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Zehn Thesen zur Schweiz der Zukunft

Wie wird die Schweiz in 20 Jahren aussehen? Dieser Frage ging der Schweizerische Baumeisterverband SBV nach, um Lösungen für eine positive Entwicklung auszuarbeiten.

 

These Nummer 1: Bevölkerungswachstum

Das Bevölkerungswachstum ist der wichtigste Umsatztreiber im Bauhauptgewerbe. Falls sich die politischen und demographischen Rahmenbedingungen nicht grundlegend ändern, ist es möglich, dass die Schweiz bis 2040 auf 10 Millionen Einwohner anwächst. Diskussionen um eine Einschränkung der Personenfreizügigkeit und die Alterung der wichtigsten Ursprungsländer behaften diese Prognose jedoch mit einer gewissen Unsicherheit. Eine Einschränkung der Zuwanderung würde das Umsatzwachstum drosseln. Die Auswirkungen auf den Fachkräftemangel in unserer Branche sind unklar, weil einerseits der Bedarf an Fachkräften sänke, andererseits aber auch das Angebot an Arbeitskräften reduziert würde.

 

These Nummer 2: Der Wohnungsbau stagniert

Der SBV beobachtet mit Sorge, dass in der Schweiz schon heute zu wenig Wohnungen gebaut werden. Eine Verknappung des Angebotes führt zu einer Verteuerung. Bleibt den Familien aufgrund von hohen Mieten weniger im Portemonnaie, schwächt das die Wirtschaft, weil der Konsum eingeschränkt wird. Die Erwerbstätigen ziehen in günstigere Gegenden, so dass die Distanz zwischen Wohnort und Arbeitsplatz zunehmen könnte. Deshalb setzt sich der SBV dafür ein, dass die Wohnbautätigkeit endlich wieder an Fahrt aufnimmt, etwa indem die Möglichkeiten für Einsprachen aus Eigeninteresse reduziert und die Bewilligung von Baugesuchen beschleunigt wird.

 

These Nummer 3: Es wird mehr Infrastrukturen brauchen

Der Anstieg der Bevölkerung in der Schweiz war in den Jahren zwischen 1950 und 1970 am höchsten. Damit einher ging ein einmaliger Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Der Bau der Nationalstrassen führte zu einem Aufschwung, weil Industrie und Gewerbe von den guten Verbindungen zwischen den einzelnen Wirtschaftsräumen wie Bern oder Zürich profitierten. Der SBV fordert, dass die Schiene und die Strasse nicht gegeneinander ausgespielt werden sollen. Vielmehr sind beide zu unterhalten und wo nötig auszubauen.

 

These Nummer 4: Modernisieren heisst verdichten

Die Schweiz verfügt nur über geringe Landreserven. Mit Verdichtungsmassnahmen kann zusätzlicher Wohnraum ohne einen Landverbrauch geschaffen werden.

 

These Nummer 5: Dem Netto Null CO2 Ziel einen grossen Schritt näher

Der SBV nimmt die Sorgen um das Klima sehr ernst. Mit einer zukunftsgerichteten Bauwirtschaft und modernster Technologie kann die Baubranche alte Gebäude und in die Jahre gekommene Quartiere in moderne und energieeffiziente Lebensräume umwandeln. Der Schweizer Gebäudepark ist überaltert und für rund 45 Prozent des Energieverbrauchs sowie für einen Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich. Ersatzneubauten leisten einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen der Klimaziele in der Schweiz von Netto Null bis 2050. 2022 hat der Gebäudesektor weniger als 10 Millionen Tonnen CO2 produziert, das sind 44 Prozent weniger als 1990.

 

These Nummer 6: Versorgungssicherheit

Heutzutage ist die Versorgung mit Baumaterialien gesichert. Der SBV engagiert sich dafür, dass die Versorgung in 20 Jahren auch weiterhin für die Baumaterialien und den entsprechenden Rohstoffen gesichert ist. Man muss in solch langen Zeiträumen denken, denn bis zur Bewilligung eines Abbau- und Produktionsstandorts vergehen 10 bis 15 Jahre – Gerichtsverfahren und Volksabstimmungen nicht eingerechnet. Je höher der inländische Produktionsanteil, desto unabhängiger ist die Schweiz. Die Produktion mancher Baumaterialien erfordert viel Energie, weshalb etwa ausreichend Stromkapazitäten wichtig ist. Bestimmte Energieträger wie etwa Erdgas sind aber nicht in der Schweiz verfügbar, so dass hier möglichst diverse internationale Bezugsquellen organisiert werden müssen.

