An der Zebi sprang der Funke

Geeignete Lernende zu finden, wird immer schwieriger. Doch manchmal fliegen sie einem förmlich zu. Diese schöne Erfahrung machte die Anliker AG vergangenes Jahr an der Zebi.

Einen 240 m2 grossen Messestand zu betreiben, ist selbst für einen Verband wie die ZBV eine Herkules-Aufgabe. Dennoch finden sich jedes Jahr Mitgliedsfirmen, die bereit sind, Manpower zur Verfügung zu stellen. Zu diesen gehört auch regelmässig die Anliker AG. An der Zebi 2022 sollte sie für ihren Aufwand belohnt werden. Doch der Reihe nach: Vor fünf Jahren verliess der damals 15-jährige Omar Al Badawi mit Mutter und fünf Geschwistern sein Heimatland Syrien. In der Hoffnung auf ein sorgenfreies Leben in der Schweiz. Nach einem intensiven Deutschkurs war es ihm möglich, in Küssnacht die 3. Real zu absolvieren. Dann fand er Aufnahme im Schwyzer Programm «Kompass Integrationssemester». Dieses hat zum Ziel, schulische Lücken zu schliessen. Gleichzeitig bekommen die Teilnehmer erste Berufseinblicke sowie Unterstützung bei der Berufsfindung und bei der Lehrstellensuche.

 

Schnuppern, Praktikum, Lehre

Im Rahmen dieses Semesters besuchte die Kompass-Klasse auch die Zebi. Am Stand der ZBV ergriff Omar sogleich die Kelle, platzierte den Mörtel und setzte seinen ersten Stein. Als ob er noch nie etwas anderes getan hätte. Edwin Kramis, Berufsbildner bei der Anliker AG, die gerade den ZBV-Stand bediente, schaute ihm zufälligerweise zu und war beeindruckt. «Ich habe selten einen handwerklich so geschickten Schüler gesehen», erinnert er sich. Er gab Omar seine E-Mail-Adresse, mit dem Ziel, dass sich dieser in den nächsten Tagen digital für eine Schnupperlehre bewirbt. Omar wollte jedoch keine Zeit verlieren, fuhr kurzerhand mit dem Zug nach Hause. Zwei Stunden später war er zurück an der Zebi und drückte Kramis die Bewerbungsunterlagen in die Hand. Dieser war ein zweites Mal beeindruckt und bot Omar umgehend eine einwöchige Schnupperlehre und später noch ein dreimonatiges Praktikum an. Hier bestätigten sich die ersten positiven Eindrücke. Mehr noch: «Omar arbeitete zuverlässig, legte eine enorme Motivation an den Tag und war immer pünktlich», schwärmt Kramis. Ganz offensichtlich, dass es da jemand ernst meinte und seine Chance nutzen wollte.

 

Erfreuliche Schulleistungen

Diesen Sommer folgte nun der nächste Schritt: Omar startete bei Anliker die Ausbildung zum Baupraktiker EBA. Auch wenn er seinen einstigen Traum, Polizist zu werden, aufgrund des fehlenden Schweizer Passes begraben musste, auf der Baustelle ist Omar glücklich. Er mag die Vielseitigkeit, die der Job mit sich bringt. Und natürlich die frische Luft. Die winterlichen Temperaturen, die mittlerweile Einzug gehalten haben, stören ihn kaum. «Wir haben ja super Kleider, und wenn man sich bewegt, hat man sowieso nie kalt.» In der Schule läufts ebenfalls rund. «Es ist gar nicht so schwierig, wie ich befürchtet habe», sagt der 20-Jährige mit einem Strahlen. Übernächsten Sommer wird Omar die EBA-Ausbildung abschliessen und dann wohl gleich das nächste Etappenziel, die verkürzte Ausbildung zum Maurer EFZ, in Angriff nehmen. Schliesslich möchte er mal Polier werden, selber Leute führen und Verantwortung übernehmen. Und wenn bis dahin doch mal Schwierigkeiten auftauchen sollten? Dann kann er jederzeit auf die Unterstützung seines Lehrbetriebs sowie des Kompass-Coachs zählen. «Diese Begleitung schätzen wir sehr, auch wenn wir sie bei Omar wohl nicht benötigen», vermutet Edwin Kramis. «Sie gibt dem Lehrbetrieb eine zusätzliche Sicherheit.» Kurz: Ein Zebi-Besuch als Auslöser für eine herzerwärmende Weihnachtsgeschichte.

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Bauberufe Zentralschweiz

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