Wenn unterirdische Infrastruktur zu erneuerbaren Heizquellen werden

Ein Spin-Off der EPFL hat Wandplatten entwickelt, die die Wärme unterirdischer Infrastrukturen speichern, um damit überirdische Räume zu heizen. Aktuell wird die Technologie in einem unterirdischen Parkhaus in Lausanne getestet. 

 

Mit zunehmender Verdichtung der Städte und Agglomerationen nimmt der Bedarf an Infrastruktur zu, während gleichzeitig die bebaubare Fläche knapper wird. Unterirdische Bahnhöfe, Metros und andere Tunnels: Der Untergrund wird immer mehr als Lösungsansatz gehandelt, um den steigenden Bedürfnissen der Bevölkerung Rechnung zu tragen und dabei die überirdische Fläche zu schonen. Doch die unterirdischen Infrastrukturen könnten noch eine weitere wichtige Rolle spielen, und zwar im Bereich der Reduktion von CO2-Emissionen.

Das Spin-Off Enerdrape der EPFL hat nämlich Wandplatten entwickelt, die die Wärme von unterirdischen Infrastrukturen speichern, um damit überirdische Räume zu beheizen. Die neue Technologie wird aktuell in einem Lausanner Parkhaus getestet und könnte rund einen Drittel der Wärme für die 60 Wohnungen im darüberliegenden Wohnblock liefern.

Gute Energieeffizienz 

Konkret wird ein optimierter Wärmetauscher in den Wandplatten verbaut, die an eine Wärmepumpe angeschlossen sind, um die Geothermie und die Umgebungswärme einzufangen. Da die Temperatur des Bodens ab wenigen Meter Tiefe nicht mehr den Schwankungen der Jahreszeiten ausgesetzt ist, bleibt die auf diese Weise gewonnene Energie über das ganze Jahr konstant.

Die zehn Platten, die aktuell in Lausanne getestet werden, sind sehr dünn, messen je 1,3 x 0,7 Meter und wirken auf den ersten Blick wie Dekorationselemente. Doch das Potential der neuen Technologie geht weit über den ästhetischen Aspekt hinaus, denn die zahlreichen Tests, die während zwei Jahren in den unterirdischen Räumen der EPFL durchgeführt wurden, haben die Erwartungen übertroffen. So hat die neue Technologie eine bessere Energieeffizienz als angenommen.

Flächen nutzen, die sonst kaum nutzbar sind 

Die Wandplatten von Enerdrape, deren Kosten sich mit jenen anderer Energielösungen decken, weisen eine ähnliche, wenn nicht sogar bessere Energieeffizienz auf. Aber sie haben noch einen anderen, gewichtigen Vorteil, denn sie ermöglichen die Nutzung von Flächen, die sonst schwierig zu nutzen wären, ganz im Gegensatz zu den überirdischen, wirtschaftlich wertvollen Flächen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass in den Städten der Platz für andere erneuerbare Energien oftmals beschränkt ist, während unterirdische Parkhäuser und andere Infrastrukturen über grosse Flächen verfügen, die bisher kaum genutzt werden.

Sofern die unterirdischen Betonmauern in Erdreich gebaut sind, können die Platten dessen Wärmeenergie aufnehmen und auch in bestehenden Bauten zum Einsatz kommen. Sie sind in der Form flexibel und können beispielsweise auch an runde Wände wie beispielsweise Tunnelverkleidungen angepasst werden.

Renovieren, um die Klimaziele zu erreichen 

In Zeiten, in denen die Energiepreise steigen und sich Engpässe abzeichnen, ermöglichen die Wandplatten des EPFL-Start-Ups Enerdrape, lokal saubere Wärmeenergie zu erzeugen bei gleichzeitiger Aufwertung oder Nutzung bestehender und zukünftiger unterirdischer Infrastruktur. Die Innovation ist umso vielversprechender, wenn man bedenkt, dass in der Schweiz das Heizen alleine über 30% des Energiebedarfs ausmacht, wovon die Hälfte mit fossilen Brennstoffen in Wohnhäusern erzeugt wird.

Trotzdem sollten wir nicht vergessen, dass eine Modernisierungsoffensive des Gebäudeparks unabdingbar ist, denn dieser macht alleine 45% des gesamten Energiebedarfs der Schweiz aus und produziert rund einen Viertel der CO2-Emissionen. Experten zufolge müssen nicht weniger als 1,5 Millionen Gebäude aufgrund ihrer schlechten Energieeffizienz saniert werden. Doch der Sanierungsgrad liegt aktuell bei nicht einmal 1%! Mit diesem Rhythmus wird die Schweiz ihre Klimaziele erst in mehreren Jahrzehnten erreichen.

Deshalb gilt es, auf innovative Technologien wie jene des Westschweizer Start-Ups Enerdrape zu setzen sowie die Rahmenbedingungen von Gebäuderenovationen und Ersatzneubauten auszuschöpfen, da diese oft eine hohe Energieeffizienz aufweisen und die Verdichtung der bebauten Fläche ermöglichen.

Foto: ©EPFL

Über den Autor

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Corine Fiechter

Mediensprecherin / Spezialistin Kommunikation

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