Soziale Nachhaltigkeit dank Bau

Die Baubranche fördert das Wirtschaftswachstum und reduziert die Ungleichheit von Einkommen, international und in der Schweiz.

Das Bruttoinlandprodukt (BIP) pro Kopf misst den Entwicklungsgrad eines Landes. Seit 1950 hat sich das Schweizer BIP pro Kopf real, d.h. ohne Inflation, vervierfacht. Im frühen Entwicklungsstadium sprangen die Bauausgaben von 10% auf 20% des BIP. Die Ölpreiskrise 1973 und die Blase der Immobilienpreise 1990 bedeuteten eine Zäsur. Aber selbst in der modernen Schweiz mit den wichtigen Branchen Pharma, Chemie, Banken und IT bleibt der Anteil der Baubranche stabil bei 10%.

Bauausgaben tun Gutes

Strassen, Schienen und Tunnels verbinden Städte, Wirtschaftszentren und Randregionen. Infrastruktur ist die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum, weil dadurch Menschen und Güter rasch zu jenen Orten gelangen, wo sie am produktivsten eingesetzt werden können. Insbesondere in Entwicklungsländern ist die Infrastruktur ausschlaggebend. In der Grafik entspricht ein Punkt einem Land weltweit zwischen 1970 und 2020. Die Anteile der Bauausgaben am BIP sind berechnet als Durchschnitt eines 5-Jahres-Intervalls (1970-1974, 1975-1979 usw.). Das BIP-Wachstum entspricht dem Durchschnitt im darauffolgenden 5-Jahresintervall. Die rote Linie zeigt einen leicht positiven Effekt: Steigt der Anteil der Bauausgaben am BIP, wächst die Wirtschaft fünf Jahren. Das Wachstum ist aber nicht garantiert, sogar negative Effekte können sich ergeben (Ressourcenverschwendung, Korruption, usw.).

Mehr Lohngleichheit wegen guter Infrastruktur

Ist eine Ortschaft nicht erschlossen, können ihre Einwohner nicht in andere Städte pendeln, um einer besser bezahlten Arbeit nachzugehen oder um sich fortzubilden. Von diesem Chancenzugang profitieren insbesondere Niedrigverdiener. Dementsprechend sorgen eine höhere Quantität (z.B. Kilometer an Strassen) und Qualität (etwa keine Schlaglöcher) der Infrastruktur für eine gleichmässigere Verteilung der Löhne. Der Gini-Index besagt, dass je näher ein Land bei 0 Punkten ist, desto gleichmässiger sind die Einkommen verteilt. Der Infrastrukturindex vergibt bis zu 5 Punkte für die beste Qualität an physischer Infrastruktur für Handel und Transport. Der Zusammenhang ist eindeutig: Bessere Infrastruktur reduziert die Lohnungleichheit.

Mehr Lohngleichheit dank Bauhauptgewerbe

In der Schweiz ermöglicht die gute Infrastruktur, dass Personen in der Peripherie zu niedrigen Mieten wohnen und in die Stadt pendeln, wo hohe Löhne gezahlt werden. Das Bauhauptgewerbe reduziert die Ungleichheit noch auf eine weitere Weise: Im Vergleich zu den wesentlich breiter gestreuten Löhnen in der Schweiz sind die gewerblichen Löhne im Bauhauptgewerbe (Baustellenpersonal, kein Büro- oder Führungspersonal) wesentlich enger im mittleren bis hohen Lohnbereich konzentriert. Insbesondere Beschäftigte ohne formellen Bildungsabschluss verdienen im Bauhauptgewerbe mehr als in vergleichbaren Berufen anderer Branchen. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um das hohe Lohnniveau und die hohe Lohngleichheit in der Schweiz zu halten.

Über den Autor

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Martin Maniera

Ökonom & wissenschaftlicher Mitarbeiter Politik

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