Lohnabzüge in Millionenhöhe zweckentfremdet: Gewerkschaften lenken für Lohnschutz und Bildung bestimmte Gelder in eigene Organisationen

Über ein in die Gesamtarbeitsverträge eingeflochtenes komplexes Konstrukt von Kickbacks lenken die Gewerkschaften jedes Jahr Millionenbeträge in die eigene Kasse. Dies hat die «Tagesschau» heute öffentlich bekannt gemacht.

Über ein in die Gesamtarbeitsverträge eingeflochtenes komplexes Konstrukt von Kickbacks lenken die Gewerkschaften jedes Jahr Millionenbeträge in die eigene Kasse. Dies hat die «Tagesschau» am Dienstag, 18. Juni 2024, öffentlich bekannt gemacht. Der Schweizerische Baumeisterverband SBV fordert seine Sozialpartner Unia, Syna und Baukader dazu auf, diese missbräuchliche Zweckentfremdung unverzüglich einzustellen. Sämtliche dadurch freiwerdenden Beträge sind dem Baustellenpersonal und den betroffenen Bauunternehmen zurückzugeben, indem die Lohnabzüge entsprechend gesenkt werden. Gelder, die zweckgebunden für den Schutz von Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die Aus- und Weiterbildung eingezogen werden, sind strikt nur für diesen Zweck einzusetzen.

Die «Tageschau» hat in ihrer Hauptausgabe vom Dienstag, 18. Juni 2024 öffentlich bekannt gemacht: Gelder, die bei allen Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern sowie bei Unternehmen obligatorisch und verbindlich für alle über Lohnabzüge eingezogen werden, fliessen über Mitgliedschafts-Rabattprogramme zurück an die Gewerkschaften. Mit anderen Worten: Es werden von allen Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern Lohnabzüge einkassiert und damit die Mitgliederbeiträge der Gewerkschaftsmitglieder querfinanziert.

Das in Gesamtarbeitsverträgen gut versteckte Rückerstattungssystem ist nichts anderes als eine Zweckentfremdung von Geldern, die eigentlich für den Lohnschutz oder die Bildung eingesetzt werden müssten. Die Zweckentfremdung verstösst gegen die geltenden rechtlichen Bestimmungen sowie gegen die Weisung des Seco, in welcher klar festgehalten wird: «Die Verwendung von Rückerstattungen für reine Verbandszwecke sowie im Zusammenhang mit GAV-Verhandlungen ist nicht gestattet.»

Pikant: Dieselben Gewerkschaften, die über den Kaufkraftverlust der Arbeitnehmenden klagen und die steigenden Mietzinsen und Krankenkassenprämien hervorheben, haben keine Hemmung, Millionenbeträge kollektiv genau von diesen Leuten zu kassieren und für die eigene Organisation statt für den Lohnschutz und die Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu nutzen.

Im Bauhauptgewerbe mehrfach Streichung gefordert

Die Kickback-Konstrukte sind wenig transparent in allgemein verbindlich erklärte Gesamtarbeitsverträge eingeflochten – so auch in das Vertragswerk für das Bauhauptgewerbe. Um diese abzuschaffen, braucht es die Zustimmung der Gewerkschaften, was diese bisher kategorisch ablehnten. Denn der Schweizerische Baumeisterverband hat die Gewerkschaften in den vergangenen Jahren wiederholt dazu aufgefordert, diese Zweckentfremdung der Lohnschutz- und Bildungsgelder aufzugeben und auf die Kickbacks zu verzichten.

Das Ausmass der Zweckentfremdung lässt sich exemplarisch für das Bauhauptgewerbe aufzeigen. Die Kickbacks betragen im Bauhauptgewerbe durchschnittlich pro Jahr gerundet 6 Millionen Franken. Daneben erhalten die Gewerkschaften für die Verwaltungskosten der Rückerstattungen zusätzlich jährlich im Durchschnitt gerundet 470’000 Franken. Die Gewerkschaften erhalten somit durchschnittlich zweckentfremdete Gelder aus dem Parifonds Bau in der Höhe von 6’470’000 Franken jährlich. Dies belegen die Geschäftsberichte des Parifonds Bau aus den Jahren 2016 bis 2022.

Zweckentfremdung ist unverzüglich einzustellen

Der Schweizerische Baumeisterverband appelliert an die Gewerkschaften Unia, Syna und Baukader als seine Vertragspartner für den Landesmantelvertrag und fordert:

  1. die Zweckentfremdung von Geldern über das Kickback-System im Bauhauptgewerbe sofort einzustellen und Hand zu bieten für die Anpassung der entsprechenden Statuten und Reglemente.
  2. die zweckgebunden für den Schutz von Lohn- und Arbeitsbedingungen sowie die Aus- und Weiterbildung eingezogenen Zwangsabgaben strikte für diesen Zweck einzusetzen.
  3. die durch den Verzicht auf die zweckentfremdeten Gelder freiwerdenden Beträge den Bauarbeiterinnen und Bauarbeitern und den betroffenen Unternehmen zurückzugeben, indem die Lohnabzüge künftig entsprechend gesenkt werden können.
  4. allfällige Vergünstigungen und Rabattierungen von mit der Gewerkschaftsmitgliedschaft verbundenen Leistungen strikte von den Finanzierungsströmen der allgemeinverbindlich erklärten Vollzugs- und Bildungsfonds zu trennen und diese innerhalb der Organisationen der Gewerkschafen abzuwickeln.

Kontakt für weitere Auskünfte

Jacqueline Theiler, Leiterin Kommunikation SBV
Tel. 058 360 76 42, [email protected]

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Schweizerischer Baumeisterverband

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