Spektakulärer Bau auf einer Kreuzung

Ein kniffliges Projekt: Unten wird gebaut, oben fliesst der Verkehr. Mitten in der Stadt St. Gallen, bei einem der wichtigsten Verkehrsknoten, entsteht eine neue Fuss- und Radwegverbindung.  

Der Startschuss für den Neubau einer unterirdischen Fuss- und Radwegverbindung namens Beginenweg zwischen Bahnhof Nord und Kreuzbleiche in der Stadt St. Gallen, erfolgte im Frühling 2024. Seither lockt das spektakuläre Bauprojekt täglich Schaulustige an. «Das Spezielle an dieser Baustelle ist ihre Komplexität. Während unterirdisch gearbeitet wird, muss oben weiter der Verkehr fliessen», sagt Reto Bai, Bauführer der Hastag St. Gallen Bau AG. Genau dies ist der Knackpunkt: Der Verkehrsknoten an der Kreuzbleiche ist ein Autobahnzubringer und zudem eine der wichtigsten Kreuzungen der Stadt für den öffentlichen Verkehr: Bus- und Postautolinien in Richtung Westen der Stadt queren sie. Diesen Verkehr während der in sechs Phasen ablaufenden Bauzeit stillzulegen, war keine Option. Bai: «Die Bauarbeiten sind so geplant, dass ÖV und Strassenverkehr kaum umgeleitet werden müssen.»

Der Bau der 130 Meter langen, 2,8 Meter hohen und 5,5 Meter breiten Unterführung findet tagsüber in einer offenen, gespriessten Baugrube statt. Um dennoch das tägliche Verkehrsaufkommen auf der wichtigen Achse zu gewährleisten, kommen über der Baugrube zwei Hilfsbrücken aus Stahlträgern und Holzmodulen zum Einsatz. Solche Brücken sind im Bahnbereich üblich, im Strassenbau sind sie eine Seltenheit. «Diese Hilfsbrücken erleichtern uns das Bauen wesentlich» erklärt Bai, «dank ihnen ist es möglich, dass oben die Autos, Lastwagen und Busse fahren, während darunter die Bauarbeiter die Unterführung betonieren.»

Alle ziehen am gleichen Strick

In den vergangenen Monaten haben die Arbeiter unter der Brücke immer tiefer gegraben. «Die Hilfsbrücken sind so konstruiert, dass man sie ganz oder in Teilen abbauen kann, je nach Baufortschritt um zum Beispiel die Decke zu betonieren», sagt Reto Bai. Die Arbeiten kommen planmässig voran. Man liege gut im Zeitplan, ein Drittel der Unterführung ist fertig, die Baugrube zur Hälfte ausgehoben. Für den Hastag-Bauführer Bai ist es immer wieder faszinierend zu beobachten, wie ein Bauprojekt in der Realität Gestalt annimmt und zu funktionieren beginnt. «Bei diesem Projekt ist es schön zu sehen, wie die Stadt und die beauftragten Unternehmen trotz Komplexität der Baustelle alle am gleichen Strick ziehen.»

Die Arbeiten inklusive Innenausbau und Umgebungsanpassungen dauern bis im Sommer 2026. Ab dann wird es möglich sein, dass Fussgängerinnen und -gänger sowie Radfahrerinnen und -fahrer den Verkehrsknoten in St. Gallen sicher und schnell unterqueren können.

Werner Schüepp

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Schweizerischer Baumeisterverband

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