar geworden. Das werde ich.» Stump wurde bei seinen Arbeiten von einem Strassenbaulernden der Cellere AG unterstützt. 

Spriessungen und Stahlträger 

Neben dem Entfernen der Wände musste Stump Spriessungen unten und oben vornehmen. 600 Kilogramm schwere Stahlträger, die aus Brandschutzgründen verkleidet wurden, sorgen für Stabilität. Einzig beim Einsetzen der Stahlträger waren aus verständlichen Gründen auch bereits erfahrene Profis mit an Bord. 

Das Projekt wurde mit dem «prix.vision», dem Förderpreis der Schaffhauser Berufsbildung, ausgezeichnet. 

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