Wie man von den Kunden wahrgenommen wird

Wie schaffen es Bauunternehmen, sich erfolgreich am Markt zu behaupten? Indem sie sich von anderen unterscheiden, sagen Fachleute. Doch wie schafft man es, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden?

Die E.Weber AG bringt Farbe in den Strassenbau, indem sie farblosem Bitumen anorganische Pigmente aus Stein oder Metalloxid beimischt. Zum Zug kommt das Verfahren etwa bei der Gestaltung von Aussengelände oder zur optischen Verengung von Fahrbahnen, um die Sicherheit innerorts zu erhöhen. Das Verfahren, das zu einem attraktiven Resultat führt, ist nicht ohne. «Es braucht Erfahrungen beim Handling, weil sehr genau gearbeitet werden muss, und man muss die Reinigungskosten im Griff haben, weil alle Maschinen und Geräte vor der Arbeit mit dem Bitumen und hinterher sorgfältig gereinigt werden müssen», sagt Ueli Weber, Geschäftsführer und Delegierter des Verwaltungsrates der E.Weber AG. Das Unternehmen, das im Hoch- und Tiefbau tätig ist, bietet beim Gestalten von Aussenräumen auch Pflästerungen an. Damit besetzt E.Weber AG, das 1938 gegründet wurde, eine Nische und unterscheidet sich im Angebot – nicht nur mit diesem Beispiel – von anderen Bauunternehmen.  
  
«Alle machen alles» 
Die E.Weber AG ist damit eine Ausnahme. Zafer Bakir, Leiter Digitalisierung beim SBV, beobachtet: «Das Geschäftsmodell vieler Bauunternehmer in der Schweiz ist sehr identisch und austauschbar. Dies Wissen natürlich auch die Auftraggeber und provozieren so einen Preiskampf, was wiederum die Margen drückt. Innovative Geschäftsmodelle können hier helfen, sich von der homogenen Masse abzuheben und neue Ertragsquellen zu sichern. 
Dr. Martin Maniera, Leiter Wirtschaftspolitik beim SBV, verweist auf Daten des Bundesamtes für Statistik, die belegen, wie schädlich die geringe Differenzierung unter den Bauunternehmen ist. Das erste Jahr nach der Gründung überleben überdurchschnittlich viele Bauunternehmen im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. «Nach drei Jahren kehrt das Verhältnis aber, dann überleben weniger Firmen aus der Baubranche im Vergleich zur Gesamtwirtschaft. Nach fünf Jahren ist die Lücke sogar noch grösser», sagt er. Und ergänzt: «Wie in der gesamten Wirtschaft, gilt auch im Bauhauptgewerbe: Grösse bietet Vorteile. Im Bauhauptgewerbe wächst etwa der durchschnittliche Umsatz pro Kopf mit der Anzahl Mitarbeitenden.» Die Daten für die Gesamtwirtschaft zeigen: Grösse ist sogar schon zu Beginn ein Trumpf. Wenn zum Zeitpunkt der Gründung weniger als 5 Mitarbeiter bei einer Firma beschäftigt waren, so überleben bloss 49 Prozent dieser Unternehmen die ersten fünf Jahre. Hatte die Firma hingegen schon bei der Firmengründung mindestens 5 Mitarbeiter, dann liegt die Überlebensrate bei erstaunlich hohen 61.4 Prozent nach fünf Jahren.  
  
Suche nach der Nische 
«Bauunternehmer sollen sich fragen: «Wer bin ich?» «Was kann ich?» «Was erwarten meine Kunden von mir?», sagt der Unternehmensberater Thomas Bornhauser, der beim SBV Erfa-Gruppen moderiert. Dann solle man im Einklang mit seiner Unternehmer- und mit der Marketingstrategie schauen, wie man vorgelagert oder nachgelagert an seiner Wertschöpfung etwas findet, das man zusätzlich zum eigenen Geschäft anbieten kann oder inwiefern man sich bei der Ausführung von Mitbewerbern unterscheiden kann, zum Beispiel mit einem konsequenten Fokus auf die Nachhaltigkeit. «Man sollte als Bauunternehmer einen USP, also einen Unique Selling Point, das ist ein herausragendes Leistungsmerkmal, für sich definieren, ein Alleinstellungsmerkmal», meint Bornhauser, «an diesem soll sich die Strategie ausrichten.» 
  
Auslastung muss da sein 
Die Spezialisierung soll aber nicht um der Spezialisierung willen stattfinden, mahnt Bornhauser. «Es muss sich rechnen.» Baumeister, gibt er zu bedenken, sollten einen stärkeren Fokus auf die Finanzen legen. So sei es etwa häufig nicht sinnvoll, Maschinen und Geräte nur für die Spezialisierung anzuschaffen. «Dann kann die Auslastung ungenügend sein. Vielmehr sollte man seinen Maschinenpark auf die Hauptlast auslegen und für den Rest Maschinen und Geräte mieten. Nur wenn es sich zeigt, dass immer wieder kurzfristig nicht gemietet werden kann, soll man sich einen Kauf überlegen», so Bornhauser. 
Bakir gibt noch einen Input: «Wenn Unternehmen dank guten digitalen Prozessen den Bauherren und Planern eine bessere Zusammenarbeit bieten können, ist das auch ein Alleinstellungsmerkmal.» 

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Schweizerischer Baumeisterverband

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