Rekordhohe Preise für Baumaterial relativieren Umsatzanstieg

Im zweiten Quartal 2022 sind der Umsatz um 6% und der Auftragseingang um 12% gegenüber der Vorjahresperiode gewachsen. Relativiert wird das Wachstum durch den starken Preisanstieg vieler Baumaterialien sowie eine markante Erhöhung der Energie- und Transportkosten, wodurch die unterdurchschnittlichen Margen im Bauhauptgewerbe weiter unter Druck geraten. Der Bauindex der Credit Suisse und des Schweizerischen Baumeisterverbands (SBV) sagt für das 3. Quartal 2022 ein Umsatzplus von 8.9% gegenüber dem Vorjahresquartal voraus. Mittelfristig sind die Aussichten aber etwas getrübt: Der SBV erwartet bis Jahresende weitere Leitzinserhöhungen durch die Schweizerische Nationalbank, die das Umsatzwachstum mittelfristig bremsen dürften.

 

Quelle: Quartalserhebung und Produktionskostenindex SBV

 

Materialpreise stärker gestiegen als Bautätigkeit

Es wird rege gebaut, der Umsatz im Bauhauptgewerbe belief sich im 2. Quartal 2022 auf 6.1 Mrd. Franken, was einer Zunahme um 6.1% gegenüber dem Vorjahresquartal entspricht. Diese nominale Steigerung ist teilweise durch deutliche Preisanstiege vieler Baumaterialien wie Stahl-, Kunststoff- und Bitumenprodukte geprägt. Diesel war im 2. Quartal 2022 durchschnittlich 45% teurer als im 2. Quartal 2021. Andere Materialien und Produkte wie etwa Bewährungsstäbe (+87%), Kunststoffrohre (+19%), Kantholz (+14%) und Bitumen (+12%) verzeichneten ebenfalls Preisanstiege. Dies zusätzlich zu den starken Preissteigerungen, welche zuvor die Corona-Pandemie auf allen Baumaterialien ausgelöst hatte. Zwar handelt sich um die Durchschnittswerte des jeweiligen Quartals, während sich die Preise der einzelnen Bauprodukte sehr volatil verhalten. Doch im Langzeitvergleich haben die Baumaterialpreise im Jahr 2022 ein rekordhohes Niveau erreicht. Für die Bauunternehmen ist es zentral, dass sie solche ausserordentlichen Preisänderungen beim Baumaterial sowie den Energie- und Transportkosten gegenüber ihren Auftraggebern geltend machen können – sowohl gegenüber öffentlichen Bauherren, als auch gegenüber privaten Bauherren. Vertragsbedingt ist dies längst nicht immer möglich.

Das Baumaterial macht einen signifikanten Teil der Produktionskosten aus, welche die Baumeister zu tragen haben. Im Hochbau (Mehrfamilienhaus) hat sich die Produktion um 11.2% verteuert, im Tiefbau (Belagsbau) um 7.9%. Der Umsatz ist weniger stark gestiegen als die Kosten, wodurch die ohnehin tiefe Gewinnmarge von 2% bis 3% weiter gesunken ist.

Seit Jahresbeginn haben die privaten Baugesuche deutlich zugenommen und auch die Zuschläge öffentlicher Bauherren bewegen sich auf einem hohen Niveau. Im Bauhauptgewerbe stieg dementsprechend der Auftragseingang um über 12% auf 6.4 Mrd. Franken. Sowohl private als auch öffentliche Bauherren haben deutlich mehr Aufträge gesprochen, obschon auch hier die Entwicklung der Baumaterialpreise die Lage etwas schönfärbt.

Harter Wettbewerb um Arbeitskräfte

Die Arbeitslosenquote des Bauhauptgewerbes betrug im Juni tiefe 2.5%, in den Jahren zuvor lag die Quote im Juni zwischen 3% und 4%. Rund 91‘000 Personen waren per 30.6. im Bauhauptgewerbe angestellt, das sind 2‘500 mehr als noch drei Monate zuvor. Der Arbeitsmarkt ist stark umkämpft, Fachkräfte sind sehr gesucht. 40% der meldenden Unternehmen haben mehr Personal eingestellt.

 

Weitere Zinsanstiege erwartet

Im Juni 2022 stiegen die Leitzinsen von -0.75% auf -0.25%. Aufgrund der Inflation sind bis zum Jahresende weitere schwache Leitzinserhöhungen durch die Schweizerische Nationalbank zu erwarten. Berechnungen des SBV gehen indes davon aus, dass ein solcher wiederholter Zinsanstieg die Bauausgaben nicht abrupt einbrechen lassen würde. Stattdessen bedeutet ein Zinsanstieg um 1.0%, dass die Bauausgaben über einen Zeitraum von sechs Jahren gesamthaft um 1.6% sinken. Der Umsatz im Bauhauptgewerbe dürfte also mittel- bis langfristig langsamer wachsen. Kurzfristig, das heisst für das 3. Quartal 2022, sagt der Bauindex der Credit Suisse und des SBV ein Umsatzplus von 8.9% gegenüber dem Vorjahresquartal voraus.

 

Übersicht Daten 2. Quartal 2022

 

Detaillierte Daten zur Baukonjunktur

 

Bauindex

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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