Wie Bauberufe zu Wunschberufen werden

Welche Wahrnehmung einer Karriere auf dem Bau haben Oberstufenlernende und Eltern? Eine Umfrage im Auftrag des SBV zeigt, dass Wahrnehmung und Realität zu einem grossen Teil nicht übereinstimmen und wie das geändert werden kann. 

Eine attraktive und zeitgemässe Berufsbildung ist ein zentraler Faktor für die Sicherung von Fachkräften und somit für eine starke Bauwirtschaft. Vor dem Hintergrund der strukturbedingten Pensionierungswelle der kommenden Jahre gilt es, die Attraktivität und die Perspektiven einer Baukarriere positiv zu gestalten. Ob sich Jugendliche für eine berufliche Karriere im Bauhauptgewerbe entscheiden, hängt nämlich zu einem grossen Teil von der Wahrnehmung ab, welche sie von der Arbeit und von den Berufen auf dem Bau haben. Das Marktforschungsinstitut Demoscope führte deshalb im Auftrag des SBV eine Umfrage zur Attraktivität der Berufe und der Arbeit auf dem Bau durch. Dazu wurden schweizweit rund 450 Jugendliche zwischen 13 und 15 Jahren und deren Eltern zu ihrer Wahrnehmung bezüglich Berufe und Arbeit auf dem Bau befragt (insgesamt haben an der Studie 900 Personen teilgenommen). Die Befragung gibt Auskunft zum aktuellen Bild der Bauberufe in der Gesellschaft, und zeigt wie man die Attraktivität und Chancen einer Karriere auf dem Bau bei Jugendlichen und Eltern noch besser verankern kann.

Persönliche Entfaltung und sinnstiftende Arbeit als positive Faktoren 

Die Aus- und Weiterbildung des Bauhauptgewerbes eröffnet viel Spielraum für die eigene persönliche Entfaltung und Weiterentwicklung und steigert damit die Attraktivität von Bauberufen. Positiv für das Image der Baubranche und klarer Treiber für die Berufswahl ist zudem auch die Wahrnehmung als eine sinnstiftende Tätigkeit. Argumente wie «Etwas bauen und konstruieren» und «Man sieht, was man getan hat» sind also von positiver Bedeutung und tragen zur Wahl einer beruflichen Karriere auf dem Bau bei.

Weiterbildungs-, Karriere- und Verdienstmöglichkeiten zu wenig bekannt 

Jedoch sind die vielfältigen beruflichen Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten auf dem Bau bei den befragten Jugendlichen und Eltern noch zu wenig bekannt. Vor allem für die Erwachsenen spielen diese bei der Wahl des Wunschberufs für ihre Kinder eine zentrale Rolle. Die vorhandenen zahlreichen Karriere- und Weiterentwicklungsoptionen sollten, neben den guten Verdienstmöglichkeiten, welche bei den Jugendlichen eine grosse Rolle spielen, demnach betont werden.

Zu einseitige Wahrnehmung der Bauberufe  

Die Befragung hat auch aufgezeigt, dass das Bild der Bauberufe in der Gesellschaft noch sehr einseitig ist. Verankert ist vor allem das Verrichten anstrengender, körperlicher und gefährlicher Arbeit bei jedem Wetter. Baustellen sind in der Öffentlichkeit schnell hör- und sichtbar, bieten allerdings nur einen beschränkten Einblick in die Bautätigkeit. Dass die Berufe auf dem Bau anspruchsvoll, herausfordernd und vielfältig sind, ist für Aussenstehende zu wenig sichtbar. Das Aufzeigen des gesamten Arbeitsprozesses – von der Planung, Organisation, Vorbereitung, Vorfertigung bis hin zur effektiven Ausführung, Fertigstellung und Übergabe – kann also dazu beitragen, dass die Attraktivität der Baubranche insgesamt erhöht wird. Zudem geht aus der Befragung hervor, dass die anspruchsvollen und herausfordernden Arbeitstätigkeiten in den verschiedenen Bauberufen mehr Aufmerksamkeit erhalten sollten. Ein zentraler Treiber für die Jugendlichen ist nämlich, dass auf dem Bau neben Handwerk und praktischer Arbeit v.a. auch Kompetenzen in den Bereichen Organisation, Planung und Management benötigt werden.

Förderung einer positiven Baustellenkultur 

Zum Thema «Baustellenkultur» herrschen nach wie vor gewisse (überholte) Klischees in der Öffentlichkeit vor. Sowohl Jugendliche als auch Eltern nehmen den Umgangston auf dem Bau als befehlerisch und laut wahr und empfinden den Bausektor vorwiegend als Männerdomäne. Laut der Umfrage würde sich eine Baustellenkultur, welche durch entgegenkommendere und gemässigtere Umgangsformen und ein ausgewogeneres Geschlechterverhältnis geprägt ist, stark positiv auf den Berufswunsch Maurer auswirken. Aber auch die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Personen und wechselnden Teams - alltäglich auf der Baustelle - hat einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung und sollte deshalb verstärkte Beachtung erhalten.

Wie werden Bauberufe also zu Wunschberufen? 

Aus den Ergebnissen der Umfrage wird klar, dass die Bauberufe bereits viele Anforderungen an Wunschberufe erfüllen. Diese stehen in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit aber nicht genügend im Vordergrund. Um die Jugendlichen in der Oberstufe dazu zu motivieren, ihre berufliche Karriere im Bauhauptgewerbe zu starten, sollten die vorhandenen Potentiale unbedingt weiter gefördert und auch ausgebaut werden. Denn erst wenn die Bauberufe positiv wahrgenommen werden, werden sie auch zu Wunschberufen der Jugendlichen und deren Eltern.

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Joel Bigler

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