Mut zur Kreditanfrage

Um laufende Ausgaben decken zu können, den Einkaufspreis für Baumaterial vorzustrecken oder grössere Investitionen und Anschaffungen, etwa für Baumaschinen, stemmen zu können, brauchen viele Baufirmen eine Fremdfinanzierung. Vor fünf Jahren hatten in der Schweiz Total noch 62% der KMU keine Fremdmittel. Heute sind es nur noch 37%.

Der Zugang etwa zu Krediten von Banken oder staatlichen Fördermitteln ist daher kritisch. 62% der kleinen und mittleren Betriebe aus der Baubranche haben 2021 Fremdkapital aufgenommen. 36% der KMU-Baufirmen haben dabei sowohl einen Bankkredit als auch einen Covid-19-Notfallkredit ausstehend. Diese Notfallkredite hatte der Schweizer Bundesrat beim Ausbruch der Pandemie im Frühjahr 2020 eingeführt, um ausreichend Liquidität bei den Firmen sicherzustellen. Weitere 16% der KMU aus der Baubranche haben nur einen Covid-19-Notfallkredit ohne Fremdkapital von Banken in ihren Büchern stehen. Umgekehrt haben 12% der Firmen Verbindlichkeiten bei Banken, nicht aber beim Bundesrat ausstehend.

Gerade in den ersten beiden Jahren nach ihrer Gründung sind Firmen besonders auf Geldmittel und ausreichend Liquidität angewiesen. 30% der Baufirmen überleben die ersten beiden Jahre nach ihrer Gründung nicht. Fünf Jahre nach der Gründung existiert die Hälfte der Unternehmen nicht mehr: sie haben aufgegeben, gingen Konkurs oder wurden vielleicht von einem anderen Unternehmen übernommen. Der Zugang zu Fremdmitteln ist dementsprechend wichtig. In den letzten fünf Jahren ist der Anteil von KMU in der Baubranche mit einer Bankfinanzierung deutlich gestiegen.

Die Unternehmensgrösse ist für KMU in der Baubranche ein entscheidender Einflussfaktor, ob sie einen Kredit von einer Bank erhalten. 12% der kleinen Baufirmen mit 2-9 Beschäftigen beschreiben den Zugang zu externen Finanzmitteln als ihre grösste Herausforderung. Dieser Anteil ist doppelt so gross im Vergleich zu Unternehmen, die 10 bis 49 Beschäftigte oder mehr als 50 Mitarbeitende zählen. Überraschenderweise gilt der Zusammenhang, dass kleine Unternehmen einen schwierigeren Zugang zu Bankkrediten haben, nicht für alle Branchen gleichermassen. In der MEM-Industrie (Maschinen, Elektro- und Metall) beklagen sich nur 7% der kleinen Unternehmen über den Zugang zu Kreditmitteln, aber 10% der mittelgrossen.

Viele Firmen haben einen Bedarf an Bankkrediten, aber sie kennen ihre eigene Bonität nicht. Sie glauben, dass sie keine Chance auf einen Kredit hätten, sie wissen es aber nicht. In den letzten fünf Jahren hat sich der Anteil der Bau-KMU, die eigentlich einen Bankkredit bräuchten, aber die zu entmutigt sind, um einen Kreditantrag zu stellen, von 6% auf 12% verdoppelt. Die meisten Unternehmen befürchten, dass die verlangten Sicherheiten oder Kosten zu hoch wären oder, dass der Kreditprozess zu umständlich wäre. Dabei stellt sich heraus, dass die Furcht vieler Firmen unberechtigt war, sie hätten den Kredit zugesprochen bekommen. Denn: die Gruppe der entmutigten KMU ist 60 mal so gross wie jene Gruppe, die einen Kredit zwar beantragt, aber nicht erhalten hat.

Baufirmen sei an dieser Stelle empfohlen, dass sie zwei bis drei Kreditofferten bei verschiedenen Banken einholen sollten, denn die Baufirmen unterschätzen oft ihre eigene Bonität. Zudem sei darauf hingewiesen, dass es in der Schweiz vier vom Bund unterstützte Bürgschaftsorganisationen gibt. Baufirmen können sich an diese Bürgschaftsorganisationen wenden, mit deren Hilfe der Zugang zu einem Bankkredit vereinfacht werden sollte.