Youtube und soziale Verantwortung sind der Generation Z wichtig

Was erwarten junge Leute, die Generation Z, von der Schule, wie lernen sie und welche Arbeitgeber finden sie attraktiv? Professorin Antje-Britta Mörstedt – Angeben zu ihr siehe unten – gibt dazu Auskunft. Sie ist Referentin an der Schweizer Bautagung, die am 25. November 2021 im Campus Sursee stattfindet. Der SBV ist Mitorganisator.

 

Was unterscheidet die Generation Z von den vorherigen Generationen?

Wir stellen einen starken Wertewandel fest. Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung werden viel stärker gewichtet als früher. Die Jugendlichen wollen nicht einfach einen Beruf, der ihnen Geld bringt, sie wünschen sich, dass ihre Tätigkeit gleichzeitig sinnvoll ist. Entsprechend suchen sie sich Unternehmen, die zu ihnen passen. Bei ihrer Wahl spielen pekuniäre Aspekte eine sekundäre Rolle, wichtig ist die Sinnhaftigkeit und dass sich die Jungen für das, was sie tun, zu begeistern vermögen.

 

Was kann die Generation Z besser als andere Generationen?

Als Digital Natives sind die heutigen jungen Leute bestens mit den digitalen Medien vertraut.

 

Was kann sie schlechter?

Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass sich die Vertreter der Generation Z schlechter konzentrieren können. Sie sind auch weniger in der Lage, sich in Aufgaben zu vertiefen, sich durchzubeissen, wenn es Durchhaltewillen braucht. Zudem haben die Depressionen zugenommen.

 

Das Interesse an handwerklichen Berufen schwindet – woran liegt das?

Weil alle Welt sagt, dass nur ein Studium eine gute Ausbildung garantiert. Das suggeriert den jungen Leute, dass sie einen solchen Weg anstreben sollen. Der gesellschaftliche Druck, auf eine Hochschule gehen zu müssen, ist sehr hoch. Es liegt also an der Gesellschaft, dass die Vertreter der Generation Z nicht auf den Bau gehen wollen. Es liegt in der gesellschaftlichen Verantwortung, den handwerklichen Berufen wieder ihre Würde zu geben. Eine Berufslehre in einem handwerklichen Beruf muss wieder mehr Anerkennung erhalten. Ansonsten wird es weiter so bleiben, dass dem Handwerk der Nachwuchs fehlen wird.

 

Gibt es auch eine Gegenbewegung, dass nämlich Aktivitäten offline im Sinne eines Digital Detox als attraktiv empfunden werden?

Das haben wir in unseren Untersuchungen noch nicht festgestellt. Man sollte es aber den Jugendlichen unbedingt vermitteln, dass es toll ist, wenn man die Ergebnisse seiner eigenen Arbeit sehen kann, dass es schön ist, etwas mit den Händen zu erschaffen.

 

Ich stelle mal eine These in den Raum: Am meisten lernen die heutigen jungen Leute von Youtube. Stimmt das?

Ja. Unsere Studien haben ergeben, dass 50 Prozent der Jugendlichen ausschliesslich mit Youtube für die Schule lernen. Auch die anderen gehen regelmässig rein und suchen sich einen Kanal aus, der sie so informiert, wie sie es wünschen. Youtube ist für die Generation Z in Sachen Lernen ein grosses Thema.

 

Was bedeutet das für die Bildungsstätten?

Bildungsstätten müssen digitale Medien miteinbeziehen. Sie müssen die Ausbildung digitaler gestalten und Jugendliche dort abholen, wo sie am liebsten lernen.

 

Welche Rollen kommt den Lehrerinnen und Lehrern zu? Wie sollen sie unterrichten?

Der Lehrer wird zum Lernbegleiter, er muss seine Didaktik um 180 Grad ändern. Man bezeichnet es als Inverted Classroom, umgekehrtes Klassenzimmer. Die Schülerinnen und Schüler erhalten Aufgaben, recherchieren die Lösungen dazu, dabei werden sie vom Lehrer gecoacht und ermuntert. Im Klassenzimmer berichten sie, wie die Lösung geht. Lehrer müssen bei dieser Art der Wissensvermittlung Entertainerqualitäten entwickeln, sie sind ein Coach, der mit jungen Menschen arbeitet. Sie sind nicht mehr der Wissensvermittler, der vorne steht und den Schülerinnen und Schülern in einem Frontalunterricht Informationen weitergibt.

 

Wie werden Bauunternehmen für die Generation Z als Arbeitgeber oder als Lehrbetrieb interessant?

Die Vertreterinnen und Vertreter der Generation Z lieben es, in einem kollegialen, familiären Umfeld zu arbeiten. Bauunternehmer sollen herausstreichen, dass junge Menschen bei ihnen genauso ein Umfeld vorfinden. Zudem sollen sie sich auf Youtube und Instagram präsentieren. Aber eine Online-Präsenz ist nicht alles. Es braucht weiterhin Tage der offenen Türe, an dem junge Menschen auf Lehrstellensuche Betriebe besichtigen können. Mitarbeiterwerbung muss nach wie vor auch offline stattfinden.

 

Welche beruflichen Ambitionen hat die Generation Z?

Wir haben in unseren Untersuchungen festgestellt, dass sie nicht eine Laufbahn planen, sondern mehr in Projekten denken. Sie suchen sich immer wieder Projekte, die sie begeistern, für die sie sich eine Zeit lang engagieren. Daneben besteht aber ein grosser Wunsch darin, zu leben, zu leben und nochmals zu leben. Deshalb erscheint es vielen nicht als erstrebenswert, allzu hoch die Karriereleiter hochzusteigen.

 

Zum Schluss eine ganz andere Frage, und zwar zur Bautagung, an der sie als Referentin auftreten: Warum soll man diese Veranstaltung besuchen?

Man erhält neue Erkenntnisse zur Talentförderung und zur Aus- und Weiterbildung. Gleichzeitig besteht die gute Gelegenheit, sich auszutauschen, Gleichgesinnte zu treffen. So wird man mit neuen Inputs nach Hause gehen können.

 

Weitere Informationen zur Schweizer Bautagung finden Sie hier.

 

Zur Autorin: Prof. Dr. Antje-Britta Mörstedt ist Vizepräsidentin für Fernstudium und Digitalisierung der PFH Private Hochschule Göttingen. Als Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Organisation und Blended Learning, hat sie in einer Studie 1139 Schüler der Generation Z (Geburtenjahrgänge 1995 bis 2010) befragt. Der Fokus der Studie liegt auf den gemeinsamen Einstellungen und Verhaltensweisen, die bei Angehörigen dieser Gruppe zu finden sind. 

Über den Autor

pic

Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

[email protected]

Artikel teilen