 

These Nummer 7: Schweiz muss zusammenhalten

Gemeinsam sind wir am stärksten: Der Bau bildet eine Klammer, die die Schweiz zusammenhält. Periphere Regionen brauchen Perspektiven und attraktive Lebensbedingungen. Nur so können wir den Zusammenhalt zwischen Stadt und Land fördern. Die Bauwirtschaft kann einen wertvollen Beitrag dazu leisten. Denn sie stellt in Bergregionen und ländlichen Gebieten zahlreiche Arbeitsplätze zur Verfügung. Wir dürfen diese Landesteile nicht mit immer kreativeren Initiativen im Stile der Zweitwohnungsinitiative ausbremsen und zu Heimatmuseen verkommen lassen. Abgelegene, ländliche Gebiete sind entscheidend bei der Bewältigung grosser nationaler Herausforderungen, wie etwa der Energieversorgung des Landes. Wir alle sind gefordert, sie als wichtigen Teil der Schweiz zu unterstützen – mit einer verlässlichen Mobilitätserschliessung und einer zukunftsfähig ausgebauten digitalen Grundinfrastruktur.

 

These Nummer 8: Ressourcen sind kostbar

Der SBV setzt sich für einen umsichtigen Umgang mit den Ressourcen, die endlich sind, ein und plädiert deshalb für eine Kreislaufwirtschaft. Dabei muss die öffentliche Hand eine Vorbildrolle einnehmen und Ausschreibungen entsprechend formulieren.

 

These Nummer 9: Die Schweiz braucht gute Arbeitgebende und Arbeitnehmende

Die Schweiz bleibt als Wirtschaftsstandort attraktiv, wenn die Beschäftigten gute Arbeitsbedingungen vorfinden.

Der aktuelle LMV garantiert bis Ende 2025 geregelte Verhältnisse für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Und bietet – verbunden mit wirkungsvollen Kontrollen – auch Garantie für einen fairen Markt mit gleich langen Spiessen im Bauhauptgewerbe. Allerdings: Der Vertrag bleibt in der Vergangenheit haften, während sich die Gesellschaft, die Arbeitswelt und damit die Interessen und Bedürfnisse ändern – gerade auf dem Bau. Was der SBV in den nächsten LMV-Verhandlungen anstrebt: Moderne Arbeitszeitformen, welche sowohl den Interessen der Arbeitnehmenden wie der Firmen Rechnung tragen. So etwa durch die Neugestaltung der Arbeitszeit oder die Neuregelung von Überstunden. Weitere Themen sollen die Verbesserung der Situation älterer Arbeitnehmer sowie – insbesondere bei Schlechtwetter – der Gesundheitsschutz sein. Hinzu kommen Ideen wie ein Langzeitferien- bzw. Langzeitüberstundenkonto, die Verbesserung der Attraktivität der Bauausbildungen und Massnahmen zur Berufsförderung.

 

These Nummer 10: Schweiz ist keine Insel

Unser Land wird weiterhin eine gute Anbindung ans Ausland brauchen. Die Schweiz hat gezeigt, dass sie ihren Verpflichtungen bei der Realisierung wichtiger europäischen Verkehrsachsen wie der Eisenbahnverbindung Rotterdam-Genua zuverlässig nachkommt. Dies wird auch in Zukunft so sein. Gut ausgebaute Flughäfen sind für die Schweizer Wirtschaft ebenfalls von Bedeutung. Zentral ist ebenfalls ein freier Waren- und Personenverkehr, für den sich der SBV stets stark gemacht hat. Ausländische Arbeitskräfte gründen überdurchschnittlich häufig Firmen – auch in der Baubranche – und sind besonders oft Erfindungen beteiligt, damit erhöhen sie die Innovationskraft und Produktivität. Ausländische Arbeitskräfte spielen in der Baubranche historisch eine wichtige Rolle und werden dies auch in den kommenden Jahrzehnten tun.

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin

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