Wie Bauunternehmen als Arbeitgeber attraktiv werden

Die diesjährige Bautagung, die vom Schweizerischen Institut für KMU der Universität St.Gallen, dem Campus Sursee und dem SBV organisiert wird und die am 25. November 2021 stattfand, widmete sich dem Thema Mitarbeiterrekrutierung. Welche Wege sollen Bauunternehmen beschreiten, um für junge Berufsanfänger attraktiv zu werden? Darauf gab eine Reihe renommierten Referentinnen und Referenten Antwort.   

 

«Die Schweizer Bauwirtschaft ist gefordert, Massnahmen zu ergreifen, damit Fachkräfte nicht zu einem schwarzen Schwan – der sehr selten ist – werden. Selbst Regionen, die traditionellerweise keinen Fachkräftemangel hatten, beklagen, dass sich immer weniger junge Leute für eine Karriere auf dem Bau entscheiden», so begann Marc Aurel Hunziker, Vizedirektor SBV und Leiter Bildung SBV, sein Referat. Er fuhr fort, dass Baumeister das Aussehen der Schweiz bestimmen und stellte die Frage: «Wie kann es sein, dass eine Branche, die so viel zum Aussehen und zum Wohlstand der Schweiz beiträgt, nicht mehr über genug Fachleute verfügt?» Als Branchenverband hat der SBV von seinen Mitgliedern den Auftrag erhalten, etwas dagegen zu tun. Sein Lösungsansatz lautet Masterplan SBV Berufsbildung 2030. Er modernisiert damit die Aus- und Weiterbildung. Er macht dies in drei Bereichen. Der erste Bereich umfasst die Signale. Das fehlende Interesse verortet Hunziker nicht allein im Image der Bauberufe, sondern auch im Prestige. Der SBV sei herausgefordert, die Bauberufe bedarfsgerecht zu aktualisieren und zu modernisieren und ein Signal herauszusenden, dass Bauberufe zeitgemäss sind. Dabei machte Hunziker klar, dass man den Mut haben müsse, sich zu überlegen, ob der Maurerberuf noch der einzige Einstieg in die Branche sei oder ob man sich auch andere Möglichkeiten überlegen müsse, zum Beispiel um Beispiel via  die Schaffung einer neuen beruflichen Grundbildung in Ergänzung zum Maurer. So gelinge es, andere Leute, die sich nicht unbedingt für eine handwerkliche Ausbildung interessieren, ins Bauhauptgewerbe reinzubringen. Ansonsten gelinge es nur unter erschwerten Umständenalle Kaderstellen zu besetzen. Eine weitere Möglichkeit seien Quereinsteiger. Ein weiterer Punkt, an dem der SBV arbeitet, ist der Weg, sich mit Agilität und Tempo auseinanderzusetzen und die Entwicklung der Aus- und Weiterbildung auf die sich zunehmend schneller entwickelnde und ändernde Kompetenznachfrage der Unternehmer auszurichten. 

 

Leute behalten 

Möglichkeiten in der Weiterbildung, sich à jour zu halten, könnten verhindern helfen, dass Berufsleute die Branche verlassen. Hunziker forderte die Unternehmen auf, mehr Augenmerk auf die Personalentwicklung zu legen. Aus- und Weiterbildung müsse auch im Betrieb stattfinden. Die Baubranche müsse dafür bekannt werden, dass sie in jeden, der komme, investiere und das Beste aus ihm heraushole. Die Mitarbeitenden müssten wissen, dass ihr Wert im Betrieb erkannt werde und sie das wichtigste Tool jedes Bauunternehmen seien. «Wir sind überzeugt, dass die Lehre, die Ausbildner, zentraler werden», erläuterte Hunziker. Er rief die Unternehmen dazu auf, ihre Bedürfnisse einzubringen. «Nur Sie», sagte er zu den Teilnehmenden der Tagung, «können sagen, wer unsere Fachleute in der Zukunft sein werden.» Und mahnte: «Zum Fachmann werden Mitarbeitende nur, wenn sich die Unternehmer Zeit für sie nehmen, wenn sie sich mit ihnen auseinandersetzen und auch die angehenden Kader ausbilden.»

 

Eltern überzeugen 

Britta-Anja Mörstedt, Professorin und Expertin für die Generation Z, machte in ihrem Vortrag unter anderem klar, dass Jugendliche sich sinnstiftende Tätigkeiten wünschen und dass es wichtig ist, die Eltern einzubeziehen. Sie erzählte von Betrieben, die das tun und bei denen die Lehrabbruchrate tief ist – weil die Eltern das Kind motivieren, weiterzumachen.

