Stabil hohe Bautätigkeit im 2022 – zusätzlicher Druck auf die tiefen Margen

Das Bauhauptgewerbe schöpft seine Kapazitäten stark aus. So lag die Beschäftigung das ganze Jahr durchgehend auf einem hohen Niveau. Die Baumeister und ihre Mitarbeitenden haben 2022 einen Umsatz von 23.3 Milliarden Franken erwirtschaftet, dies entspricht nominell einem Zuwachs von 0.7 Prozent gegenüber 2021. Die gestiegenen Baumaterialpreise konnten nur teilweise weitergereicht werden, so dass die Gewinnmargen tief blieben. Im laufenden Jahr 2023 ist mit einer leichten Abkühlung der Baukonjunktur zu rechnen.

 

 

Wie schon im Jahr 2021 überschritt der Umsatz auch 2022 die Marke von 23 Milliarden Franken. Die Bautätigkeit betrug nun 23.3 Milliarden Franken (+ 0.7 Prozent). Allerdings waren die Baumaterialpreise 2022 deutlich gestiegen, so dass die reale Produktion um 2.0 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken ist. Die Gewinnmargen bleiben dementsprechend mit 2-3 Prozent sehr tief, der Wettbewerb äusserst intensiv, schliesslich konnten die erhöhten Preise für Baumaterial nur teilweise an die Bauherren weitergegeben werden.

Der Auftragseingang lag wie im Vorjahr etwa eine halbe Milliarde Franken über der Bautätigkeit. Doch nicht in allen Sparten sind die Vorzeichen für die kommenden Monate gut. Verspürte der kommerzielle Wirtschaftsbau im 2021 noch einen Nachholbedarf nach dem Corona-Ausnahmejahr 2020, so sind die Aufträge in dieser Sparte 2022 um 12 Prozent zurückgegangen. Der Wohnungsbau produzierte ebenfalls weniger neue Aufträge, die öffentliche Hand hingegen mehr.

 

Von Wohnungsüberschuss zum Wohnungsmangel

Noch vor zwei Jahren war die Rede von einem Überschuss an Wohnungen. Dies bewirkte die sukzessive Abnahme von neuen Baugesuchen in dieser Sparte, die auch 2022 noch anhielt. Für 2023 zeichnet sich noch keine Kehrtwende ab, obschon man mittlerweile von einem Wohnungsmangel spricht. Die Leerstandsquote dürfte von 1.7 Prozent im 2021 auf 1.2 Prozent im 2023 sinken. Die Verdichtung muss daher vorangetrieben werden, das Gesetz muss Sanierungen genauso fördern wie Ersatzneubauten. Nicht alle Einsprachen gegen ein Baugesuch sind gerechtfertigt, sie werden gelegentlich für Partikularinteressen zweckentfremdet. Daher sollten die Möglichkeiten für Einsprachen bei kleinen Bauprojekten reduziert werden. Lärmschutzverordnungen sollten ebenfalls mit Augenmass ausgelegt werden, dadurch könnte allein in der Stadt Zürich der Bau von mehreren Hunderten Wohnungen vorangetrieben werden.

 

Fachkräfte bleiben begehrt

Für das Jahr 2023 erwarten die Credit Suisse und der Schweizerische Baumeisterverband gemäss ihrem Bauindex eine leichte Abkühlung der Baukonjunktur. Der Einstieg im ersten Quartal 2023 mit einem Umsatzwachstum von nominell +6.4 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Gesamtjahr der Umsatz -1.0 Prozent unter dem Niveau von 2022 liegen dürfte. Es handelt sich dabei um nominale, also nicht preisbereinigte Wachstumsprognosen.

Die Preise für viele Baumaterialien dürften ihren Zenit mittlerweile überschritten haben. Internationale Lieferketten haben die Zeit genutzt, um sich auf die weltpolitische Lage einzustellen. Das Angebot ist damit weniger eingeschränkt als noch vor ein bis zwei Jahren. Zudem dürfte die Konjunktur sich dieses Jahr sowohl weltweit als auch in der Schweiz langsamer entwickeln.

Das Schweizer Bauhauptgewerbe schöpft seine Kapazitäten stark aus. So war die Arbeitslosenquote das ganze Jahr durchgehend tiefer als in den Vorjahren. Immer mehr Baufirmen bekunden Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von Fachpersonal. Wie viele andere Branchen ist auch das Bauhauptgewerbe vom Fachkräftemangel betroffen, insbesondere bei Maurern, Vorarbeitern, Polieren und Bauführern. Je höher eine Position auf dem Bau, desto gefragter sind die Fachkräfte. Aufgrund der bereits eingesetzten Pensionierungswelle wird sich der Fachkräftemangel im Bauhauptgewerbe in den kommenden Jahren zuspitzen. Der Mangel kann aber zumindest teilweise kompensiert werden, wenn sich Baufirmen mehr für Quereinsteiger öffnen und innovative Massnahmen zur Steigerung ihrer Produktivität treffen. Zudem motivieren die Bauunternehmer verstärkt ihre bewährten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich wenn möglich zum Polier oder zur Bauführerin weiterbilden zu lassen.

 

Weitere Informationen

 

Übersicht Daten 4. Quartal 2022

 

Detaillierte Daten zur Baukonjunktur

 

Bauindex

Über den Autor

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Martin Maniera

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