Vereinbarkeit sorgt für attraktive Arbeitgeber

Beruf, Familie und Privatleben individuell kombinieren zu können, wird vielen Menschen immer wichtiger. Mitglieder von Infra Suisse haben nach Möglichkeiten gesucht, wie Bauunternehmen diesem Bedürfnis besser gerecht werden können.

Beruf, Familie und Privatleben individuell kombinieren zu können, wird vielen Menschen immer wichtiger. Mitglieder von Infra Suisse haben nach Möglichkeiten gesucht, wie Bauunternehmen diesem Bedürfnis besser gerecht werden können. Denn attraktive Arbeitgebende finden und halten einfacher Fachkräfte.

Die Schweiz ist von einem zunehmenden Fachkräftemangel betroffen. Auch viele Unternehmen im Infrastrukturbau haben Mühe, qualifizierte Mitarbeitende zu rekrutieren, was ein zentrales Risiko für ihre Zukunft bildet. Ein Lösungsansatz findet sich etwa in der Fachkräftesicherung – dem Binden von bestehenden und neuen Mitarbeitenden ans Unternehmen. Auch ansprechende Arbeitszeitmodelle bergen grosses Potenzial.

Immer mehr Menschen wünschen sich, Beruf, Familie und Privatleben nach den persönlichen Bedürfnissen vereinbaren zu können. Doch Teilzeitarbeit und andere Angebote zur Steigerung der Inklusion unter den Mitarbeitenden sind gerade bei Bauunternehmen noch die Ausnahme. Das zeigt eine Umfrage, die Infra Suisse 2019 unter den Mitgliedern durchgeführt hat.

Infra Suisse setzt Schwerpunkt in der Vereinbarkeit

Infra Suisse hat die gesellschaftliche Entwicklung und die Erkenntnisse der Mitgliederumfrage zum Anlass genommen und einen entsprechenden strategischen Schwerpunkt in seiner Arbeit gesetzt: Infra Suisse unterstützt Unternehmen bei der Suche und der Ausbildung zukünftiger Fachkräfte. Auf übergeordneter Ebene versucht der Verband auf die Rahmenbedingungen im Markt zu wirken, dass Fachkräfte langfristig in den Unternehmen bleiben. Attraktiven Arbeitgebern fällt es erwiesenermassen leichter, Fachkräfte zu finden und zu halten. Was können also die Unternehmen im Infrastrukturbau tun, um sich wirkungsvoll von den Mitbewerbenden abzuheben?

Neues Beschaffungsgesetz fördert Qualität

Am 1. Januar 2021 ist das neue Bundesgesetz über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB) in Kraft getreten. Ziel ist es, vom Preiswettbewerb weg und hin zu einem Qualitätswettbewerb zu kommen. Das Beschaffungsrecht ist auch eines der aktuellen Kernthemen von Infra Suisse. Obwohl es auf den ersten Blick nicht auffallen mag, hat das Beschaffungsrecht einen engen Bezug zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben.

Der wirtschaftliche Einsatz der öffentlichen Mittel ist nicht mehr allein ausschlaggebend. Das BöB hat auch den ökologisch und sozial nachhaltigen Einsatz der öffentlichen Mittel zum Ziel. Diese Aspekte sollen bei der Vergabe eine zentrale Rolle spielen. Neu soll das vorteilhafteste und nicht mehr das günstigste Angebot den Zuschlag erhalten. Während die ökologische Dimension oft in den Vordergrund gestellt wird, setzt sich Infra Suisse für die Berücksichtigung aller Dimensionen ein. So gründet sich der nachhaltige Infrastrukturbau auf ein faires und nachhaltiges öffentliches Beschaffungswesen.

Attraktiven Arbeitgebern fällt es erwiesenermassen leichter, Fachkräfte zu finden und zu halten.

Bauunternehmen zur Vereinbarkeit beraten

Teilzeitmodelle auf Baustellen haben Seltenheitswert. Die Gründe dafür sind vielfältig und können bei den Rahmenbedingungen, den Bauherren, den Unternehmen oder auch den Mitarbeitenden selbst liegen. Klar ist auch: Angesichts der angespannten Margensituation sind Mehrkosten oft ein Tabu.

Um dies zu ändern, haben 12 Mitgliedsunternehmen am Projekt «Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben» von Infra Suisse teilgenommen. Ziel des Projekts ist es, die Firmen über Massnahmen aufzuklären, die zu einer besseren Vereinbarkeit beitragen, und gemeinsam Ideen für die Umsetzung zu entwickeln. Ein praxisorientierter Leitfaden für alle Verbandsmitglieder fasst nun die Ergebnisse zusammen und soll im Sommer 2022 allen Interessierten zur Verfügung stehen. Die Fachstelle UND hat die Unternehmen individuell analysiert und beraten. Die Betriebe haben einen Überblick zum Thema Vereinbarkeit erhalten und erfahren, wo sie selbst mit ihren aktuellen Arbeitsbedingungen stehen. Sie haben den Vergleich mit anderen Bauunternehmen sowie die Vernetzung geschätzt. Die Auswertungen der Fachstelle UND erlauben es den Unternehmen, ihren Einfluss auf das Zusammenspiel von Beruf und Privatleben der Mitarbeitenden zu erkennen. Zudem sind ihre Stärken und Schwächen in diesem Bereich deutlich geworden.

Die Unternehmen haben erfasst, warum eine gute Vereinbarkeit für alle Beteiligten vorteilhaft ist. Mit den neu gewonnenen Erkenntnissen entwickeln sie nun eigene Aktionspläne zur Förderung der Vereinbarkeit. Ziele, geplante Massnahmen und erste Erfahrungen in der Umsetzung können sie auf Plattformen von Infra Suisse und der Fachstelle UND miteinander austauschen.

Für einen zukunftsfähigen Infrastrukturbau

Mit dem Projekt «Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben» leistet Infra Suisse einen Beitrag zu einer zukunftsfähigen Branche. Der Verband trägt die wichtigsten Erkenntnisse und Ideen aus dem Projekt zusammen und macht sie für seine Mitglieder verfügbar. Einige der teilnehmenden Bauunternehmen planen, sich nach Projektabschluss mit Unterstützung der Fachstelle UND weiter mit dem Thema Vereinbarkeit auseinanderzusetzen. Infra Suisse wird sie dabei fachlich, inhaltlich, personell und finanziell unterstützen.

Der Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS)

Infrastruktur bildet die Grundlage für alle Anwendungen. Das Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz (NNBS) hat für diesen Standard Grundlagen definiert, bestehende Vorgaben zusammengetragen und Beurteilungskriterien entwickelt. Der SNBS umfasst für Infrastrukturprojekte insgesamt gegen 80 Kriterien, unter anderem auch zum sozialverträglichen Verhalten. Kriterien, die für den Zuschlag bedeutend sein können, sind beispielsweise die Gleichstellung wie auch die Inklusion von Frauen, geflüchteten und asylsuchenden Personen, älteren Mitarbeitenden sowie Teilzeitangestellten oder Lernenden.

Über den Autor

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Adrian Dinkelmann

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