Baustelle mit viel Sonne

Solaranlage auf 2500 Meter über Meer

In den letzten zwei Sommern entstand auf der Muttsee-Staumauer auf 2500 Metern über Meer eine alpine Solar-Grossanlage. In schwindelerregender Höhe angeseilt, arbeiteten die Bohrmeister und Höhenarbeiter der CRESTAGEO AG an einem zukunftsträchtigen Bauprojekt, das seinesgleichen sucht.

 

Manche Bauprojekte lassen Zukunftsluft schnuppern – die eben fertiggestellte «AlpinSolar»-Grossanlage auf der Muttsee-Staumauer im Glarnerland ist so eines. Die Anlage, ein Grossprojekt der Schweizer Energie-Unternehmen Axpo und IWB und dem Discounter Denner, ist die grösste ihrer Art in der Schweiz. Seit Ende August 2022 ist die Anlage vollständig in Betrieb: AlpinSolar produziert pro Jahr 3,3 Millionen Kilowattstunden Strom – Denner wird die nächsten 20 Jahre den alpinen Solarstrom beziehen können.

Jeannot Raschle blickt stolz auf das futuristische Bauwerk. Er ist Bauführer bei der CRESTAGEO AG in Chur und war mit seinem Team aus Bohrmeistern und Höhenarbeitern für den Bau der gesamten Unterkonstruktion der Solaranlage zuständig. Nun sind alle Arbeiten abgeschlossen und sämtliche Baugeräte und Wohncontainer wieder im Tal. «Wir sind oft dort im Einsatz, wo andere nicht hinkommen», sagt er über die Arbeit seines Teams.

 

Knallharter Schönwetter-Job

Denn richtig, es führt keine Strasse nach hier oben. Es gibt zwei Optionen, um an den Stausee zu gelangen: Mit dem Helikopter oder zu Fuss. Die alpine Lage der Baustelle brachte in den zwei Bauphasen mehrere Tücken mit sich. Auf 2500 Metern ist manchmal auch im Hochsommer noch Winter. «Wir mussten letztes Jahr erst den Schnee räumen, bevor wir starten konnten», sagt Jeannot Raschle. Durch wetterbedingte Unterbrüche verzögerte sich die Arbeit im Sommer 2021 bis spät in den Herbst. «Wir durften nur arbeiten, wenn das Wetter gut war, wenn der Helikopter fliegen konnte», sagt der Bauführer. Im Notfall musste eine Helikopterrettung möglich sein. Erschwerend kam hinzu, dass die Staumauer einen ganzen Kilometer lang ist. Das heisst: viel Platz für die Solaranlagen, aber auch sehr viel Material zu transportieren. «Die Logistik war eine echte Herausforderung», sagt Raschle. Hatte der Helikopter das Material oben abgeliefert, nutzte das CRESTAGEO-Team ein mobiles Hebegerät, um insgesamt 4870 Solarmodule zu verbauen.

 

 

Mehr Sonne als im Unterland

Ganz schön viele Strapazen für ein solches Bauprojekt – doch es gibt gute Gründe, weswegen die Anlage in solch abgelegener Höhe gebaut wurde. «Im Winter ist sie über dem Nebelmeer und durch den Schnee hat man eine zusätzliche Reflexion der Sonne», erklärt Jeannot Raschle. Dadurch produziert die Anlage auch im Winter viel Strom. «Das wäre im Aargau anders», sagt er mit einem Augenzwinkern.

 

Kein Job für jedermann

Die CRESTAGEO AG war nicht das einzige Bauunternehmen, das beim Stausee im Einsatz war. Für die Planung arbeiteten sie mit X STATIK AG zusammen, gemeinsam mit der Planeco GmbH haben sie die Montage an der Staumauer vorgenommen. Zu Spitzenzeiten waren gleichzeitig 30 Leute im Einsatz. «Man muss miteinander umgehen können», weiss Jeannot Raschle. Die Bauarbeiter arbeiteten immer zu zweit. «Sicherheit und Teamarbeit sind das A und O», sagt er. Nach Feierabend blieben die Bauarbeiter oben, erst aufs Wochenende ging es wieder runter vom Berg. Jeder im Team hatte einen Schlafcontainer mit Bett, Tisch und Schrank. Zudem gab es einen Gemeinschaftscontainer wie auch die nahgelegene SAC-Hütte, wo sich die Bauarbeiter in Pausen und nach Feierabend aufhalten konnten.

Unter den sechs Arbeitskräften von CRESTAGEO waren keine Lernenden. «Wir müssen oft am Seil arbeiten und dies ist erst ab 18 Jahren erlaubt», erklärt der Bauführer. «Diese Arbeit ist ein Abenteuer», sagt er und ist sich auch bewusst: Das ist kein Job für jedermann. «Wir brauchen Leute, die am Seil arbeiten können, die keine Höhenangst haben, die fit sind.» Und solche Spezialisten zu finden ist nicht einfach.

Bildet die ZINDEL GRUPPE derzeit Maurer und Tiefbauer aus, prüft sie die Option, bald auch Grundbauer auszubilden. «Wir benötigen diese oft zur Ausführung von Baugrubensicherungen, Sondierbohrungen und Ankerarbeiten», begründet Jeannot Raschle.

 

Der Weg nach oben

Für den naturverbundenen Jeannot Raschle ist die Arbeit nah an einem Traum. «Man ist im Ausland, man ist in der Schweiz, an speziellen Orten, man sieht sehr vieles», sagt er begeistert. Zudem sei jedes Projekt ein Prototyp – nur durch den gegenseitigen Austausch von Erfahrungen sei ein Erfolg möglich. «Es ist ein Miteinander», sagt er abschliessend.

Jeannot Raschles Weg zur CRESTAGEO AG begann mit Ausbildungen zum Hochbauzeichner und Maurer, bevor er die Bauführerschule absolvierte. Aus eigener Erfahrung weiss er: In der Baubranche stehen sehr viele Türen offen. Die Wege können, wie es bei ihm der Fall war, bis ganz nach oben führen.

 

Die Bilder wurden von der Axpo und CRESTAGEO AG zur Verfügung gestellt.

Über den Autor

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Petra Stocker

Kampagnenleiterin Berufsmarketing

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