«Der Beton wird grün»

Die Baubranche kann in Sachen Klimaschutz viel bewirken. Dieses Potential wollen verschiedene Akteure ausschöpfen – etwa beim Beton. Wird diesem Baustoff Pflanzenkohle beigemischt, wird er dank der Einlagerung von CO2 klimafreundlicher. Bereits wurde das erste Gebäude mit einem solchen Beton erstellt. 

 

Bei der Nutzung ist Beton die Schweizer Nummer 1 unter den Baustoffen. Neu könnte er auch in Sachen Nachhaltigkeit an die Spitze gelangen - indem er CO2-Emissionen minimiert. Das tönt sehr erstaunlich, ist aber bereits Realität. Dazu gibt es verschiedene Verfahren. Beim neuen Beton KLARK schreibt der Hersteller, der Beton sei CO2-neutrale Beton. Dabei kompensiert KLARK seine Vorteile nicht mit Nachteilen, sprich bei der Verarbeitung und der Materialverlässlichkeit wurden keine Abstriche gemacht, er kann also problemlos im Hochbau verwendet werden. Hergestellt wird KLARK von Logbau aus der Bündner Zindel United-Gruppe.  

 

Beigemischte Pflanzenkohle 

 

Wie wird Beton klimafreundlicher? Bei KLARK macht Pflanzenkohle das Material zu einer CO2-Senke. Zu Pflanzenkohle verarbeitet wird dabei unbehandeltes Restholz. Holz lagert bekanntlich auf eine natürliche Art und Weise eine beträchtliche Menge an CO2 ein. Wird Holz allerdings verbrannt, dann kehrt sich der Effekt ins Gegenteil um, weil das CO2 wieder freigesetzt wird. Durch das speziell entwickelte Pyrolyseverfahren wird CO2 dauerhaft in der Pflanzenkohle gebunden. So vermag KLARK mehr als 200 Kilogramm CO2 pro Kubikmeter Beton permanent einzulagern. In Zahlen: Ein Neubau eines Einfamilienhauses mit 120 Kubikmetern von diesem Beton spart somit in etwa gleich viel Kohlendioxid ein wie ein durchschnittliches Auto in der Schweiz während 10 Jahren ausstösst. «Wir kamen auf unser Verfahren, weil bei uns immer die sinnvolle Verwertung aller Materialien im Vordergrund steht», erzählt Christian Wengi von Logbau, «deshalb begann unsere Schwesterfirma INEGA AG bereits vor Jahren mit der Biomassen-Bewirtschaftung und Pflanzenkohle. Die Idee war, wie wir zum Beispiel Restholz sinnvoller verwerten können, also wie wir ein Upcycling vornehmen können, statt es bloss zu verbrennen. Das Verbrennen und Vermodern macht den Effekt des Holzes als CO2-Speicher schliesslich wieder zunichte.» Wengi fügt hinzu: «Dabei haben wir sehr viel in wissenschaftliche Studien und Forschung investiert, um die Materie besser zu verstehen, innovative Lösungen zu finden und saubere Dokumentationen zu haben.» Die Expertinnen und Experten der OST – Ostschweizer Fachhochschule begleiteten diese Produktentwicklung in der Baustoffprüfung mit regelmässigen Tests, um die ideale Rezeptur für den Beton zu ermitteln. Der neue klimafreundliche Beton ist bereits praxiserprobt: In Maienfeld wurden die ersten Wände mit ihm betoniert. 

 

Altes Verfahren neu entdeckt 

 

Pflanzenkohle wurde bereits zur Eisenzeit in sogenannten Kohlenmeilern hergestellt. Sie findet eine vielfältige Anwendung. Das Material wurde in den letzten Jahren neu entdeckt. «Seit dem Jahr 2000 wurden 19 000 Studien zu Biochar, wie Pflanzenkohle auf Englisch genannt wird, veröffentlicht», sagt Roland Christen, der mit seinem Unternehmen Infratrace Bauunternehmen hilft, nachhaltiger zu werden und der auch Bauführer in dieser Materie weiterbildet. Er betont: «In der Schweiz gibt es genügend Holzabfälle, um Kohlenstoff für Baustoffe herzustellen.» Christen betreibt selbst Forschungen zu Pflanzenkohle, die er Interessierten zur Verfügung stellt. «Ich habe mich für open source entschieden, weil ich die Erkenntnisse nicht unter dem Deckel behalten wollte.» 

 

Gleich auch noch Energielieferant 

 

Hergestellt wird Pflanzenkohle im Pyrolyse-Verfahren, einem thermisch-chemischen Umwandlungsprozess. Dabei entsteht weiter Wärme und Gas. Christen denkt, dass künftig Heizkraftwerke, die auch Gas verkaufen, Pflanzenkohle herstellen werden. Möglich sei auch die Verwendung von Klärschlamm aus Kläranlagen, allerdings müsse dieser erst getrocknet werden. «Beton wird grün», ist er überzeugt. Dabei könne der neue Beton problemlos recycliert werden und es könne, werde Pflanzenkohle zugesetzt, Sand eingespart werden.  Das jedoch nur im übertragenen Sinn, jedenfalls, was KLARK betrifft. Die Beimischung von Pflanzenkohle macht ihn ganz leicht dunkler – womit der neue Beton interessante Designakzente zu setzen vermag. 

 

Hier ein Video zu einem Beton ohne Zement. 

 

 

Über den Autor

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Susanna Vanek

Redaktorin / Spezialistin Kommunikation

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