«Als Politiker muss man mit den Gegnern reden und Lösungen suchen»

FDP-Ständerat Olivier Français bezeichnet sich selber als bodenständiger Baumensch. Der Politiker, der trotz seines baldigen Abschieds vom Bundeshaus viele zentrale Themen für den SBV vorantreibt, empfängt uns zu einem Gespräch in seinem Dorf, Les Diablerets.

 

Sie sind Politiker, vor allem aber sind Sie Bauingenieur mit Spezialgebiet Geotechnik – was unterscheidet die beiden Rollen voneinander, wenn es um Baumanagement geht?

Als Politiker gehört man zur Regierung und steht an oberster Stelle. Wenn man sich zusätzlich in der Branche auskennt, ist das einfacher. Das Branchenwissen hilft einem, sowohl Auftragnehmern auch Beamten entgegenzutreten, wenn diese aufgrund ihres Werdegangs mitunter nicht nur theorielastige, sondern auch teure Lösungen vorschlagen. Denn es braucht immer auch ein Innehalten. Man muss sich gewisse Fragen stellen, auf die Gefahr hin, dass die ursprünglichen Annahmen nicht mehr stimmen.

 

In Ihren sechzehn Parlamentsjahren haben Sie sich stark für den Infrastrukturbau und -Erhalt eingesetzt. Wie vermeiden Sie Widerstand und Blockaden bei solchen Projekten?

Als Politiker müssen Sie den Boden bereiten, also, mit den Gegnern ins Gespräch kommen und eine gemeinsame Lösung finden. Entscheidend ist hier allerdings auch die Einstellung der Leute, denn vielleicht einigen Sie sich mit der anderen Partei, aber dann kommt ein Veto von einer Umweltorganisation und plötzlich geht nichts mehr – obwohl die Hauptgesprächspartner von den Grünen sind und Ihre Pläne abgesegnet haben.

 

Gibt es im Parlament genug Baufachleute?

Mehr Techniker in der Politik wären wünschenswert. Wenn sie denn in die Politik gehen wollen, ist es meist zu spät, denn oft leiten sie Unternehmen und tragen viel Verantwortung. Auch den Schritt in die Öffentlichkeit muss man wagen. Gründe genug, sich zu engagieren, gibt es jedenfalls. Heute beschäftigt sich ein leitender Ingenieur zum Beispiel fast nur noch mit Administrativem. Jedem, der den Kampf aufnimmt und das System verändern will, wünsche ich gutes Gelingen. Darauf muss man Lust haben. Und auch ein bisschen Glück, vor allem bei den Wahlen.

 

Welchen Ruf geniesst der SBV im Bundeshaus?

Das ist in der Westschweiz und der Deutschschweiz unterschiedlich, weil die Zielsetzungen in einigen Punkten auseinandergehen. Zum Beispiel beim LMV: Ich kann nachvollziehen, dass man exzessiven Forderungen ein wenig schroff begegnen muss, aber das befeuert eine unsachliche Diskussion. Das Resultat: ein offener Konflikt mit den Gewerkschaften mit, je nach Druck des SBV, einem Gewinner und einem Verlierer. Doch am Schluss findet man dann doch eine Lösung ohne Verlierer. In der Westschweiz kommt man zudem früher und pragmatischer zu Lösungen und dank der Verhandlungskultur sind soziale Fortschritte schneller möglich.

 

Was kann der SBV verbessern, um sich bei den Bundespolitikern mehr Gehör zu verschaffen?

Der SBV spielt durch die Förderung wirklich wettbewerbsorientierter Ausschreibungen eine Rolle für die Art und Weise, wie wir bauen, denn die Bauherren stehen Alternativlösungen nicht genug offen gegenüber. Zudem muss er gegen die Vergabe extrem grosser Aufträge vorgehen. Bei einer Baustelle etwa hat ein Bauherr ein 400-Millionen-Los an ein einziges Unternehmen, einen Grosskonzern, vergeben. Dieses Unternehmen hat aber gar nicht die Ressourcen dafür, selbst, wenn es das Los wollte. Hier muss der SBV einen runden Tisch mit den öffentlichen Bauherren einberufen und die Notwendigkeit einer kritischen Losgrösse erklären – unter anderem auch, um die lokale Wirtschaft zu begünstigen.

 

Am 22. Oktober stellen Sie sich nicht erneut zur Wahl. Werden Sie die Politik vermissen?

Am meisten Spass hatte ich als Bohrunternehmer. Privat suche ich gerne mit anderen gemeinsam nach Lösungen. Ich bin mehr ein Mann der Praxis und es erstaunt mich jedes Mal, wenn ich mich mit meiner Krawatte in Bern wiederfinde – ich bin in den Bergen zu Hause. Die Leute kommen wegen meines Wissens über die Vergangenheit zu mir. Ich habe zu viel Arbeit, Projekte, Lenkungsausschüsse und Gutachten. Aber das gefällt mir.

Über den Autor

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Pascal Gysel

Mediensprecher / Redaktor

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