Resistente Bauwirtschaft im internationalen Zoll-Wirbelsturm

Die letzten Tage waren ein einziges Hin und Her. Die USA haben Zölle erhöht. China, die EU und andere Staaten haben mit Gegenmassnahmen reagiert. Dann wieder Kehrtwende in den USA. Der SBV erwartet, dass die Schweizer Volkswirtschaft weniger stark und die Baubranche wenig tangiert werden.

Wer die Nachrichten über den internationalen Handel in den letzten Tagen verfolgte, konnte leicht den Überblick verlieren. Die USA haben zuerst einen Basiszoll von 10 Prozent eingeführt, nur um sie um «reziproke» Aufschläge weiter zu erhöhen. Wenige Tage später wurden viele US-Zölle wieder für drei Monate ausgesetzt, aber nicht für alle Länder und nicht alle Produkte. Die EU hat Gegenmassnahmen beschlossen, lässt aber die Hintertür für Verhandlungen offen. Am schärften hat China reagiert. Sollte der Handel zwischen den USA und China stark einbrechen, so hätte dies spürbare Auswirkungen weltweit – aber so weit ist es noch nicht. Die Unsicherheit bleibt verständlicherweise hoch. Nachfolgend sollen einige Frage rund um die Schweizer Konjunktur und Bauwirtschaft beantwortet werden.

Wo kann ich mich laufend über die Zollentwicklungen informieren?

Economiesuisse hat einen Newsticker eingeführt, um die möglichen Auswirkungen auf die Schweiz zeitnah herauszufiltern. Der Global Trade Alert der Universität St. Gallen erhebt seit über 15 Jahren internationale Zölle und Handelsbeschränkungen (Englisch).

Wie ist die Schweizer Volkswirtschaft betroffen?

Schweizer Exportbranchen, deren Waren und Dienstleistungen zu einem hohen Grad in den USA nachgefragt werden, werden Umsatzeinbussen erleiden. Weitere Zielmärkte wie die EU oder China könnten undifferenziert Zölle auf alle ihre Importe erheben, bislang gibt es aber dafür keine Anzeichen.

Der SBV schätzt, dass das Schweizer BIP im laufenden Jahr mit 0,5 bis 1,5 Prozent real wächst. Der Zoll-Wirrwarr dämpft das Wachstumstempo und das Risiko einer Rezession ist gestiegen. Aber ein langsames Wachstum bleibt das wahrscheinlichste Szenario.

Die internationalen Finanzmärkte wurden in Aufruhr versetzt. Die Zinsen auf Schweizer Staatsanleihen sind gesunken. Der Franken hat aufgewertet, gilt er Investoren gerade in turbulenten Zeiten als harte Währung. Der erstarkte Franken senkt die Preise auf importierte Güter.

Mit welchen Auswirkungen muss die Baubranche rechnen?

Das Schweizer Bauhauptgewerbe ist vor allem binnenwirtschaftlich geprägt. Sie dürfte tendenziell kaum bis leicht positiv betroffen sein. Dieser überraschende Befund könnte auf den ersten Blick kontraintuitiv erscheinen. Denn die erhöhte Unsicherheit veranlasst Unternehmen, geplante Investitionen zu verschieben oder abzusagen. Davon könnten beispielsweise Bauprojekte betroffen sein, so dass die Bautätigkeit in der Sparte «Wirtschaftsbau» leiden könnte. Die Baugesuche in dieser Sparte waren 2024 deutlich geklettert, aber im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld wird wohl ein spürbarer Anteil nicht umgesetzt. Die Sparte Wirtschaftsbau macht grob 15 Prozent des Gesamtumsatzes aus. Wenn sie rückläufig ist, spürt dies die Branche, aber die Schmerzen halten sich in Grenzen.

Es gibt andere Argumente, welche die Bautätigkeit in den anderen, teils grösseren Sparten sogar positiv beeinflussen könnten. Im Durchschnitt liegt die Jahresrendite von Schweizer Aktien bei etwa 6 Prozent, jene von Schweizer Immobilien knapp tiefer bei deutlich tieferem Risiko. Auch die Preisschwankungen bei Aktien sind wesentlich grösser als bei Immobilien. Die turbulenten Aktienmärkte der letzten Tage dürften dafür gesorgt haben, dass Investoren ihre Gelder von Aktien in Immobilien umgeschichtet haben.

Schweizer Anleger haben ihre internationalen Investitionen zurückgefahren und in den Heimatmarkt transferiert, um zumindest das Währungsrisiko auszuschalten. Ein Teil dieser rückgeführten Gelder dürfte ebenfalls in Immobilien fliessen.

Die Erstarkung des Schweizer Franken und die Aussicht auf eine tiefere Inflation, vielleicht sogar eine leichte Deflation, könnten die Nationalbank überzeugen, die Zinsen noch weiter zu senken. Zinssenkungen stimulieren die Bautätigkeit positiv. Insbesondere der Wohnungsbau, die zweitgrösste Sparte des Bauhauptgewerbes, könnte davon profitieren.

Wie werden sich die Preise für Baumaterial entwickeln?

Bisher zeigen sich keine Auswirkungen auf die Verfügbarkeit oder Preise von Baumaterialien. Der SBV rechnet damit, dass diese Stabilität anhalten wird. Folgerichtig prognostiziert er ein nur leichte Zunahme des Baupreisindex im April 2025 von nur 0,1 Prozent. Infolge der Corona-Pandemie und des Ukraine-Kriegs hatte sich beispielsweise der Stahl stark verteuert. Betrachtet man jedoch die Materialpreisindizes KBOB oder die Import- und Exportpreise für Stahlschrott, so blieben die Preise für Stahl in der Schweiz in den letzten Wochen sehr stabil. Beim Stahl zeigt sich der globale Markt zwiegespalten, weil die Stahlpreise zwar in den USA und Westeuropa (ohne Schweiz) aufgrund der Zölle gestiegen sind, umgekehrt aber die Preise in China und den Exportmärkten infolge Überkapazitäten sanken. Für die Schweiz haben sich diese Effekte ausgeglichen.

Bei weiteren Fragen können sich Mitglieder des SBV gerne an [email protected] wenden.

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Martin Maniera

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