Mehr Nachhaltigkeit, weniger Preis

Die Kantone machen sich an die Einführung des neuen Beschaffungsrechts.

Mehr Nachhaltigkeit, weniger Preis

Die Vergabestellen von Bund und Kantonen beschäftigen sich zurzeit intensiv mit dem neuen Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) und der Interkantonalen Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen (IVöB 2019). Auf nationaler Ebene bereits seit Januar 2021, auf kantonaler Ebene aktuell in rund zehn Kantonen. Bund, Kantone und Gemeinden haben ein neues Gesetz, dessen Ziel den wirtschaftlichen und den volkswirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel ist. So erhält neu das vorteilhafteste Angebot den Zuschlag, und nicht mehr das wirtschaftlich günstigste.

Wer glaubt, dass sich mit dem neuen Gesetz nicht viel ändern wird, liegt falsch. Wie mehrere Experten, bin ich vom Gegenteil überzeugt. In der Baubranche interessierten sich bisher nur gerade die Spezialisten für das öffentliche Beschaffungswesen, darunter Kantonsingenieure oder die für das Bauressort zuständigen Gemeinderäte. Mit dem neuen Gesetz hat die Legislative jedoch erkannt, welche Möglichkeiten für einen besseren Umgang mit öffentlichen Mitteln bestehen. Beispielsweise dank dem Anwenden von Nachhaltigkeitsprinzipien. So interessiert sich heute ein grösserer Kreis für die öffentliche Beschaffungen.

Mit dem neuen Gesetz hat die Legislative jedoch erkannt, welche Möglichkeiten für einen besseren Umgang mit öffentlichen Mitteln bestehen, beispielsweise dank dem Anwenden von Nachhaltigkeitsprinzipien.

Mehr Nachhaltigkeit, weniger Preis. Die Richtung ist vorgegeben. Das bedeutet, dass man vom Prinzip «80 Prozent Nominalpreis, 20 Prozent Qualität» wegkommen muss. Ich würde sogar sagen, dass ich als Zuständiger für die öffentlichen Beschaffungen einer Gemeinde mit einem solchen Prinzip weiterhin gut schlafen könnte, zumal der Zuschlag auf einer mathematischen Formel beruht. Die richtigen Qualitätskriterien zu definieren und sie auf einer Skala von 1 bis 5 zu bewerten, steht jedoch auf einem anderen Blatt.

Der Schweizerische Baumeisterverband SBV unterstützt den Paradigmenwechsel im neuen Gesetz. Er begleitet seine Mitglieder in diesem Veränderungsprozess und setzt sich bei der öffentlichen Hand für eine KMU-taugliche Umsetzung des Gesetzes ein. Tatsächlich beschäftigen rund 60 Prozent der SBV-Mitgliedsfirmen weniger als 20 Arbeitnehmende. Diesen Aspekt gilt es bei der Auswahl der Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen. Wie kann eine Kleinfirma rund zehn Labels einhalten? Man wird gute Zuschlagskriterien definieren müssen. Es braucht Testprojekte. Dabei wird es sicherlich zu Fehleinschätzungen kommen, aufgrund derer man Korrekturen vornehmen muss. Auch werden Beispiele aus anderen Kantonen und Gemeinden beigezogen.

Der SBV führt gemeinsam mit bauenschweiz ein Monitoring des neuen Gesetzes. Das Monitoring ist auch Grundlage für den Dialog, den der SBV und seine Sektionen mit den Behörden führt. Alle Akteure müssen angehört werden.

Über den Autor

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Laurent Widmer

Wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik - Public Affairs

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