Urbanes Bauen braucht einen langen Atem

Wir Baumeister bauen die Städte der Zukunft! Eine Aufgabe, die viele Herausforderungen mit sich bringt.

 

Der Schweizer Gebäudepark ist veraltet. Rund 1,5 Millionen Immobilien genügen den heutigen energetischen Standards bei weitem nicht mehr. Das ist – insbesondere angesichts der aktuellen Energiekrise – ein grosser Nachteil. Neue Gebäude verbrauchen bis zu sieben Mal weniger Energie als Gebäude, die vor 1980 erstellt wurden. Gleichzeitig wächst der Bedarf an Wohnungen in urbanen Zentren. Das soll nicht zulasten der in der Schweiz knappen Ressource «Land» gehen. Ersatzneubauten und Verdichtung: So heissen die Lösungen für die beiden Herausforderungen.

Wir Baumeister sind gerne bereit, die Städte der Zukunft zu bauen. Allerdings stehen wir beim Bauen in Zentren vor zahlreichen «Baustellen». Da ist zum einen die Raumplanung, die sowohl ein verdichtetes Bauen als auch die Schonung vorhandener Landressourcen zum Ziel hat. Diese wiederum läuft der Eigentumsgarantie - eine zentrale Säule des schweizerischen Rechtsstaats- diametral entgegen. Ein Grundeigentümer wird sich nämlich kaum vom Staat vorschreiben lassen, wie und wann er sein Grundstück zu überbauen oder zu verdichten hat. Zusätzlich gibt es immer wieder Zielkonflikte mit sich überlagernden Schutzinteressen, wie bspw. der Denkmalpflege. Auch versuchen Anwohnerinnen und Anwohner häufig, Bauprojekte zu verzögern oder gar zu verhindern. Das Ergebnis? Projekte gelangen auf diese Weise nicht in einer vernünftigen Zeit von der Planungsphase in die Ausführungsphase. In der Folge können Endtermine nicht mehr eingehalten werden, ergo ist für die Unternehmer eine verlässliche Ressourcenplanung kaum mehr möglich.

Hinzu kommen langwierige Bewilligungsprozesse. Die Ämter arbeiten wenig koordiniert und urteilen oftmals nur aus ihrer Sichtweise. Es herrscht eine Kultur des «ja keine Fehler machen!». Zusätzlich müssen die Interessen verschiedenster Interessensgruppen wie zum Beispiel diejenigen der Velofahrerinnen und -fahrer, der Gewerbevertreterinnen und -vertreter und der Liegenschaftenbesitzerinnen und -besitzer auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden. Dies ist per se fast ein Ding der Unmöglichkeit und den Ausführenden werden dabei Auflagen gemacht, die in der Praxis schlicht nicht umzusetzen sind, bspw. wenn beim Belagseinbau bei Veloquerungen, Masstoleranzen im Millimeterbereich verlangt werden.

Weiter delegieren die Bauherren immer mehr Aufgaben an die Ausführenden, für die eigentlich die öffentliche Hand zuständig wäre. Sei dies in der Bereitstellung eines Sicherheitsdispositivs, welches weit über den Perimeter der Baustelle hinaus reicht, oder der Kehrichtentsorgung der Liegenschaften innerhalb der Baustellen. Eine weitere Knacknuss sind die engen Platzverhältnisse beim Bauen in der Stadt. Der Bauunternehmer muss auch hier innovative Lösungen für den Bauablauf, die Baustelleninstallation oder die Logistik finden.

Kurz gesagt: Bauen in den Städten ist sehr anspruchsvoll. Um die Städte der Zukunft realisieren zu können, leisten wir Baumeister sehr gerne unseren Beitrag dazu. Wir wünschten uns aber von den anderen Beteiligten wieder vermehrt Unterstützung und Kooperationsbereitschaft.

 

Peter Sommer, Geschäftsführer Kantonal-Bernische Baumeisterverband KBB

Über den Autor

pic

Schweizerischer Baumeisterverband

[email protected]

Artikel teilen