Wegweisend nachhaltig

Mithilfe von Building Information Modeling (BIM) zum neuen Labor

Im Aargau zieht das kantonale Amt für Verbraucherschutz (AVS) bald in einen Bau ein, der sowohl punkto Nachhaltigkeit als auch Bauplanung aussergewöhnlich ist. Im Gespräch mit Gilles Steimen, dem Leiter Digitale Planung der Büro für Bauökonomie AG.

Schon mal vom Amt für Verbraucherschutz gehört? Das sind die Inspektoren und Kontrolleurinnen, die Lebensmittel überprüfen oder die Qualität des Wassers prüfen. Chemiesicherheit und Veterinärdienst machen ebenfalls grosse Tätigkeitsbereiche aus. Sie arbeiten ganz zum Schutz der Bevölkerung und führen jährlich 4500 Inspektionen durch und bearbeiten über tausend Meldungen aus der Bevölkerung.

Der Kanton Aargau in Vertretung des Departements Finanzen und Ressourcen baut für rund 48 Mio. Franken den Neubau des Labor- und Bürogebäudes für das AVS in Unterentfelden. Der zweistöckige Holz- und Betonhybridpavillon wird in Sachen Nachhaltigkeit wegweisend sein: Nebst einer Grundwasserwärmepumpe in Kombination mit einer grossflächigen Photovoltaikanlage auf dem Flachdach wird das Areal auch nach den Grundsätzen der Biodiversität entwickelt. «Damit die hohen Projektanforderungen, die weit über die Abwicklung eines Bauvorhabens gehen, soll auch "BIM to field" eingesetzt werden, um einerseits eine Effizienzsteigerung zu erzielen und die Potentiale für Unternehmer, Planer und Bauherr auszuloten», meint der Abteilungsleiter der Immobilien Aargau.

Da die bisherigen Büros und das Labor in der Aarauer Vorstadt allerdings langsam ausgedient haben – klein und sanierungsbedürftig sind sie – ist der Fall klar: ein neuer Bau muss her. Dieser wird zurzeit in Unterentfelden, gleich neben der Kantonshauptstadt, gebaut. «Wir sind momentan am Schalen der Decken im Erdgeschoss», berichtet Gilles Steimen, verantwortlich für den Bereich «Digitale Planung» der Büro für Bauökonomie AG. Die Firma übernimmt bei diesem Projekt als Teil des Generalplanerteams mit der Markus Schietsch Architekten GmbH das Baumanagement, die digitale Planung sowie die Bauleitung. Der Neubau soll in mehreren Aspekten wegweisend sein.

Aspekt 1 – Nachhaltigkeit bedeutet: jedes Baumaterial wird hinterfragt, so sind etwa die Aussenwände aus recyceltem Beton. Aber das wichtigste Baumaterial ist das Holz – und das kommt vor allem aus dem Aargauer Staatswald. «Es ist eines der ersten Labore, welches aus Holz gebaut wird», sagt Gilles Steimen dazu. Unweit vom neuen Sitz ist ein Stanzwerk. Das gibt Vibrationen in Richtung des neuen Gebäudes. Um die Schwingungsanforderungen zu erfüllen, wird der Kern des Gebäudes aus Beton erstellt. Schliesslich müssen im Labor später hochpräzise Waagen zur Messung und Untersuchung aller möglichen Materialien zum Einsatz kommen.

Aspekt 2 – Die Planung des Gebäudes erfolgte weitgehend anhand digitaler Gebäudemodelle mithilfe von Building Information Modeling (BIM). «Unser Ziel war: so wenige E-Mails zu schreiben wie möglich!», sagt Gilles Steimen. Daher wurde auch eine gemeinsame Datenplattform errichtet, auf welcher modellbasiert kommuniziert werden kann. Verschiedene Modell-Ansichten geben unterschiedliche Infos und können miteinander kombiniert werden: vom Heizungsmodell über das Lüftungsmodell zum Elektromodell. «Es ist ein ganz anderes Zusammenarbeiten», sagt Gilles Steimen. Dank BIM sehe man die Probleme und Kollisionen schon früher und könne rechtzeitig darauf reagieren, sagt er.

Die Umgewöhnung auf das neue System braucht ihre Zeit, aber längerfristig wird man schneller vorankommen, ist Steimen überzeugt. Die Umstellung von zweidimensionalen Plänen auf die digitalen Gebäudemodelle ging erstaunlich positiv vonstatten. Wichtig dabei ist und bleibt aber der Faktor Mensch. Hans Holliger, Polier der Max Fischer AG, welche die Baumeisterarbeiten erstellt, hat die Umstellung wesentlich mitgetragen. Der neuen Technologie stand er positiv gegenüber und kommt immer besser damit zurecht – er arbeitet nun im Container mit Computer und Monitor statt im Planhaus mit ausgedruckten Plänen.

Wichtig ist dabei, dass das Planungsbüro, die Architekten und die Baufirma alle dieselbe «BIM»-Sprache sprechen. Die Dr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG erstellte hierfür Modelle und Dokumente, welche sie zur Verfügung stellt. «Dazu haben wir uns mit dem Baumeister mehrfach ausgetauscht und alle Beschriftungen zusammen besprochen», erklärt Steimen. Mit der Hololens, einer Augmented-Reality-Brille, können sie die Modelle vor Ort anschauen und alle Elemente überprüfen, etwa ob die Aussparungen am richtigen Ort sind. «Zum Vermessen ist die Technik noch zu wenig genau, aber für Kontrollen geht es gut», sagt Steimen nach den ersten Anwendungen.

Im Sommer 2024 soll das neue Labor bezugsbereit sein: «Im Idealfall ist vor Baubeginn so viel wie möglich geplant.» Nicht einfach bei rollender Planung und den vielen Abhängigkeiten. Aber Steimen ist von der digitalen Bauplanung überzeugt. «Es ist eine Chance für die Baubranche», sagt er. Die Digitalisierung vereinfache viele Arbeitsschritte, doch das Handwerk, das die Arbeit in der Baubranche auszeichnet, bleibe erhalten, sagt er. Das zeigt sich etwa bei den Maurerarbeiten auf der Baustelle in Unterentfelden. Der Polier zeichnet die Sachen an, danach arbeitet der Maurer aber wie gewohnt weiter. «Es bleibt Bauarbeit, doch die Digitalisierung soll ihn dabei unterstützen.»

Eine Karriere auf dem Bau hat viel zu bieten. Um Fachkräfte der Zukunft anziehen, ausbilden und in der Branche halten zu können, kommt den Bauunternehmen eine zentrale Rolle zu. Auf den Baustellen der einzelnen Firmen entscheidet sich, ob interessierte Talente bleiben und zu Leistungsträgern werden können. Viele Mitglieder des SBV machen hier einen tollen Job. In der Berufswerbungskampagne setzt der SBV bewusst auf gute Geschichten direkt aus den Unternehmen.

Hat auch Ihre Firma ein tolles Projekt für Lernende? Nehmen Sie Kontakt mit uns auf und schicken Sie Bilder und Inputs an [email protected]

Über den Autor

pic

Joel Bigler

Leiter Marketing & Marketing Automation

[email protected]

Artikel teilen