 

Gutes Image 

Nicht nur Baumeister und Grossrat, sondern neuerdings auch in einer Rolle der neuen SRF-Kultserie Tschugger zu bewundern ist Olivier Imboden, CEO der Ulrich Imboden AG. Wie schaffen es Bauunternehmen, für Fachkräfte attraktiv zu werden? Olivier Imboden meinte, eine gute und seriöse Arbeit verschaffe Firmen ein gutes Image, das wirke sich positiv auf die Rekrutierung aus. Er nahm die Teilnehmenden mit auf eine Reise in die Vergangenheit und erzählte von seinem Grossvater, der das Unternehmen gegründet hatte. Er verband seinen Beruf, den des Baumeisters, mit seiner Passion, dem des Bergsteigens, und baute SAC-Hütten. Anstatt das Baumaterial wie bisher mit Maultieren in die Höhe zu schaffen, was für die Tiere mühsam war, ging er einen innovativen neuen Weg und liess das Material hochfliegen. Das war neu und brauchte Mut. Aber es sei noch heute ein Beispiel dafür, dass Bauunternehmer andere Wege beschreiten, sich differenzieren müssten. 1976 baute die Ulrich Imboden AG auf dem Kleinen Matterhorn, was für die Mitarbeitenden sehr streng war. Heute, betonte Imboden, sei das Unternehmen immer noch auf 3800 Meter Höhe des Kleinen Matterhorns tätig, aber nun stünden die Mitarbeitenden im Zentrum. Aktuell realisiert die Ulrich Imboden AG die höchste Alpenüberquerung, ein Leuchtturmprojekt – sehr wichtig seien dafür sehr gute und qualifizierte Fachleute, betonte Imboden. Das ginge nur mit einem guten Teamgeist, matchentscheidend sei der Polier, der die Bauarbeiter unglaublich motivieren könne. Wie bekommt man solche guten Leute? Der Kampf um gute Arbeitskräfte werde härter, führte Imboden aus. Wenn die Baubranche für Arbeitskräfte attraktiv werden solle, müsse man vieles anders machen, neu denken.

Wie bekommt man so gute Leute? Die Baubranche habe ein schlechtes Image, so Imboden, das mache die Rekrutierung anspruchsvoll, was wiederum den Stress auf die Belegschaft erhöhe. Mit der Covid-Krise habe sich dies noch verschärft. Stress und Mehrbelastung würden die Attraktivität der ganzen Baubranche mindern. Der Kampf um Talente tobe und werde sich künftig noch verstärken.

 

Attraktiver werden

Wie könne man die Baubranche für junge Leute attraktiver machen? Zentral sei es, eine gute Arbeit abzuliefern, seriös zu sein. Man müsse innovativ sein, Sachen neu denken.

Wichtig sei die Digitalisierung. Bauunternehmen, die hier gut positioniert seien, kämen bei Fachkräften, gerade den jungen, besser an. Die Digitalisierung, betonte Imboden, sei für Bauunternehmen eine riesige Chance. Bauunternehmen müssten zudem medial auf verschiedenen Kanälen einen guten Auftritt haben. Dabei erwähnte Imboden auch Earned Media, also einen Content, der nicht selbst vom Unternehmen bereitgestellt wird, aber im besten Fall von diesem beeinflusst werden kann. Dies schaffe am meisten Vertrauen. Aber Earned Media gebe es nicht einfach so, Earned Media müsse man erschaffen. Es brauche dazu Owned Media, also Botschaften auf den eigenen Kanälen, sowie Paid Media, also bezahlte Werbebotschaften. Dies alles führe zu einem positiven Image und so mache man sich fit und attraktiv für Fachkräfte.

 

Interne Kommunikation wichtig 

Zentral für ein gutes Image seien auch die eigenen Mitarbeitenden, und das bedinge eine gute interne Kommunikation. Die Ulrich Imboden setzt dabei auf eine App. Gerade in der Covid-Krise sei dies sehr wichtig gewesen, weil alle Mitarbeitenden immer gewusst hätten, was gerade gelte. Die Ulrich Imboden AG realisiert zweimal jährlich zudem eine Firmenzeitschrift, die auch unter Externen gestreut werde. Für Imboden steht fest, dass Kommunikation eine Chefsache sei.

 

Weiter erwähnte Imboden «Schnüggeli TV», eine Serie, mit der die Ulrich Imoboden AG auf den Sozialen Medien präsent sei. Die Serie, in der Mitarbeitende humorvoll befragt werden, sei Kult und erreiche sehr viele Personen. Ziel dieser und anderer Massnahmen sei es, der Firma ein Gesicht zu geben, das der Mitarbeitenden.

 

Auch bei der Mitarbeitendengewinnung gehe man neue Wege, etwa mit einer Zusammenarbeit mit dem Openair Gampel um junge Leute anzusprechen. Die ganze Branche müsse mehr auf die Kommunikation setzen. Auf Initiative Imbodens lancierte der Baumeisterverband Wallis eine Kampagne «weck den Handwerker in dir». Mit einer gezielten Kommunikation habe die Ulrich Imboden sich ein Image geschaffen, stehe für Walliser Power. Das Ziel sei, dass Mitarbeitende sie finden, nicht sie Mitarbeitende. «Die Investition in Kommunikation zahlt sich aus», ist Imboden überzeugt.  

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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